Die Prämien steigen weiter

Bis zum 30. November kündigen und dann zu einer günstigeren Kfz-Versicherung wechseln. "Das funktioniert in den wenigsten Fällen", winkt Winfried Nibus ab. Das Versicherungshopping zum Jahresende lohnt sich nicht mehr. Die Prämien, besonders im Nutzfahrzeuggeschäft, steigen seit Jahren, die Assekuranzen sanieren hart und schließen keine Verträge mehr ab, bei denen sie draufzahlen. "Es gibt wenig Spielraum bei den Prämien", erklärt der Leiter Kfz-Versicherungen und Mitglied der Geschäftsleitung des Münchner Versicherungsmaklers Aktiv Assekuranz. Bei längeren Laufzeiten von 120.000 bis 150.000 Kilometern pro Fahrzeug und Jahr steige das Großschadenrisiko. "Die Versicherer bilden mehr Rückstellungen und kalkulieren einen Sicherheitspuffer bei den Prämien ein." Auch für das kommende Jahr rechnet er mit einem Anstieg um gut drei Prozent. "Ertrag geht vor Umsatz" "Ertrag geht vor Umsatz", bringt Kristin Russow, Leiterin Mobility Services und Mitglied der Geschäftsleitung beim Versicherungsmakler Oskar Schunck die Geschäftspolitik der Assekuranzen auf den Punkt. Die Kosten für die Regulierung von Unfällen steigen seit Jahren. Besonders die teuren Behandlungs- und Pflegekosten von Unfallopfern belasten die Schadenkostenquoten der Versicherer. Selbst Sicherheitsfeatures wie Fahrerassistenzsysteme bringen kaum Entlastung. "Die Schadendurchschnittskosten steigen", sagt Russow. Schuld daran sind auch die teuren Reparaturen. "Die Preise für Ersatzteile sind explodiert. Das ist auch eine Folge des Dieselskandals", analysiert die Expertin. Da in den letzten Jahren die Elementarschäden stark zugenommen haben, schlägt dies besonders zu Buche. "Von Sturm- und Hagelschäden sind ganze Fahrzeugflotten betroffen", berichtet Nibus der VerkehrsRundschau. Trotz harten Sanierungskurses schreiben einige Versicherer im Flottengeschäft daher noch immer rote Zahlen. Setzen sie Prämieneinnahmen und Kosten für Schäden und Versicherungsbetrieb ins Verhältnis zueinander, zahlen sie beim gewerblichen Güterverkehr drauf. Die Schadenkostenquoten im Flottengeschäft sind zwar leicht rückläufig, liegen aber im Durchschnitt noch bei gut 104 Prozent (siehe Grafik). In dieser Zahl sind jedoch auch Pkw-Flotten enthalten, auf deren Konto weniger Großschäden gehen. Jedem Prämieneuro stehen in der Flottenversicherung Ausgaben in Höhe von 1,04 Euro gegenüber. Die Preise für Haftpflicht- und Kaskoversicherung von Lkw, Zugmaschinen und Aufliegern kennen daher seit Jahren nur eine Richtung: nach oben. Je höher das Risiko, desto teurer Kritisch wird dies für Transportunternehmen, auf deren Konto häufig hohe Schäden gehen, denn die Assekuranzen kalkulieren die Prämien individuell - je nach Risiko. "Bei einem schlechten Schadenverlauf müssen Spediteure mit massiven Prämiensteigerungen rechnen", erklärt Russow. Zwar werde den Kunden meist nicht sofort gekündigt, doch das Verlängerungsangebot koste dann gleich 40 bis 50 Prozent mehr. "In solchen Fällen versuchen wir einen anderen Versicherer zu finden und zusammen mit dem Betrieb an den Schadensfrequenzen zu arbeiten", sagt die Maklerin. Schwer haben es auch Gefahrgutspeditionen und Transporteure, die auf dem Flughafenvorfeld unterwegs sind. "Solche Risikokunden müssen froh sein, überhaupt einen Versicherer zu finden", weiß Nibus von der Aktiv Assekuranz. Der Markt für Kfz-Versicherungen