Die nächste Generation

Die Transportbranche steht vor einem strukturellen Wandel. Die zunehmende Digitalisierung beinahe sämtlicher Arbeitsbereiche, aber auch staatliche Auflagen und wirtschaftliche Herausforderungen machen inzwischen immer mehr Transportunternehmen zu schaffen. Deshalb lud Renault Trucks Deutschland vornehmlich junge Vertreter von Logistikunternehmen, Startups und Digitalplattformen ein, gemeinsam zu diskutieren, Ideen zu präsentieren und nach Ansätzen für die sogenannte "Spedition 4.0" zu suchen. Neue Lösungen müssen her "Die ganze Kette wird dank dem Smartphone neu gedacht." Mit diesem prägnanten Satz eröffnete Jochen Munzert, Vertriebsdirektor für Renault Trucks Deutschland, die Veranstaltung. Und damit fasste er eigentlich gut zusammen, an welchem Punkt sich die Transportbranche bei der Digitalisierung zurzeit befindet. Im Privatleben ist diese nämlich bereits in vollem Gange. Dort haben sich Smartphones, Vernetzung und Cloud-Lösungen längst durchgesetzt. Die Branche müsse die aktuellen und künftigen Themen wie alternative Antriebe oder Telematiksysteme nicht mehr einzeln nebeneinander diskutieren, sondern es werde in Zukunft um die gesamte Transportkette gehen, sagte Munzert. Die Lösungen werden sich also in Zukunft gegenseitig bedingen und beeinflussen. Zum Beispiel setzen Transporte mit Fahrzeugen, die über einen Elektroantrieb verfügen, voraus, dass wegen der geringeren Reichweiten auch die Lieferstrecken in kürzere Abschnitte unterteilt oder auch auf die Schiene verlagert werden müssen. Spedition 4.0 noch ein Modebegriff Dass die Unternehmen sich dabei mehreren neuen Herausforderungen gleichzeitig stellen müssen, macht die Sache nicht einfacher. In Städten drohen Diesel-Fahrverbote, der Fahrermangel ist allgegenwärtig, und bei der Digitalisierung tut sich gerade die sehr der Tradition verhaftete Transport- und Logistikbranche schwer. Das weiß auch Tobias Heyer, Geschäftsführer von DepotCity, einem Start-up für E-Commerce Visibilität und Fulfillment. Die junge Firma aus Köln unterstützt Onlinehändler und Fulfillment-Unternehmen dabei, ihre Bestellabläufe und Kosten zu optimieren, um so mit E-Commerce-Giganten wie Amazon und Zalando zu konkurrieren. "In der Logistik schwirren viele moderne Begriffe wie Digitalisierung, IoT und Blockchain herum. Was das tatsächlich bedeutet, nämlich modernes Arbeiten und neue Technologien einzusetzen, daran trauen sich viele in der Branche noch nicht so richtig. Gerade in der Logistik läuft vieles noch sehr traditionell und analog ab", sagte der junge Unternehmer, der zuvor bereits bei DHL tätig war. Spedition 4.0 hält erst nach und nach Einzug in die Logistikunternehmen, bei denen der Nachwuchs in den Hierarchien noch heranreift. Zwei Vertreter der neuen Generation sind Marc Bode von der Spedition Bode und Dennis Schlecht von Schlecht Logistik. Beide sind im familieneigenen Betrieb tätig und sollen die Unternehmen eines Tages selbst leiten. Der Einladung zu der Veranstaltung nach Hamburg waren die beiden gefolgt, um sich mit anderen, gerade auch jüngeren Vertretern der Branche auszutauschen und neue Kontakte zu knüpfen. "Wir sind uns unserer Aufgaben bewusst und haben angefangen, die Mitarbeiter dafür zu sensibilisieren", erzählte Marc Bode, der für Geschäftsentwicklung und Personal zuständig ist. "Zum Beispiel haben wir alle Fahrer mit Tablets für unsere Speditionssoftware ausgestattet. Das ist gerade für ältere Mitarbeiter am Anfang noch ungewohnt und deshalb müssen sie erst überzeugt werden." Dennis Schlecht ergänzt: "Bisher wurde das Thema Digitalisierung bei uns nicht mit letzter Konsequenz behandelt. Wir haben mittlerweile jede unserer 50 Sattelzugmaschinen mit Fleetmanagement ausgestattet und versuchen, im Betrieb das Papier nach und nach zu reduzieren. Aber dieser Prozess dauert seine Zeit." Optimierung um jeden Preis Bei der abschließenden Podiumsdiskussion wurde schnell klar, dass sich viele Logistikunternehmen in der breiten Öffentlichkeit nicht genügend wertgeschätzt fühlen. "Die Logistik wird in der Industrie oft als eine Art Abfallprodukt betrachtet und dementsprechend möchten viele Unternehmen dafür so wenig wie möglich bezahlen", sagte Dennis Schlecht. Der Druck auf die Logistiker wächst immer weiter. Die Teilnehmer bemängelten, dass sich jede Optimierung zum Beispiel beim Spritverbrauch sofort wieder durch neue Mautregelungen verflüchtigen würde. Der Kostendruck ist auch gesellschaftlich bedingt: Einerseits soll CO2 eingespart werden, trotzdem wird immer mehr online bestellt, während die Lieferung immer schneller und günstiger sein soll. Hier müsste die Politik der Branche den Rücken stärken. Sinkt der Druck zur ständigen Optimierung, würden auch die Ressourcen frei, um die Digitalisierung schneller umzusetzen. Die junge Unternehmergeneration steht jedenfalls in den Startlöchern. Mehr zum Thema finden Sie im Dossier "Innovationen" www.verkehrsrundschau.de/dossiers

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