Kiel. Die EU sollte nicht riskieren, dass der Streit über den Backstop für die Grenzregelung in Irland einen No-deal-Brexit verursacht. Deshalb sollte Brüssel jetzt einen Kompromiss vorschlagen, der den Briten ein Kündigungsrecht für den Backstop einräumt, argumentieren die beiden IfW-Forscher Gabriel Felbermayr und Ulrich Stolzenburg in einem neuen „Kiel Focus“.
„Würde die EU dem Vereinigten Königreich ein einseitiges Kündigungsrecht für den Backstop mit einer Kündigungsfrist von zwei Jahren einräumen, könnte sie der Regierungsmehrheit im britischen Parlament eine Zustimmung zum Austrittsabkommen deutlich erleichtern“, so Ulrich Stolzenburg, Forscher im Prognosezentrum des IfW Kiel. Damit wäre eine unerwünschte Zollgrenze in Irland mindestens bis zum Jahr 2023 ausgeschlossen. Das Vereinigte Königreich verbliebe zunächst bis Ende des Jahres 2020 im Europäischen Binnenmarkt. Falls sich bis dahin keine Lösung für die Ausgestaltung der zukünftigen wirtschaftlichen Beziehungen mit der EU herausbilden sollte, blieben die Briten in der Zollunion bis eine einvernehmliche Lösung für ein neues Arrangement gefunden wäre.
Brexit-Prozess von Anfang an falsch aufgesetzt
Eine unilaterale Kündigung des Backstop mit der Folge eines späteren Verlassens der Zollunion – und damit die Wiederauflage der ungelösten irischen Grenzfrage – wären zwar immer noch möglich, aber es wäre dann nicht mehr eine Klippe, auf die das Vereinigte Königreich derzeit quasi unaufhaltsam als automatisches Ereignis zusteuert.
Der Brexit-Prozess sei von Anfang an falsch aufgesetzt gewesen, weil er die Einigung über ein Austrittsabkommen vor die Regelung der künftigen Beziehungen gesetzt habe, kritisierte Gabriel Felbermayr, Präsident des IfW Kiel. Die EU solle sich jetzt auf die Briten zu bewegen, um einen No-deal-Brexit zu verhindern, empfiehlt er. (tb)