Das Angebot der Spediteure

Viele Spediteure werden in den kommenden Wochen ihren Kunden auf Briefen, E-Mails und Internetseiten folgende Kernbotschaft zukommen lassen: "Wir arbeiten ausschließlich auf Grundlage der Allgemeinen Deutschen Spediteurbedingungen 2016 (ADSp 2016)". Die Unternehmen folgen damit der Empfehlung des Deutschen Speditions- und Logistikverbandes (DSLV), der kurz vor Weihnachten die neue Version der ADSp veröffentlicht hat, wodurch die bisher verwendeten Bedingungen aus dem Jahr 2003 ersetzt werden. Erstmals seit knapp 90 Jahren wird das Klauselwerk aber nur noch vom Speditionsverband empfohlen. Die Verladerverbände BDI, HDE und BGA waren im Herbst aus den Verhandlungen zu den neuen ADSp ausgestiegen und hatten zusammen mit dem Verladerband BWVL die "Deutschen Transport- und Lagerbedingungen (DTLB)" als eigene Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) veröffentlicht. Mit Spannung erwartete die Branche deshalb die neuen ADSp. Neben der dringenden Anpassung an das vor zwei Jahren modernisierte Seehandelsrecht stehen vor allem die Regelungen zur Haftung im Fokus der Aufmerksamkeit. Denn gerade hier hatten die Verlader bei den Verhandlungen Zugeständnisse gefordert. "Wir wollen die Attraktivität der ADSp im Markt erhalten und bieten deshalb bei der Anpassung der Haftungshöchstsummen mehr als einen reinen Inflationsausgleich", beschreibt DSLV-Geschäftsführer und Justiziar Hubert Valder die neuen Regelungen. Haftungshöhe verdoppelt sich So wird die gewichtsbezogene Haftungsbegrenzung von bisher 5 auf rund 10,50 Euro je Kilogramm (8,33 Sonderziehungsrechte, SZR) erweitert. Damit orientieren sich die ADSp 2016 am gesetzlichen Leitbild, denn das Handelsgesetzbuch (HGB) sieht dieselbe Höchsthaftungsgrenze vor. Beachtenswert: Diese Haftung gilt nun auch für Schäden im Lager. "Damit entfällt der bisherige Streit, ob der Schaden beim Transport oder beim Lagern entstanden ist", sagt Valder. Gleichzeitig sind auch die Höchsthaftungssummen je Schadensfall im Lager von 5000 auf 25.000 Euro angehoben worden. "Diese deutliche Erweiterung der Haftung für die Speditionswirtschaft ist bemerkenswert", bescheinigt Professor Thomas Wieske von der Hochschule Bremerhaven den neuen ADSp. Durch die Deckelung auf 25.000 Euro würden aber auch weiterhin individuelle Regelungen zwischen Auftraggebern und Auftragnehmern notwendig sein, insbesondere bei der Lagerung von Waren mit höherem Wert. Die neuen ADSp verweisen an dieser Stelle auch auf eine neue Option der Wertdeklaration, wodurch Auftraggeber die Haftung auf 50 Euro je Kilogramm oder 10.000 Euro pro Packstück erhöhen können - dies natürlich kostenpflichtig. Denn das Risiko muss der Spediteur natürlich versichern. Versicherungskosten steigen Die neue Wertdeklaration sowie die Aufstockung der Haftung in Umschlag und Lager auf 8,33 SZR mit der Schadensfallbegrenzung auf 25.000 Euro wird die Spediteure einiges kosten. "Wer die ADSp 2016 anwenden will, muss den Versicherungsschutz neu aushandeln", sagt Axel Salzmann vom Logistikversicherer Kravag. Je nach Einzelfall und veränderter Risikosituation sei mit einer Erhöhung der Versicherungsprämien im unteren zweistelligen Prozentbereich zu rechnen. Und auch bei den Selbstbehalten der Unternehmen werde es zu stärkeren Belastungen kommen. Dennoch seien die neuen Haftungsvorgaben positiv zu bewerten, sagt Salzmann und stellt fest: "Die Regelungen geben den Auftraggebern Sicherheit und gleichzeitig gilt weiterhin der Grundsatz: ,Keine unbegrenzte Haftung für Kaufleute', wodurch Unternehmer eine Existenzsicherheit erhalten." Sowohl Spediteure als auch Verlader könnten sich der neuen ADSp-Haftung kaum verschließen, meint der Kravag-Experte. "Die ADSp 2016 sind ein faires Angebot an die Auftraggeber", ist sich DSLV-Geschäftsführer Valder sicher. Die neuen Spediteurbedingungen seien auf einen Ausgleich der Interessen aller Beteiligten ausgerichtet. "Höchstens könnte man uns den Vorwurf machen, dass wir bei der Überarbeitung und Neuformulierung einzelner Klauseln manchmal vielleicht mehr die Brille der Spediteure aufgehabt haben", gibt Valder zu. Gemeint sind vor allem die neuen Regelungen zu den Themen Palettentausch, Be- und Entladen unter Mithilfe des Fahrpersonals sowie vergütungsfreie Ver- und Entladezeiten. Insbesondere die neuen Regelungen zu den Ladezeiten und möglichen Standgeldern könnten zu heftigeren Diskussionen mit den Verladern führen. Denn gerade dieses Thema führt ja in der Praxis an vielen Rampen immer wieder zu Ärger. So schreiben die ADSp erstmals maximale Be- und Entladezeiten von 30 bis 120 Minuten (je nach Güterart und Anzahl oder Gewicht der Güter) vor. Werden diese überschritten, muss der Auftraggeber ein angemessenes Standgeld zahlen, sofern nichts anderes vereinbart wurde. Ebenfalls neu niedergeschrieben: Hilft ein Fahrer aus Gefälligkeit beim Be- oder Entladen mit, dann geschieht dies auf Risiko des Auftraggebers beziehungsweise Empfängers. "Mit dieser Klarstellung konkretisieren wir aber nur die aktuelle Rechts- und Gesetzeslage", betont Valder. "Die ADSp 2016 sind gut gemacht", attestiert Professor Wieske. Dennoch steige das Rechtsprechungsrisiko, da mit den ADSp der Spediteure, den DTLB der Verlader und den VBGL des Transporteursverbandes BGL nun drei konkurrierende Bedingungswerke am Markt existierten. "Mehr Sicherheit vor Gericht böten nur von allen Seiten akzeptierte AGB", sagt Wieske und fordert Verlader und Spediteure auf, sich noch einmal an einen Tisch zu setzen. "Die Tür für neue Gespräche ist derzeit zwar geschlossen, sie ist aber nicht vernagelt und kann wieder geöffnet werden", lässt DSLV-Verhandlungsführer Valder Gesprächsbereitschaft durchblicken.

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