im Güterverkehr ist kleiner geworden. "Assekuranzen wie die Zürich haben ihr Geschäft zurückgefahren und versichern nur noch partiell einzelne Frachtführer", berichtet der Experte. "Auch die Berkley-Versicherung zieht sich zum 1. Januar 2020 aus dem Markt zurück", ergänzt Russow. Öffentliche Versicherer haben sich beinahe komplett verabschiedet. Neue Anbieter, die mit niedrigen Prämien um Kunden werben, gebe es nur wenige und meist blieben sie nicht lange, vor allem wenn sie rote Zahlen schreiben. Übrig bleiben die großen privaten Versicherer wie Kravag, Allianz, HDI, VHV, Ergo oder Axa, die bei Neuabschlüssen sehr genau auf die Zahlen schauen. Geld zurück bei gutem Schadenverlauf Speditionen mit niedrigen Schadenquoten von unter 50 Prozent, die über ein funktionierendes Risikomanagement verfügen, können durch einen Versicherungswechsel durchaus sparen. Meist lohnt es sich aber, zuerst mit dem bestehenden Versicherer über eine Anpassung zu verhandeln. "Zehn bis 15 Prozent weniger Prämie sind maximal möglich", weiß die Maklerin. Einen Prämienrabatt gibt es jedoch selten. Meist beteiligen die Assekuranzen den Kunden hingegen am Gewinn und erstatten bei gutem Schadenverlauf einen Teil der Prämie zurück. Im Umkehrschluss bedeutet dies aber, dass der Spediteur durchaus nachzahlt, wenn die Zahl der Unfälle über der vereinbarten Zielschadenquote liegt. Selbst wer in Sicherheit und Schadenverhütung investiert, bekommt keinen Rabatt im Voraus. "Telematik- oder Sicherheitsfeature-Tarife gibt es im Lkw-Bereich noch nicht", berichtet Nibus. Die Assekuranzen sind hier zurückhaltend, weil das Thema datenschutzrechtliche Probleme aufwirft. Allein in Sicherheitstechnik zu investieren, bringt jedoch wenig. Spediteure müssen auch die Fahrer schulen. Erst wenn die Schadenquoten sinken, haben Unternehmer bei Prämienverhandlungen gute Karten. Wer seine Risiken im Griff hat, kann auch eine höhere Selbstbeteiligung vereinbaren, um die Prämie zu drücken. Häufig sei dies der einzige Weg, Versicherungsbeiträge zu sparen oder zumindest stabil zu halten. Prävention lohnt sich Speditionen sollten daher ihr Risikomanagement verbessern und Fahrer, die häufig Unfälle verursachen, regelmäßig schulen. Der Aufwand lohnt sich, denn die Prämien für Vollkasko- und Haftpflichtversicherung für Nutzfahrzeuge klaffen extrem auseinander. Gute Kunden versichern eine Zugmaschine für rund 2000 Euro Jahresprämie inklusive Versicherungssteuer. Transporteure mit schlechtem Schadenverlauf zahlen bis zu 8000 Euro. Bei Transportern reicht die Range von rund 3000 bis 8000 Euro. Drastisch ist die Kostensteigerung bei Aufliegern. Haben Zugmaschine und Auflieger verschiedene Halter, müssen sich die Assekuranzen nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs den Schaden teilen. "Mietauflieger sind daher zum Teil nicht mehr versicherbar", erklärt Russow das Dilemma. "Die Prämien haben sich mehr als verzehnfacht." Sie liegen im Schnitt bei 1000 bis 25.000 Euro pro Auflieger und Jahr. Mehr zum Thema finden Sie im Dossier Versicherungen www.verkehrsrundschau.de/dossiers In Kürze Kfz-Versicherungen im Nutzfahrzeuggeschäft werden immer teurer. Besonders die teuren Behandlungs- und Pflegekosten von Unfallopfern belasten die Schadensquoten der Versicherer. Prävention kann sich jedoch auszahlen.

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