Fair und korrekt

Regelmäßig fordern Transporteure den Ausstieg aus dem Palettentausch. Denn im offenen Tauschpool organisieren Verlader, Transportunternehmen und Händler nicht nur die Anlieferung und Rückführung der über 600 Millionen Europaletten weltweit selbst, sondern auch die Qualitätskontrolle. Auch weil für einen ausführlichen Check an der Rampe oft die Zeit fehlt und mitunter ganze Züge mit unsortierten Paletten getauscht werden, erhalten Spediteure immer wieder beschädigte oder gar gefälschte Paletten, die sie nicht wieder in das System einspeisen dürfen. Auf den Kosten für Reparatur oder Austausch bleiben sie dann sitzen, auch wenn sie höherwertige Paletten getauscht haben. Max Peter, Leiter Geschäftsbereich Handel & Supply Chain Management beim Milchverarbeiter Emmi Schweiz, mahnt bereits seit Jahren: "Die Kosten im Tauschpool müssen rollen- und verursachergerecht von allen Teilnehmern getragen werden. Missbrauch und Trittbrettfahren führen zum Tod des Palettentauschs." Fälschungen am Gewicht erkennbar "Das Hauptproblem im offenen Palettenpool: Es gibt viele schwarze Schafe", gibt Pascal Holliger, CFO der Schweizer Holliger Gruppe, zu. Sein Vater Robert Holliger ist seit 2010 der Präsident und einer der Gründer der 1991 ins Leben gerufenen European Pallet Association (EPAL). Der Dachverband der lizenzierten Hersteller und Reparateure von Europaletten ist für die internationale Normierung, die gleich bleibende Qualität und die rechtliche Verfolgung von gefälschten Europaletten verantwortlich. "Fälschungen erkennt man am einfachsten am Gewicht: Es wird ja minderwertigeres Holz verwendet mit dünneren und schmaleren Brettern", erklärt Pascal Holliger. "Im Schnitt wiegt eine Europalette je nach Trocknungsgrad zwischen 22 und 23 Kilogramm", ergänzt er. Auch an der Prüfklammer und am Brandzeichen lassen sich dem Experten zufolge Fälschungen erkennen. Bei den echten EPAL-Paletten sind dank einer hohen Neuproduktion die beiden Top-Qualitätsstufen A und B in großen Mengen verfügbar, teilt die EPAL mit. Doch die Ladungsträger sind bis zu fünf Jahre im Einsatz und daher teils auch in anderen Qualitätsstufen unterwegs. Zertifizierte Reparaturbetriebe Kaputte Paletten müssen nach den EPAL-Statuten von demjenigen, der sie besitzt, repariert werden. Diese Dienstleistung bieten EPAL-zertifizierte Betriebe an. Im vergangenen Jahr reparierten sie 26,8 Millionen Ladungsträger. Allein die Hallen der Holliger Paletten Logistik in der Schweiz verlassen jährlich rund 600.000 reparierte Paletten. Kunden wie der Schweizer Lebensmittelhändler Migros haben die gesamte Palettensortierung an Holliger übergeben, denn für die Einlagerung im Hochregallager und die automatische Kommissionierung wird eine hohe Palettenqualität verlangt. "Manche Kunden setzen aus Prinzip nur Neupaletten ein, wir handeln aber auch mit gebrauchten Paletten", erklärt Pascal Holliger. Schnelle Sortierung an der Rampe Allein vor das Holliger-Servicecenter in Villmergen rollen täglich rund 50 Lkw, um Paletten zu bringen oder abzuholen. Nach der Reparatur erhalten die Ladungsträger einen Nagel mit Herstellernummer. So ist nachvollziehbar, wo sie repariert wurden. Doch erkennen das auch die Mitarbeiter an der Rampe? Für die schnelle Sortierung am Wareneingang hat die Standardisierungsorganisation GS1 Germany mit Industrie, Handel, Logistik und Palettendienstleistern ein Poster mit den Qualitätskriterien Neu, A, B und C erarbeitet, nachzulesen auch in einer tabellarischen Übersicht. Beides ist auf VR plus abrufbar (siehe Kasten rechts). In der Schweiz können sich Tauschpartner seit 2018 auch gratis als "Fair Palette Player" von GS1 und der ASTAG registrieren lassen, indem sie sich freiwillig verpflichten, die Spielregeln beim Palettentausch einzuhalten - und so zum Funktionieren des Systems beitragen. In Kürze Zur Qualitätssicherung im Europalettenpool hat die EPAL Rechte und Pflichten für alle Beteiligten definiert. Weil sich aber nicht jeder daran hält, wird regelmäßig der Ruf zum Ausstieg aus dem Palettentausch laut. Voraussetzung für das Funktionieren des Systems ist die Einhaltung der Tauschregeln an den Rampen. "Eine Europalette ist etwa fünf Jahre im Einsatz" Christian Kühnhold, CEO der EPAL, sprach im Interview über Qualitätsregeln und Fairness beim Palettentausch.Herr Kühnhold, was sind die Ursachen für Kritik an der Europaletten-Qualität?Es gibt Mindestanforderungen an die Palettenqualität sowie für Produktion und Reparatur. Aber wer gibt beim Tausch wem was zurück? Wie fair gehen die Beteiligten miteinander um? Was brauche ich an gebrauchten Paletten oder an höherer Qualität, wenn ich besondere Anforderungen habe? Das sind alles Fragen, die sich die am Tausch Beteiligten stellen müssen.Wer ist für Reparaturen verantwortlich?Zuständig ist immer der, der die kaputte Palette hat. Werden an Ladestellen komplette Züge getauscht, ist das aber meist eine unsortierte Qualität. Hier kann ich nicht für jede Palette die Hand ins Feuer legen. Das ist auch nicht immer nötig. Will ich jedoch sicher eine bestimmte Qualität haben, kriege ich die nur von EPAL-zertifizierten Produktionsoder Reparaturbetrieben.Was sind die häufigsten Schäden?In der Regel sind die Kufen, Eckklötze und Seitendeckbretter als Erstes betroffen. Verwende ich beschädigte Paletten auf Rollenbahnen oder Fördertechnik, bringt das ein Ausfallrisiko mit sich. Hochregallager haben daher meist eine eingebaute Qualitätskontrolle, den sogenannten i-Punkt am Eingang.Wie erkenne ich gefälschte Europaletten?Sind die Stempelung oder das Holz nicht in Ordnung, sind das Signale. Es gibt Märkte, in denen Fälschungen immer wieder ein Thema sind, gerade im weiteren östlichen Europa. An den Grenzen kontrollieren wir zusammen mit dem Zoll.Was ist noch zu beachten?Eine trockene Lagerung ist wichtig. Allgemein gilt es, die Regeln einzuhalten, sauber zu buchen und Qualität fair zu tauschen. Zudem sollte man den standardisierten Palettenschein benutzen, was lange Jahre diskutiert wurde. akw

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