Die Retouren im Griff

Die Retourenquoten in unserem Segment sind zwar nicht so hoch wie im Onlineversandhandel von Textilien und Schuhen", sagt Matthias Hohmann, Geschäftsführer der Night Star Express Logistik in Unna (siehe Kasten Seite 33). Aber natürlich kämpfe auch sein Nachtexpress-Verbund mit dem Thema. "Im Automotive-Bereich sind vier bis acht Prozent unserer Sendungen Retouren. Und bei der Belieferung von Servicetechnikern liegt der Retourenanteil sogar im zweistelligen Prozentbereich", nennt Hohmann konkrete Zahlen. Alles Kosten, die keiner gerne bezahlt - weder der Versender der Ware noch der Empfänger, geschweige denn, dass Night Star Express auf dem Aufwand sitzen bleiben will. Erschwerend kommt hinzu, dass die mit Retouren verbundene Kommunikation zwischen allen Beteiligten in der Lieferkette häufig nicht rund läuft. So gingen bei Night Star Express bislang Retourenwünsche per Fax, Telefon oder per E-Mail ein, erzählt Klaus Klimmek, IT-Manager der Mittelstandskooperation. "Das lief also bei allen anders und nicht einheitlich ab." Herzstück ist eine zentrale Datenbank Um dieses Thema für alle Seiten zu lösen, hat die Mittelstandskooperation zusammen mit dem IT-Spezialisten Active Logistics eine neue Online-Retourenlösung inklusive Track- & Trace programmiert, die an das DV-System der Mittelstandskooperation gekoppelt ist. Zwei Jahre lang hat das Ganze laut Hohmann gedauert - Investitionsvolumen "ein sechsstelliger Betrag". Und seit sechs Monaten ist das Tool im Einsatz. Herzstück der neuen Lösung ist eine zentrale Depotdatenbank, in der alle Empfänger registriert sind, die mit dem Unternehmen eine Depotvereinbarung getroffen haben. Ein wichtiger Bestandteil des neuen Konzeptes ist das besagte Retourentool. "Wir stellen unseren Kunden damit eine zentrale Plattform zur Verfügung, über die sie den Zeitpunkt der Retourenabholung selbst bestimmen können", führt Klimmek aus. Außerdem können registrierte Kunden nun über die Tracking-Plattform (https:// tracking.night-star-express.de) den gesamten Rücklaufprozess - von der Abholung bis zur Zustellung der retournierten Teile - durchgängig elektronisch verfolgen. "Das erspart für alle Beteiligten viele Diskussionen, weil jeder mit jedem Scan der Ware weiß, wo sich diese zum diesem Zeitpunkt befand", betont der IT-Experte. Prozesse werden deutlich einfacher Der Prozess dahinter: Der Endempfänger meldet bei seinem Versender die Rückholung der Waren an. Dieser erteilt als ursprünglicher Versender online über die Internetplattform https://retour.night-starexpress.de den Auftrag zur Abholung der Retoure. Der Empfänger erhält dann automatisch per E-Mail einen Link zum Druck des Retourenetiketts. Zeitgleich geht bei Night Star Express der Onlineauftrag ein, die gewünschten Teile zu retournieren. "Das ist für unsere Mitarbeiter ein Klick. Sie müssen in unserem Track & Trace nur einen Button drücken und der Retourenvorgang wird ausgelöst", freut sich Klimmek. Und der Empfänger müsse sich nur um drei Dinge kümmern: die Retourensendung bereitstellen und über einen Webbrowser sowie einen handelsüblichen Drucker verfügen. Reklamationstool ist in Planung "Das Ganze macht es für uns und für unsere Kunden also schon viel einfacher", sagt Klimmek. Notwendig gewesen sei lediglich eine Schulung der Betriebsleiter, Disponenten und Administratoren in den einzelnen Night-Star-Express-Betrieben. Zudem habe man die Zustellfahrer über die konkreten Prozessabläufe einer Retourensendung informieren müssen. "Aber auch für