Der neue Taktgeber

Sie haben bislang als Produktionschef das Brief- und Paketgeschäft von Deutsche Post DHL verantwortet. Nun sollen Sie als neuer CEO die DHL Freight wieder flottmachen. Was steht da jetzt auf Ihrer Agenda? DHL Freight ist in einem guten Zustand. Unser Road Freight Business steht auf gesunden Füßen, liefert jedes Jahr positive Ergebnisse und hat in seiner Unternehmensgeschichte noch nie Minus gemacht. Mein Ziel ist es jedoch, DHL Freight als Qualitätsführer zu etablieren und zu einer noch sichtbareren und stärkeren Säule von Deutsche Post DHL Group zu machen. Sichtbare Säule - welche EBIT-Marge peilen Sie dafür in diesem Jahr an? Wir haben das Ergebnis und die Marge bei DHL Freight bereits im ersten Quartal deutlich steigern können. Ich bin sehr zuversichtlich, dass uns das auch für das gesamte Jahr gelingen wird. DHL Freight liefert bereits jetzt ein solides jährliches Ergebnis. Konkrete Zahlen wollen Sie aber nicht nennen? Nein (lacht). Fakt ist, noch erreicht DHL Freight nicht die Renditen von DSV im Landverkehr. Ich bin angetreten, um die Prozesse bei DHL Freight effizienter zu machen. Das bedeutet auch, Abläufe noch stärker zu standardisieren und in unsere Serviceleistungen eine noch höhere Verlässlichkeit zu bringen. Kundenversprechen, die wir abgeben, müssen wir einhalten. Im Brief- und Paketgeschäft, das Sie die letzten zehn Jahre als Produktionschef von Deutsche Post DHL verantwortet haben, mag eine solche Standardisierung funktionieren. Aber im DHL-Freight-Geschäft? Das DHL-Freight-Geschäft ist in der Tat viel heterogener - die Arbeitsprozesse, die Vielfalt der Services, die beförderten Waren und die Lademittelstrukturen. Gleichwohl lassen sich auch hier bestimmte Arbeitsabläufe zerteilen und gleichförmiger gestalten, zum Beispiel bei Themen wo, wann und wie gescannt wird oder wann und durch wen be- und entladen wird, wie viele Gabelstapler für welche Mengen eingesetzt und wie viele Dispatcher für welches Volumen benötigt werden. Wir haben bei DHL Freight teilweise noch sehr unterschiedliche Produktivitäten - abhängig vom saisonalen Verlauf. In den Peak-Seasons sind wir unfassbar produktiv, in den Schwachlastzeiten müssen wir noch aufholen. Daran müssen wir arbeiten. Unabhängig davon werden wir uns weitere Kostenpunkte anschauen, um noch produktiver und effizienter zu werden. Welche Kostenhebel haben Sie da im Blick? Im Einkauf lässt sich durch eine stärkere Standardisierung noch deutlich Geld sparen. Wir setzen zum Beispiel zu viele unterschiedliche Gabelstapler-Versionen ein - was die Anzahl der Hersteller, die Zahl der eingesetzten Modelle und deren Antriebsarten betrifft. Das werden wir vereinheitlichen und mit einem vernünftigen Dachvertrag regeln. Zudem sind wir dabei, im Rahmen unserer GoGreen-Strategie, die Deckenbeleuchtung in allen Terminals auszutauschen und durch LED zu ersetzen. Auch das wollen wir mit einem Dachvertrag lösen. Wie viel Euro wollen Sie sich damit sparen? Die Reduzierung der Kosten ist eine Konsequenz der Standardisierung. Damit alleine setzen Sie sich aber noch nicht deutlich vom Wettbewerb ab. Um sich im harten Wettbewerb im Landverkehr abzugrenzen, muss man zuverlässig sein und Kundenversprechen einhalten. Sendungen müssen zu den Terminen abgeholt oder zugestellt werden, die zugesichert wurden. Wenn wir dies mit dem Thema "Transparenz" verknüpfen, bringt uns das einen großen Schritt nach vorne. Wie wollen Sie dieses Mehr an Transparenz konkret schaffen? Kunden wollen heute über jeden Prozessschritt ihrer Sendung informiert sein: wann diese abgeholt, umgeschlagen und zugestellt wird, in welchem Prozessstatus sie sich gerade befindet. Solche Systeme setzen wir schon heute ein - aber noch sind diese zu heterogen. Wir werden die Themen "Track & Trace" und "Digitalisierung" deutlich weiter vorantreiben. Ziel ist, für DHL Freight ein einheitliches Transportmanagementsystem (TMS) einzuführen. Ein solches TMS erleichtert und beschleunigt die Abläufe. Welche neuen Anforderungen kommen