Brüssel. Vor der Ratifizierung des Brexit-Handelspakts im Europaparlament hat der Bundesverband der Deutschen Industrie die britische Regierung dringend ermahnt, das Abkommen einzuhalten. „Es ist absolut kontraproduktiv, dass der britische Premierminister fortwährend mit Vertragsbruch droht“, sagte BDI-Hauptgeschäftsführer Joachim Lang der Deutschen Presse-Agentur. Nur Vertragstreue stärke das Vertrauen in den Standort Großbritannien.
Unternehmen bräuchten mehr Rechtssicherheit, denn sie kämpften auch gut 100 Tage nach Abschluss des Brexits immer noch mit Zollformalitäten und logistischen Hürden, betonte der BDI-Vertreter. Selbst nach einer Zustimmung des EU-Parlaments bleibe aber das Investitionsrisiko hoch. „Die Gefahr bleibt bestehen, dass das Vereinigte Königreich Teile des Abkommens aussetzt oder sogar kündigt“, warnte Lang.
Abstimmung zu Handels- und Kooperationsabkommen steht bevor
Das Handels- und Kooperationsabkommen war am 24. Dezember 2020 geschlossen worden – nur eine Woche vor dem Ausscheiden Großbritanniens aus dem EU-Binnenmarkt und der Zollunion. Es wird seit 1. Januar vorläufig angewandt, doch erst an diesem Dienstag stimmen die Abgeordneten über die Ratifizierung ab. Das Ergebnis soll am Mittwoch vorliegen. Verärgert ist die EU, weil Großbritannien einige Klauseln des 2019 vereinbarten und bereits gültigen Austrittsabkommens noch nicht umgesetzt hat.
Der CDU-Europapolitiker David McAllister erinnerte daran, dass der Handelspakt bei Verstößen die Option von Sanktionen vorsieht, etwa die Erhebung von Zöllen und Quoten auf britische Waren. „Das Handels- und Kooperationsabkommen enthält weitreichende Möglichkeiten, damit beide Seite ihre rechtlichen Verpflichtungen einhalten“, sagte McAllister der „Welt“ (Dienstag).
Der neue Handelspakt legt fest, dass britische Waren grundsätzlich zollfrei und unbegrenzt in die EU eingeführt werden dürfen – und umgekehrt. Dennoch gibt es seit 1. Januar Zollformalitäten und Kontrollen. Unter anderem wird geprüft, ob Produkte wirklich hauptsächlich in Großbritannien hergestellt wurden und ob Lebensmittel geforderten Standards entsprechen. (dpa/ja)