Die Preisschraube anziehen

In der Ausschreibung sieht der Auftrag ganz einfach aus: Flaschen mit CO2 sollen zu Arztpraxen und Restaurants transportiert werden. Ein Spediteur, der in diesem Bereich noch nicht tätig war, gibt ein Angebot ab - und bekommt den Zuschlag, weil es unschlagbar günstig ist. Nach zwei Monaten ist der Dienstleister jedoch gezwungen, den Auftrag abzugeben. Was war passiert? Der Spediteur hat sich schlichtweg verkalkuliert und zu preiswert angeboten. In der Praxis zeigte sich nämlich, dass viele Restaurantbesitzer den Fahrer bitten, die CO2-Flaschen bis in den Schankraum zu bringen. Das kostet viel Zeit - und Fahrerlohn -, den der Neuling in seinem Preis nicht berücksichtigt hat. Solche Fehler lassen sich vermeiden. Und dabei können Dienstleister auf dem Transportmarkt, wo oft nur der Preis entscheidet, ihre Erträge sichern oder sogar noch steigern. Obacht bei Zusatzleistungen "Zunächst sollte man sich über das Geschäft im Klaren werden und die möglichen Knackpunkte erkennen", sagt Thomas Reichardt, Berater bei der SVG Bundes-Zentralgenossenschaft Straßenverkehr, Frankfurt am Main. Er hat den Fall mit den CO2-Flaschen selbst erlebt und rät bei Ausschreibungen generell zu Vorsicht. "Oft gibt es Bedingungen, die nicht explizit erwähnt werden." Dazu gehörten Zusatzleistungen, die der Fahrer erbringen muss, aber auch unübliche Mengen. Oft werden in der Ausschreibung nur Durchschnittswerte genannt. Reichardt rät, vor Abgabe eines Angebots mit dem Verlader zu telefonieren, nachzuhaken und auch kritische Fragen zu stellen. Die Preissetzung selbst ist im Transportgewerbe theoretisch einfach: Die Tagessätze der variablen und fixen Kosten sind bekannt, ebenso wie die Zuschläge für Verwaltung etc. Doch Berater Reichardt erlebt immer wieder, dass Spediteure Kosten übersehen, die sie bei der Preissetzung berücksichtigen müssten. Beispiel: Derzeit verlängern viele Kunden ihre Zahlungsziele, was bedingt, dass höhere Zinsen für den Kontokorrentkredit anfallen. "Dafür müsste der Risikopuffer im Preis erhöht werden", betont Reichardt. Wer mit den Preisen auf der sicheren Seite sein will, muss also zunächst seine Kostenrechnung beherrschen. Aber wie viel Spielraum gibt es überhaupt beim Preis? "Einkäufer versuchen immer, zu vermitteln, dass nur der Preis entscheidet, doch auch Transportleistungen sind nicht zu 100 Prozent austauschbar", betont Kornelia Reifenberg von der Unternehmensberatung Simon Kucher & Partners, Bonn. Sie zieht den Vergleich zu Mineralwasser: Vom Kranwasser bis zum von den Fidschi-Inseln importierten Premiumprodukt sei alles möglich, selbst bei vergleichbaren Produkten gebe es große Preisunterschiede. Übertragen auf die Speditionsbranche, bedeutet das: Auch ein Transport ist keine Handelsware, bei der nur der Preis zählt, sondern ein Gut, für das verschiedene Preise erzielbar sind. "Ihre Hauptaufgabe besteht darin, sich über den Nutzen und Wert zu definieren - nicht über den Preis", so Reifenberg. Doch wie soll das in einer Ausschreibung funktionieren, wenn der Verlader letztlich nur die Tabellenzeile mit den Anbieterpreisen durchgeht? "Versuchen Sie, Ihr Angebot so wenig vergleichbar wie möglich zu machen", rät Reifenberg, die auf das Thema Pricing, das heißt Preissetzung, spezialisiert ist. Ein bewährtes Vorgehen: eine einfache Basisleistung zu einem günstigen Preis anbieten, die man dann - je nach Kundenwunsch - ausbaut. Für bestimmte Abholzeiten, für Über-Nacht-Beförderung oder für den Einsatz von besonderem Equipment wird dann ein Zuschlag erhoben. "Diese Möglichkeiten werden in der Logistik noch nicht ausgeschöpft", so Reifenbergs Erfahrung. Bronze, Silber oder Gold Eine Variante, die sich Speditionen aus anderen Branchen abschauen könnten, ist die Bronze-Silber-Gold-Einteilung: Auf dem Bronze-Level bekommt der Kunde nur die Basisleistung, also eine festgelegte Zahl von Transporten, zu einem festgelegten Termin. Auf dem Silber-Niveau kann er zusätzliche Leistungen in Anspruch nehmen, wie etwa freie Wahl der Termine oder schnellste Beförderung. Nur, wenn er den Gold-Level wählt, kann er Transportzeit und -menge frei wählen. Ein Problem taucht auf, wenn der Verlader in seiner Ausschreibung eine Open-Book-Kalkulation verlangt, also Einblick in die Kostenstruktur der Dienstleister haben will. Sich gläsern zu machen, ist riskant, schließlich kann der Auftraggeber so erkennen, wo ein Spediteur Kostenvorteile