damit auf Ihre Frachtführer zu und wie beteiligen Sie sich an diesen neuen Investitionen? Wenn man Frachtführer bei solchen Neuerungen mitnehmen will, ist das nicht nur eine Frage der Vergütung, sondern auch der inneren Einstellung zum Geschäft. Jeder Partner, der für uns tätig ist, muss und sollte ein Interesse daran haben, dass er mit uns wächst. Das heißt gerade nicht, dass wir unsere Anforderungen mit Pönalen durchdrücken. Entscheidend ist, dass wir und die Frachtführer am Ende einen einheitlichen Blick auf die Themen Transparenz und Verlässlichkeit haben und das Potenzial, das in der Wertschöpfung für uns beide liegt, gemeinsam heben. Natürlich werden wir beim Einsatz des neuen TMS Schulungen anbieten und unsere Partner behutsam mitnehmen. Gerade kleinere Transportbetriebe können solche immer weiter steigenden Anforderungen fast nicht mehr leisten. Mit der Folge, dass manche Speditionen mittlerweile lieber mit weniger und größeren Frachtführern arbeiten. Steht das bei DHL Freight auch an? Es wird in diesem Markt immer Veränderungen und Verschiebungen geben. Mit Unitrans zum Beispiel agiert DHL Freight aber schon seit Jahren in einer gefestigten Partnerstruktur. Insofern ist dies für uns aktuell kein Thema. Etlichen Spediteuren zufolge wird der Laderaum immer knapper. Wie sichern Sie sich genügend Kapazitäten? Ehrlicherweise spüren wir diesen Laderaummangel in Deutschland im Moment nicht. Deutschland ist für DHL Freight mit rund 20 Prozent Anteil an unserem Gesamtgeschäft das stärkste Einzelland. Wir sichern uns hier die Frachtkapazitäten über eine Vielzahl von Verträgen mit professionellen Frachtführern. Wenn jetzt nicht extrem kurzfristige Ad-hoc-Geschäfte mit deutlichen Mehrvolumen anfallen, haben wir das gut gelöst. Für den Inlandsverkehr in Deutschland nutzen wir fast ausschließlich deutsche Frachtführer. Darüber hinaus haben wir in unserem Netz Frachtführer aus allen Ländern, vor allem aber aus Deutschland und Osteuropa. Wie problematisch sind für Sie die jüngsten gesetzlichen Regelungen zum Thema Mindestlohn und Wochenruhezeiten? Da kocht ja jeder EU-Staat sein eigenes Süppchen. Diese gesetzlichen Regelungen betreffen ja die gesamte Branche gleichermaßen. Fahren in zehn Jahren überhaupt noch deutsche Transportunternehmer im deutschen Fernverkehr und im grenzüberschreitenden Verkehr? Da bin ich zuversichtlich, zumal der Berufskraftfahrer ein ordentlicher und rechtschaffener Beruf ist. Trotzdem will keiner Lkw-Fahrer werden! Das ist in der Tat ein Problem. Einer der größten Ausbilder war in der Vergangenheit die Bundeswehr, nun bildet sie kaum mehr aus. Das macht sich im Markt bemerkbar. Hier müsste die Branche initiativ werden und sich zum Beispiel selbst mehr um die Ausbildung kümmern. Was lassen Sie sich einfallen, um das Berufsbild des Lkw-Fahrers wieder attraktiver zu gestalten? Als Nummer eins in der Logistikbranche beschäftigt uns das natürlich. Ich könnte mir vorstellen, bei der Ausbildung der Berufskraftfahrer aktiv zu werden. Ob alleine oder im Zusammenspiel mit unseren Frachtführern - das müsste man besprechen. Werden Sie vor diesem Hintergrund auch wieder verstärkt in eigene Fahrzeuge investieren, also Ihren Eigenanteil erhöhen? Das ist hierzulande nicht unser Geschäftsmodell. In den USA fährt unsere Tochter "Standard Forwarding" komplett mit eigenen Fahrern und Fahrzeugen. Das ist aber sehr stark von den Marktgegebenheiten abhängig. So haben wir in Deutschland sehr viele verlässliche und traditionsreiche Speditionen. Um Fahrer auszubilden, benötigt man außerdem nicht zwingend einen eigenen Fuhrpark. Was spricht aus Ihrer Sicht gegen den Eigenfuhrpark? Einen wirklichen Vorteil sehe ich im Moment nicht. Man hätte dadurch eine enorme Kapitalbindung. Sinnvoll wäre das Ganze eventuell bei einer steigenden Laderaumverknappung - die sehe ich aber wie gesagt derzeit nicht. Es gibt genügend verlässliche Spediteure. Wobei man vor dem Fahrermangel nicht die Augen verschließen darf. Welche Ziele haben Sie sich dann für 2017 