BWVL-Jahrestagung

BWVL-Jahrestagung Nur gemeinsam gibt es eine Lösung Eine bezahlbare und effiziente Mobilität zu sichern, diese Forderung war Kernthema der Jahrestagung des Bundesverbands Wirtschaft, Verkehr und Logistik (BWVL) in Köln. Die Referenten der BWVL-Jahrestagung übten jede Menge Kritik daran und Anton Hofreiter, Vorsitzender des Verkehrsausschusses im Bundestag, hielt es von seiner Reise nach Köln ab: das Thema Infrastrukturfinanzierung. Wegen einer verlegten Haushaltsdebatte musste Hofreiter in Berlin bleiben und seinen Vortrag beim BWVL absagen – zum Bedauern der anderen Redner. Denn die hätten so manche kritische Anmerkung zur Politik im Allgemeinen und zur grünen Verkehrspolitik im Besonderen gerne an ihn direkt adressiert. Bedenken, was die Finanzierung der Infrastruktur betrifft, äußerte Verbandspräsident Herbert Götz in seiner Eröffnungsrede. Er stellte fest, die deutsche Infrastruktur werde hinsichtlich Ausbau und Erhalt bereits jetzt den Anforderungen des wachsenden Güter- und Personenverkehrs nicht mehr gerecht. Der BWVL unterstütze deshalb Verkehrsminister Peter Ramsauer bei seiner Forderung, zusätzlich 2,5 Milliarden Euro jährlich im Bundeshaushalt für Infrastrukturinvestitionen bereitzustellen. In der gleichen Tonart fuhr Professor Alexander Eisenkopf von der Zeppelin-Universität, Friedrichshafen, fort: Trotz hoher Einnahmen aus der LKW-Maut und einem mittlerweile geschlossenen Finanzierungskreislauf gebe es große Investitionslücken und die Infrastruktur sei – bereits seit Jahren – chronisch unterfinanziert. Seine Forderung: Die Infrastrukturbereitstellung müsse reorganisiert und das konsequente Prinzip der Nutzerfinanzierung umgesetzt werden. Trennung zwischen Gut und Böse In seiner Bestandsaufnahme zur Situation des Wirtschaftsverkehrs zeigte Eisenkopf deutlich das Missverhältnis zwischen der Leistung des Wirtschaftsverkehrs und der Wahrnehmung in der Öffentlichkeit auf: „Der Begriff Mobilität ist positiv besetzt, Verkehr wird als problematisch empfunden.“ Güterverkehr werde nicht mehr als Basis von Wohlstand und Wirtschaftswachstum, sondern als Klimakiller wahrgenommen. Die „Schmiermittelfunktion des Gütertransports für eine arbeitsteilige Wirtschaft und sein Beitrag zur Wertschöpfung“ würden deutlich unterschätzt, so Eisenkopf. Es gebe eine klare Trennung zwischen Gut und Böse, die sich an Begriffen wie Dienstwagenprivileg und Monstertrucks festmachen ließe. „Es gibt die Guten und die Bösen“, stellte auch Klaus Peter Röskes, Vizepräsident Bundesverband Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung fest und forderte die Branche auf, endlich ihr Selbstverständnis in der Bevölkerung zu hinterlegen und zu sagen „Ihr braucht uns“. Mobilität und die Sicherstellung des Verkehrsnetzes sollten als gesamtgesellschaftliche Aufgabe begriffen werden, wünschte sich Andreas Marquardt, Präsident des Bundesamtes für Güterverkehr. „Die Transportwirtschaft wird dafür verprügelt, weil sie die Autobahnen verstopft. Dass keiner aus Jux herumfährt, wird nicht gesehen. Hier fehlt mir die gesamtgesellschaftliche Verantwortung“, so Marquardt. Weniger Verkehr und trotzdem ein steigendes Wirtschaftswachstum? Dieser Wunschvorstellung der Öffentlichkeit und mancher Politiker erteilte Eisenkopf eine Absage. Eine Entkoppelung von Verkehr und Wirtschaftswachstum, wie es beispielsweise beim Energieverbrauch gelungen sei, „bleibt unrealistisch“, stellte er fest. Mobilität, Ökonomie und Ökologie Bei den gegenwärtigen Rahmenbedingungen und der politischen Diskussion habe auch er Zweifel, „ob uns der Spagat gelingt, Mobilität, Ökonomie und Ökologie unter einen Hut zu bringen“, gab BWVL-Präsident Götz zu. Dabei arbeite die Transportwirtschaft bereits hocheffizient, stellte ihr Marquardt ein gutes Zeugnis aus. Die Auslastung der Fahrzeuge sei immens gestiegen, die Effizienzbeiträge der Unternehmen extrem, lobte er. Die Bedeutung dieses Sektors habe die Politik mit dem Aktionsplan Güterverkehr und Logistik zum ersten Mal festgeschrieben. Jetzt komme es auf die Umsetzung an. Vor allem bei einem Punkt herrscht hier momentan große Unsicherheit: Der Feldversuch mit Lang-LKW kommt nicht nur nicht richtig in die Gänge, „man kann ihn in der jetzigen