hat und ob er sie nutzt, um seine Erträge zu erhöhen. Dennoch sei eine Open-Book-Ausschreibung kein Grund zur Panik, findet Pricing-Expertin Reifenberg. "So können Sie dem Kunden zeigen, dass zusätzliche Leistungen auch zusätzliche Kosten erzeugen. Sie können ihm zum Beispiel vorrechnen, dass er Geld spart, wenn er den Serviceumfang reduziert." Bei Zusatzgebühren kreativ sein Gerade in Ausschreibungen wichtig ist natürlich, dass der Preis "optisch günstig" aussieht, wie es Reifenberg ausdrückt. Ein niedriger, attraktiver Betrag lässt sich zum Beispiel erreichen, indem man mit Zusatzgebühren arbeitet. Vor allem Fluggesellschaften haben diese Strategie perfektioniert. "Hier können Sie ruhig kreativ sein", findet Reifenberg. Warum nicht eine Gebühr für den Fahrermangel einführen? Warum nicht einen Aufschlag für Saisonspitzen fordern wie etwa KEP-Dienste? Hier sei über den Diesel-Floater hinaus noch vieles denkbar, findet Reifenberg. Durch Kundensteuerung Kosten senken Doch all diese Maßnahmen sind quasi nur die Pflicht. Die Kür besteht darin, die Preissetzung zu nutzen, um den Kunden zu steuern und damit eigene Kosten zu senken. Ein Beispiel: Viele Verlader halten sich nicht an die vertraglich vereinbarten Transportmengen. Die Volumina schwanken stark und zwingen den Spediteur dazu, teuer Kapazitäten vorzuhalten. Das lässt sich zum Beispiel dadurch verhindern, dass man Preise an die Einhaltung des vereinbarten Mengengerüsts koppelt. Eine Klausel, die bei Über-/ Unterschreiten der geplanten Transportmenge zum Beispiel um zehn Prozent eine Zusatzgebühr vorsieht, erreicht das. Dazu könnte der Spediteur den Kunden - wiederum über den Preis - dazu anhalten, regelmäßig rollierende Prognosen zum Transportaufkommen abzugeben. "Wer den Kunden steuert, gewinnt Effizienz, die er auch weitergeben kann", resümiert Reifenberg. Eine Checkliste zum Thema Ausschreibungen unter www.verkehrsrundschau-plus.de/studies In Kürze Dass Spediteure sich bei Ausschreibungen verkalkulieren und zu preiswert anbieten, passiert immer wieder. Transporte sind aber keine Handelsware, bei denen nur der niedrigste Preis zählt. Experten raten daher dazu, nicht nur die eigenen Kosten genau unter die Lupe zu nehmen, sondern den Kunden durch differenzierte Preismodelle zu steuern. So finden und verteidigen Sie den optimalen Angebotspreis - Machen Sie sich mit dem Markt vertraut. Finden Sie heraus, welche Nebenleistungen in der Praxis zu erbringen sind und wie die Mengengerüste wirklich aussehen.- Bringen Sie Ihre Kostenrechnung auf den neuesten Stand. Achten Sie vor allem auf veränderte Rahmenbedingungen oder zusätzliche Kosten.- Erarbeiten Sie eine Rabattrichtlinie. Listen Sie darin genau auf, bei welchem Grund ein Nachlass in welcher Höhe gewährt wird.- Überprüfen Sie, ob sich Kunden an vertragliche Vereinbarungen halten. Oft werden Preise zum Beispiel aufgrund eines Mengengerüsts ausgemacht, das sich in der Praxis als unrealistisch entpuppt.- Führen Sie ein differenziertes Preismodell mit mehreren Klassen ein, in denen der Kunde jeweils eine festgelegte Leistung beziehungsweise einen bestimmten Servicegrad erhält.- Steuern Sie den Kunden über die Preissetzung. Sorgen Sie über Zuschläge/Rabatte beispielsweise dafür, dass er das Mengengerüst einhält beziehungsweise Abweichungen frühzeitig kommuniziert.- Setzen Sie den professionellen Einkäufern der Verlader gleichermaßen professionelle Vertriebler gegenüber. cg

DKV Mobility und MFG: Neue Partnerschaft für ultraschnelles Laden in Großbritannien

KEYOU bringt schweren Wasserstoff-Lkw auf den Markt

Transformation des Straßengüterverkehrs: Aiwangers Plan für eine grüne Logistikzukunft

Umstrittenes Personal für neue EU-Kommission

Neue Auto-Strafen in Italien wegen verschärfter Straßenverkehrsordnung

Alle Schlagzeilen

Die Preisschraube anziehen

HASHTAG

#Kontraktlogistik

ID Logistics bleibt auf Wachstumskurs

Fit für die Ausschreibung

Auf der Suche nach neuem Wachstum

MEISTGELESEN

Emons Spedition siedelt sich am c-Port an

Bund und Länder fördern Brennstoffzellen-Lkw von Daimler Truck

Fiege baut Logistikzentrum bei Leipzig

STELLENANGEBOTE

Area HR Business Partner

Schichtleiter (w/m/d) Logistik - Warenausgang

Koordinator (m/w/d) Intralogistik mit Teamleitungsfunktion

Head of Logistics (w/m/d) mit fundierter Erfahrung im internationalen Versand

Leiter (w/m/d) Logistik Teilbereich Warenausgang

WEITERLESEN

NEWSLETTER