gesetzt? Ziel Nummer eins ist das Thema Qualität. Das wollen wir noch stärker bei unseren Mitarbeitern verankern, damit wir uns als Qualitätsführer positionieren werden. Es geht uns da insbesondere um die zuverlässige Zustellung, außerdem können wir in den Laufzeiten noch besser und schneller werden. Schnelligkeit und Zuverlässigkeit werden als Differenzierungsmerkmal immer wichtiger. Das klingt vage. Wir werden dafür im Juli 2017 unser Produkt "Freight Eurapid", das wir vor zwei Jahren aufgelegt haben, auf ein neues Level heben. Dann wird der taggenaue Transport von Stückgut 105 Terminals in 22 Ländern verbinden. Zudem erweitern wir den Service unter anderem durch den "Preferred Pick-up" in Ballungsräumen in Deutschland, Frankreich, Schweden, Italien und der iberischen Halbinsel sowie eine garantierte "Vor-12-Uhr-Zustellung" beim Warenempfänger. Um wie viel Prozent wollen Sie in diesem Jahr zulegen? Ich gehe davon aus, dass unser Umsatz dieses Jahr im mittleren einstelligen Prozentbereich wächst. Wir rechnen mit Wachstum in allen Ländern - dabei besonders deutlich in Osteuropa, vor allem in Südosteuropa. Aber auch in Deutschland, Frankreich und Schweden soll es klar nach vorne gehen. Wir wollen einen ordentlichen Beitrag zu unserem Konzernergebnis liefern. In den vergangenen Jahren hat DHL Freight dafür deutlich an der Preisschraube gedreht. Preiserhöhungen stehen bei mir im Moment nicht auf der Agenda. Ziel muss es aber für uns sein, genauer darauf zu schauen, welche Zusatzservices wir für unsere Kunden erbringen können, und diese dann auch entsprechend vergütet zu bekommen. Dazu setzt man sich mit dem Kunden zusammen. Welchen Beitrag zur Erreichung Ihrer Umsatzziele wird die Logistikplattform Saloodo, Ihr neu gegründetes Start-up, leisten? Saloodo ist für uns tatsächlich ein wichtiger zusätzlicher Vertriebskanal, auch um kleinere und mittlere Versender von DHL Freight zu überzeugen. Außerdem ermöglicht uns diese Plattform eine noch paarigere Auslastung. Interessant ist dies vor allem im NTBO-Business, also im nicht Terminal basierten Geschäft, bei dem die Fracht nicht über Umschlagslager läuft. Das Terminalgeschäft ist weniger tangiert. Denn hier bieten wir Mehrwertservices, zum Beispiel die Konsolidierung von Fracht. Das lässt sich kaum über eine digitale Plattform abbilden. Wie viel Euro Umsatz macht Saloodo heute schon und was ist da Ihre mittelfristige Zielvorgabe? Saloodo ist ein junges Start-up mit dem wir Anfang des Jahres live gegangen sind. Im Moment geht es darum, Traffic auf die Plattform zu bekommen und sowohl Versender als auch Transportunternehmen von dem Service zu überzeugen. Zahlen sind am Ende auch hier wichtig, stehen aktuell aber nicht im Vordergrund. Mehr zum Thema finden Sie im Dossier DHL www.verkehrsrundschau.de/dossiers Vita Vita Uwe Brinks Im Januar 2017 rückte Uwe Brinks, bislang Produktionschef der Brief- und Paketsparte von Deutsche Post DHL Group, zum CEO der DHL Freight auf. Er folgt auf Amadou Diallo, der bislang die DHL-Freight-Aktivitäten verantwortet hatte. Brinks berichtet direkt an Post-Chef Frank Appel. Brinks ist seit Anfang der 1980er-Jahre in dem Bonner Logistikkonzern tätig - in unterschiedlichen Führungsaufgaben. Branchenkennern zufolge könnte für Brinks der Wechsel zu DHL Freight seine Chancen erhöhen, in den Konzernvorstand von Deutsche Post DHL aufzusteigen. eh Daten & Fakten DHL Freight in Zahlen - DHL Freight beschäftigt in über 40 Ländern an 208 Niederlassungen insgesamt 13.000 Mitarbeiter- Zu den Umsatzzahlen macht DHL Freight keine Angaben- Verkehre in über 53 Länder und Territorien in Europa, dem Nahen und Mittleren Osten, Nordafrika und den USA- Täglich 1600 nationale und internationale Linienverbindungen- Täglich 220 Verbindungen ins europäische Ausland- Feste Laufzeiten und lückenlose Sendungsverfolgung für insgesamt mehr als 43 Millionen Sendungen pro Jahr- Das Linien- und Servicenetz von DHL Freight bedienen 30.000 Frachtführer eh

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