Form schon fast begraben“, urteilte Götz. Er forderte Verkehrsminister Ramsauer auf, den Feldversuch so schnell wie möglich zu starten, „ja sogar von seinem Weisungsrecht Gebrauch zu machen und das gesamte Autobahnnetz für den Feldversuch freizugeben, um einen flächendeckenden Versuch zu ermöglichen“. Die Lobby der Versuchsgegner arbeite hier sehr brutal und sehr effektiv, nannte Marquardt einen Grund für das schleppende Verfahren. Wenn die Mehrheit der Bevölkerung so einem Fahrzeug aus rationalen oder irrationalen Gründen dann ablehnend gegenüberstehe, tue man sich als Politiker schwer, hier eine andere Position zu vertreten, so Marquardt. Umgekehrt stellt sich die Situation beim Thema Euro 6 dar. Hier fordert die Bevölkerung den neuesten Standard und die modernsten Fahrzeuge für eine nachhaltige Mobilität. Die Fachwelt hingegen diskutiert über die Sinnhaftigkeit von Euro 6 im Hinblick auf einen erhöhten CO2-Ausstoß. „Wenn die Einführung eines neuen Umweltstandards zu mehr Spritverbrauch führt, ist dies bedenklich“, äußerte sich beispielsweise der BAG-Präsident. Auch hier – und zur Mauteinstufung – brauche man Klarheit durch die Politik, forderte Götz. Diese sei nicht beratungsresistent, sie erkenne nur manchmal eine gewisse Ohnmacht, begründete Marquardt, warum die Situation bei einigen Themen so wenig zufriedenstellend ist. Um zu einer gesamtverträglichen Lösung – eine bezahlbare Mobilität und das Erreichen klimapolitischer Ziele – zu kommen, müssten alle an einem Strang ziehen, machte sich Marquardt für eine Kooperation aller Beteiligten stark. ❙❚■ Birgit Bauer BWVL-Präsident Herbert Götz (links) und Hauptgeschäftsführer Christian Labrot führten durch die Tagung Ziele, Leistungen und Mitglieder-struktur Der Unternehmensfachverband für Transport und Logistik, gegründet 1955 als Bundesverband für den gesamten Werkverkehr, später Bundesverband Werkverkehr und Verlader, setzt sich unter anderem für nachhaltige Liberalisierung und Harmonisierung der Transportmärkte ein. Zu den Mitgliedern zählen rund 1500 Unternehmen aus Industrie und Handel. Der Verband übt Lobbyfunktion gegenüber nationalen und internationalen Entscheidungsträgern aus. Darüber hinaus bietet er seinen Mitgliedern einen umfassenden Service für deren tägliche Praxis und unterstützt sie in allen Fragen des Gütertransports und der damit zusammenhängenden Bereiche. bb BWVL-Jahrestagung BWVL begrüßt Liberalisierung Mit dem EG-Road-Package ist im Bereich des Straßengüterverkehrs der Zugang zum Beruf des Kraftverkehrsunternehmers und zum Markt des grenzüberschreitenden Güterkraftverkehrs neu geregelt worden. Stichworte sind unter anderem Kabotage und Verkehrsleiter – dieser ist nur für Unternehmen notwendig, die gewerblichen Güterkraftverkehr betreiben. Das EG-Road-Package macht Änderungen beim Güterkraftverkehrsgesetz (GüKG) erforderlich, die voraussichtlich im Dezember in Kraft treten. „Für den Werkverkehr bringt diese GüKG-Änderung Gutes“, so BWVL-Präsident Herbert Götz während der Jahrestagung des Verbandes. Wie vom BWVL über viele Jahre gefordert, werde künftig der Einsatz von Personal zulässig sein, das dem Unternehmen im Rahmen einer vertraglichen Verpflichtung zur Verfügung gestellt worden sei, erklärte er und begründete: „Der Einsatz von Leiharbeitnehmern im Werkverkehr ist derzeit noch unzulässig, eine Einschränkung, für die es eine logische und sinnvolle Erklärung nie gegeben hat.“ Der BWVL begrüße diese längst überfällige Liberalisierung des Werkverkehrs, die den Unternehmen künftig größere Flexibilität bei der Personalplanung erlauben werde, freute sich der Präsident. Die Problematik des Verkehrsleiters sowie die Haftung und Rechtssicherheit war Thema eines Workshops im Rahmen der Mitgliederversammlung. Die anderen Workshops befassten sich mit der Verbesserung der Situation an der Laderampe, dem Kostenmanagement im Fuhrpark sowie der Personalentwicklung im Transport- und Logistiksektor. bb Referierten zum Kostenmanagement im Fuhrpark: Simone Götz, Pfleiderer, Benjamin Berndt, Fuelguard, Moderator BWVL-Hauptgeschäftsführer Christian Labrot und Klaus Delatron, Goodyear Dunlop Tires Germany (von links) EG-Road-Package

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