Long Beach. Laut dem Geschäftsführer der Beratungsunternehmen Seaintel Consulting und Cyberkeel, Lars Jensen, sind die 15 größten Reedereien weltweit akut durch Cyberattacken bedroht. „Wir haben Tests durchgeführt und wir konnten in allen Fällen in das Firmencomputernetzwerk eindringen“, sagte Jensen. Auf der 15. jährlichen TPM-Schifffahrtskonferenz in Long Beach wurde diese Ansicht von der Anwältin für internationalen Handel Susan Kohn Ross von der Kanzlei Mitchell Silberberg & Knupp geteilt. Erst seit kurzem wird dem Thema in der Schifffahrtsindustrie Bedeutung geschenkt. „Fast alle Reedereien haben einen Plan, falls ihr Schiff zum Beispiel im Suezkanal gesprengt wird. Für Cyberattacken existieren kaum gleichwertige Handlungspläne“, sagte Ross gemäß dem US-amerikanischen Journal of Commerce. „Meist existiert der Glaube, dass Cyberattacken häufiger in Hollywood als in Hamburg vorkommen. Weit gefehlt“, sagte Ross.
2011 wurde die staatliche Islamic Republic of Iran Shipping Lines (IRISL) Opfer einer Cyberattacke. Die Reederei war zu dieser Zeit mit 170 Schiffen die größte Reederei des Nahen Ostens. Der Angriff führte zum Systemcrash und zum Verlust von Daten. Unter anderem verlor IRISL die gesamten Daten für das Schiffstracking. Ein großer Teil der Fracht verschwand, während die Reederei versuchte, ihre Services zu stabilisieren. „Hätte dies eine private Reederei getroffen, wäre sie wohl bankrott gegangen“, glaubt Jensen. Es seien zudem nicht nur Reedereien betroffen. Im gleichen Jahr wurden Hacker von Drogenschmugglern beauftragt, Computer im Hafen Antwerpen zu manipulieren. Nachdem Fracht aus dem Lagerhaus entfernt wurde, wurden alle Daten über die Existenz der Fracht vernichtet. „Die Cybersicherheit muss als unternehmensweites Thema von der Führungsebene aus, betrachtet werden“, erklärte Ross. (rup)