Interview: "Die Maut sinkt allenfalls kurzfristig"

Warum hat der Zinssatz einen so hohen Einfluss auf die Wegekosten und damit auf die Höhe der LKW-Maut? Karlheinz Schmidt: Das hängt mit der Berechnungsmethodik zusammen, die bei den letzten beiden Wegekostengutachten ausgewählt wurde. Da spielen die Zinskosten auf das eingesetzte Kapital mit mehr als 50 Prozent der Gesamtkosten eine enorm große Rolle. Im neuen Gutachten sind die Zinsen jedoch niedriger angesetzt worden als im alten, das muss Sie doch zufriedenstellen. Das trifft so nicht zu. Es stimmt zwar, dass im alten Gutachten mit einem höheren Zinssatz gerechnet wurde. Der jetzigen Wegekostenrechnung liegt aber ein Anstieg des Zinssatzes zugrunde: Von 1,7 Prozent im Jahr 2013 soll es auf 3,4 Prozent im Jahr 2017 gehen. Die Zinskosten auf Autobahnen würden sich mehr als verdoppeln, und zwar von 1,8 auf 3,9 Milliarden Euro. Sie treiben damit die gesamten Wegekosten von 6,1 Milliarden Euro (2013) auf 8,4 Milliarden Euro in die Höhe. Durch diese Rechentricks steigen also die Wegekosten um 37 Prozent. Und das mit einem Zinssatz für 2017, der mit 3,4 Prozent aus heutiger Sicht utopisch hoch liegt. Warum ist das utopisch? Weil Schuldverschreibungen des Bundes mit 30 Jahren Laufzeit derzeit mit 2,4 Prozent gehandelt werden und es keinen offensichtlichen Grund gibt, warum die Zinsen in den nächsten drei Jahren auf 3,4 Prozent ansteigen sollten. Sinkt die Maut doch nicht, weil die Zinsen so hoch angesetzt wurden? Die Maut sinkt allenfalls kurzfristig, aber spätestens 2017 sind die Wegekosten wieder beim alten Niveau. Und die nächste Wegekostenrechnung, die da anknüpft, wird rechnungsbedingt kräftig zuschlagen. Außerdem bleibt noch abzuwarten, wie hoch die Belastung durch die Berücksichtigung der externen Effekte ausfallen wird. Wie erklären Sie sich, dass im Gutachten mit so hohen Zinssätzen gerechnet worden ist? Dafür habe ich keine Erklärung. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass das Bundesfinanzministerium stärker einbezogen wurde und gefragt worden ist, wie es denn die Zinskorridore beurteilt. Die gesamte Finanzplanung käme wohl ins Wanken bei diesen Zinsannahmen. Können Transporteure rückwirkend eine geringere Maut für 2013/2014 geltend machen, sollten die Mautsätze sinken? Das ist für uns nicht von Bedeutung, weil wir bereits gegen das alte Wegekostengutachten klagen. Wir haben die Maut ab 2009 aufgrund der Berechnungsmethoden infrage gestellt. Auf eine einfache Formel gebracht, lautet unsere Frage: Ist es mit europäischem Recht vereinbar, dass der Staat auf niemals investiertes Kapital überhöhte Zinsen kassiert? Im Vorgänger- wie auch im jetzigen Gutachten wird genau diese Methodik angewendet. Daher ändert sich nichts an unseren Einwänden gegen die neue Mautberechnung. Ihre Klage hat also unabhängig von dem jetzigen Wegekostengutachten Bestand? Unsere Klage richtet sich gegen das derzeit gültige Wegekostengutachten und dessen Prinzipien. Sollte das Gericht zu dem Urteil kommen, dass bestimmte Methoden damals nicht rechtmäßig waren, würde das auch auf die neue Wegekostenrechnung zutreffen, weil die Methodik gleich geblieben ist.

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