Darüber lässt sich trefflich streiten

Wann müssen Unternehmen grundsätzlich ein Arbeitszeugnis ausstellen? Verlässt ein Mitarbeiter das Unternehmen, muss ihm der Chef ein qualifiziertes, wohlwollendes Arbeitszeugnis ausstellen - vorausgesetzt, er war mindestens sechs Wochen beschäftigt. "Ein Zwischenzeugnis können Arbeitnehmer nur einfordern, wenn sie einen triftigen Grund haben", sagt Karsten Fischer-Lange, Fachanwalt für Arbeitsrecht. Dies ist der Fall, wenn ein neuer Chef kommt, der Kollege die Abteilung wechselt, sich seine Aufgaben ändern, eine Beförderung ansteht oder eine längere Auszeit - wie Elternzeit oder Sabbatical - geplant ist. Auch bei einer drohenden Insolvenz, einer Betriebsübernahme oder Kündigung müssen Arbeitgeber ein Zwischenzeugnis ausstellen. Wer noch angestellt ist und sich anderweitig bewerben will, sollte deshalb besser keine Beurteilung verlangen. "Das belastet das Arbeitsverhältnis oft nur unnötig", weiß der Partner der Kanzlei Dr. Kluge, Fischer-Lange in Hannover. Warum sind Zwischenzeugnisse wichtig? Eine Leistungsbeurteilung ändert sich schnell, besonders, wenn der Vorgesetzte wechselt. "Drohen Konflikte, ist es taktisch klug, ein Zwischenzeugnis zu verlangen", rät der Fachanwalt. Wer bereits eine gute Beurteilung in der Tasche hat, kann diese auch im Endzeugnis einfordern. "Das Zwischenzeugnis hat eine Bindungswirkung", erklärt Fischer-Lange. Zwar darf der Arbeitgeber von der guten Beurteilung abweichen, doch dann dreht sich die Beweislast vor Gericht um. Schlechte Karten für den Chef, denn meist hat sich die Arbeitsleistung nicht nachweisbar verschlechtert. Was muss im Zeugnis stehen? Zwischen- und Endzeugnis unterscheiden sich nur wenig. Sie beschreiben die Aufgaben des Mitarbeiters und beurteilen auf ein bis zwei Seiten dessen Arbeitsleistung, Verhalten sowie Fach- und Branchenkenntnisse. "Wie umfangreich das Zeugnis ausfällt, liegt in der Formulierungshoheit des Arbeitgebers", sagt der Rechtsanwalt. "Er entscheidet, welche Aspekte der Leistung er beurteilt." Die übliche Reihenfolge ist: persönliche Daten des Mitarbeiters, Beschäftigungsdauer beziehungsweise Eintrittsdatum, Funktion im Betrieb, kurze Selbstdarstellung des Arbeitgebers, Beschreibung der wesentlichen Tätigkeiten, Beurteilung der Leistung und des Verhaltens sowie die Schlussformel. "Fehlen die üblichen Dankesworte und guten Wünsche für die Zukunft, ist das eine klare Abwertung des Zeugnisses", erklärt Fischer-Lange. Gibt es ein Recht auf gute Beurteilung? Ein Zeugnis soll wahr sein, aber auch wohlwollend geschrieben sein. Das lässt Interpretationsspielräume zu. 90 Prozent der Gerichtsverfahren enden daher mit einem Vergleich, und der Arbeitgeber bessert das Zeugnis nach. Mitarbeiter sollten mindestens die Note 3 ("zur vollen Zufriedenheit") bekommen. Schlechtere Zeugnisse muss der Chef begründen, die Beweislast für ein "gutes" oder "sehr gutes" Zeugnis liegt bei dem Arbeitnehmer. Schön klingende Formulierungen mit negativer Bedeutung dürfen nicht im Zeugnis stehen. Zum Beispiel hält der "geschätzte Gesprächspartner" gerne einen Schwatz, und wer "über Fachwissen und ein gesundes Selbstvertrauen verfügt", ist arrogant. Solche Geheimcodes haben Richter für unzulässig erklärt. Mehr zum Thema finden Sie im Dossier "Arbeitsrecht" www.verkehrsrundschau.de/dossiers In Kürze Verlässt ein Mitarbeiter ein Unternehmen, wird das Arbeitszeugnis ein Thema. Dafür gibt es nicht nur allerlei vieldeutige Formulierungen, sondern es gelten auch feste Regeln und Standards. Wer sie kennt, spart sich den Stress zwischen Angestellten und seiner Personalabteilung. So entschieden die Gerichte - Briefkopf: Ohne Briefkopf des Unternehmens ist ein Arbeitszeugnis ungültig (BAG Az.: 5 AZR 182/92).- Zeugnisnote "gut": Ohne Begründung können Beschäftigte keine gute Beurteilung verlangen, selbst wenn sie in der Branche üblich ist. Chefs, die eine schlechtere Note als 3 geben, müssen dies vor Gericht belegen können (BAG, Az.: 9 AZR 584/13).- Fehltage: Nur wenn sie mindestens die Hälfte der Beschäftigungsdauer ausmachen, dürfen Fehltage im Zeugnis auftauchen (LAG Sachsen, Az.: 5 Sa 996/95).- Schlusssatz: Beschäftigte haben keinen Anspruch darauf, dass ihr Zeugnis mit dem üblichen Schlusssatz endet, in dem Arbeitgeber sich für die geleistete Arbeit bedanken, ihr Ausscheiden bedauern und ihnen alles Gute für die Zukunft wünschen (BAG, Az.: 9 AZR 227/11).- Unterschrift: Der Chef muss nicht persönlich unterschreiben. Dies darf auch ein Vertreter übernehmen, wenn ersichtlich ist, dass dieser dem Mitarbeiter gegenüber weisungsbefugt war (BAG, Az.: 9 AZR 392/00). Zeugnisse sind so zu unterschreiben wie andere Dokumente im Geschäftsverkehr auch (LAG Hamm, Az.: 4 Ta 118/16).- Knicken und Tackern: Mitarbeiter müssen ein geknicktes und getackertes Zeugnis akzeptieren, sofern sich die Knicke nicht durch Schwärzungen auf Kopien abzeichnen (LAG, Rheinland-Pfalz, Az.: 5 Sa 314/17).sah

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