diese ist der Prozess nun klarer und damit einfacher geworden", sagt er. Die einzige Herausforderung seien zunächst große Kunden gewesen, räumt Klimmek ein, die in ihrem Unternehmen bereits über einen eigenen Retourenservice und ein eigenes Callcenter zur Reklamationsbearbeitung verfügen. "Wir haben das aber über eine gemeinsame IT-Schnittstelle zu unserer Plattform gelöst", sagt Klimmek. Selbst die Kinderkrankheiten bei der Einführung des neuen Tools hätten sich in Grenzen gehalten, erzählt er. Typischer Fehler sei zu Anfang nur gewesen, dass ein Fahrer vergessen habe, die Retourensendung zu scannen. Mit der Folge, dass die Informationskette unterbrochen war. Sprich, die Sendung sei sauber retourniert worden, aber keiner sei darüber im System informiert gewesen. Klimmek wörtlich: "Das sind menschliche Fehler. Ansonsten ist das System relativ wasserdicht." Damit gibt sich der IT-Experte jedoch nicht zufrieden. Er denkt schon an eine Weiterentwicklung des Tools nach. "Vorstellbar wäre es zum Beispiel, wenn wir dahinter eine Kunden-DFÜ legen könnten. Dann ließe sich die Retoure elektronisch via DFÜ versenden und das System des jeweiligen Unternehmens könnte dann eine entsprechende Rollkarte andrucken." Konkret aber arbeitet der Nachtexpress-Dienstleister derzeit daran, ein Reklamationstool in das Konzept aufzunehmen, verrät Matthias Hohmann, um die Prozesse im Reklamationsmanagement weiter zu vereinfachen. Noch reklamiere zum Beispiel ein Empfänger beim Warenversender etwaige Fehlmengen, führt der Geschäftsführer aus. In den nächsten Monaten sei aber vorstellbar, dass ein Empfänger diese Reklamation per Klick auf der Plattform vermelden kann und damit den gesamten Reklamationsprozess auslöse - mit entsprechenden Informationen wie Art der Reklamation an alle Beteiligten in der Lieferkette. "Die Sendung ist ja schon im System. Damit kann man arbeiten", sagt Hohmann. "Da lassen sich natürlich auch Fotodateien der beschädigten Sendung hochladen". Transporte gibt es nicht zum Nulltarif Klar, dass dieser Service nicht zum Nulltarif zu haben ist. "Wir berechnen unseren Kunden für Retouren einen gewissen Aufpreis", sagt Matthias Hohmann, ohne konkrete Zahlen zu nennen. Das sei heute, gerade in Zeiten des Mindestlohns, auch unabdingbar in der Transport- und Logistikbranche. Der Geschäftsführer wörtlich: "Die Versandkosten-Freiheit, die in den Köpfen vieler Menschen existiert, muss aufhören. Transporte gibt es nicht zum Nulltarif, auch wenn wir Dienstleister natürlich alle Möglichkeiten nutzen, um die Abwicklung möglichst kostengünstig für unsere Kunden zu gestalten", betont Hohmann. Dafür sei das neue Retouren-IT-Tool von Night Star Express der beste Beweis. Night Star Express Night Star Express: Drei Prozent Wachstum in 2014 Night Star Express ist ein Zusammenschluss von sieben mittelständischen Speditionen und ist seit der Gründung im Jahr 1993 deutschlandweit im Nachtexpress-Segment tätig. Für die Kooperation sind täglich über 700 Fahrzeuge im Nachtexpress im Einsatz. 2014 wickelte das Unternehmen 4,9 Millionen Sendungen (+3 Prozent) ab. Für 2015 gibt sich Night-Star-Geschäftsführer Matthias Hohmann zuversichtlich, auch wenn die Kooperation soeben einen größeren Auftraggeber verloren hat. Wachstumspotenzial sieht er nach wie vor im Ersatzteilgeschäft, insbesondere für die Automotivebranche. Night-Star-Express-Kunden sind unter anderem Toyota, BMW, Iveco, Winkler Nutzfahrzeuge und Zeppelin Baumaschinen. eh

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