Verbände der bayerischen Transport- und Logistikbranche haben vor den Folgen gewarnt, die durch die dringend erforderlichen Renovierungsarbeiten an der Luegbrücke auf der österreichischen A13 Richtung Brenner auf die Branche zukommen können. Zum 1. Januar 2025 sollen die Renovierungsarbeiten beginnen und man sei „derzeit ratlos“, wie man sich auf eine solche Situation vorbereiten und sie dann auch meistern soll, so der Landesverband Bayerischer Spediteure (LBS), der Landesverband Bayerischer Transport- und Logistikunternehmen (LBT) und die IHK für München und Oberbayern in einer gemeinsamen Erklärung.
„Ein halbes Jahr vor Beginn der Baumaßnahmen, während der die Kapazitäten der Strecke dramatisch eingeschränkt sind, gibt es keine wirklich pragmatischen, grenzüberschreitenden und verlässlichen Lösungen für den absehbaren Dauerstau“, sagte Sabine Lehmann, die Geschäftsführerin des LBS.
„Eine der europäischen Hauptverbindungen zwischen Nord und Süd, Teil des Transeuropäischen Verkehrsnetzes (TEN-V), langfristig nur einspurig befahrbar: Unsere Mitgliedsunternehmen können in diesem Fall keine Lösungen aus ihrem über Jahre gesammelten Erfahrungswissen ableiten. Eine vergleichbare Situation hat es hier noch nicht gegeben“, so Lehmann. Man habe aber in den letzten Jahren gesehen, so Lehmann, die auf die seit Dezember 2021 andauernde Vollsperrung der A45 bei Lüdenscheid verweist, „weil die Rahmede-Brücke nur noch gesprengt werden konnte und nun neugebaut werden muss.“
Warentransport per Bahn keine Alternative
Es sei eine Ansammlung negativer Faktoren, die sich zu einem „katastrophalen Szenario“ addiert, ergänzt Stephan Doppelhammer, Hauptgeschäftsführer beim LBT. „Da ist zum einen die Dauer der Maßnahme. Die Arbeiten werden sich nicht über Wochen und Monate, sondern über Jahre hinziehen. Ohne dass, zum anderen, belastbare Ausweichrouten zur Verfügung stehen.“ Sowohl die Strecke über die Tauern als auch über die Schweiz seien ebenfalls am Rande der Kapazität.
Der Warentransport per Bahn falle als belastbare, zuverlässige Ersatzlösung ebenfalls aus. „Angebote wie die Rollende Landstraße verfügen insgesamt nur über geringfügige Kapazitäten, gemessen am Transportvolumen auf dieser Route. Gleiches gilt für den aktuellen Stand im unbegleiteten kombinierten Verkehr“, so Lehmann und Doppelhammer über Beobachtungen und Rückmeldungen aus Mitgliedsunternehmen. „Wer diesen Weg nutzen kann, der nutzt ihn schon jetzt.“
Georg Dettendorfer, Unternehmer und Vorsitzender im Verkehrsausschuss der IHK München und Oberbayern, sieht angesichts dieser Ausgangslage und der erwarteten Einschränkungen auf der Luegbrücke „innerhalb unserer betrieblichen Möglichkeiten kaum einen Ansatzpunkt, wie wir Verkehre über den Brenner zuverlässig disponieren und durchführen können“. Dies gelte für alle Unternehmen der Branche –diesseits und jenseits des Alpenpasses.
Prinzip Blockabfertigung sei doppelt kritisch
Beide Branchenverbände stellen die Renovierungsmaßnahmen selbst nicht in Frage. „Es ist eine Frage der Sicherheit und Belastbarkeit von Infrastruktur, für die ein Betreiber wie die Asfinag einstehen und eine nachhaltige Antwort liefern muss. Diese muss in jedem Fall kreativer ausfallen als eine reine Sperrung“, sagte Lehmann. Vor diesem Hintergrund sehen die beiden Verbände das praktizierte Prinzip „Blockabfertigung“ als doppelt kritisch, weil es das Problem nicht löst, sondern nur verschiebt – und damit verschlimmert. „Das belastet natürlich dann umso mehr die regionale Wirtschaft im bayrischen Inntal sowie das über- und untergeordnete Verkehrsnetz dazu“, sagte Dettendorfer.
Da auch Optionen wie das von der Politik ins Spiel gebrachte und propagierte Slot-System für die Route wegen nötiger Verträge und dem aufwendigen Aufbau einer technischen Infrastruktur weder kurz- noch mittelfristig für Abhilfe sorgen können, braucht es aus Sicht von LBS und LBT „dringend und zeitnah eine ideologiefreie Verständigung darüber“, wie vorhandene Hürden für die Dauer der Arbeiten beseitigt werden können. „Wir sehen da vor allem das Nachtfahrverbot, das angesichts der Lkw mit modernsten, geräusch- und emissionsarmen Antrieben aufgehoben werden könnte“, sagen Lehmann und Doppelhammer. „Mit z. B. niedrigen Tempolimits ließe sich eine für alle Betroffenen vertretbare Lösung herbeiführen.“
Dies sei vor allem deshalb überlegenswert, weil sich die Gütertransporte den Weg über den Brenner mit einem schon seit Längerem massiv gewachsenen Individualverkehr teilen müssen – in beide Richtungen. Wenn die Infrastruktur die bisherigen Belastungen physisch und kapazitativ nicht mehr aushalte, müsse man die Zeitfenster betrachten, in denen die Autobahn-Brücke genutzt werden kann.
Alpenquerender Warenverkehr vor Zerreißprobe
Aus Sicht der IHK München und Oberbayern stellen die stark verringerten Kapazitäten auf der wichtigen Achse zwischen den Märkten auf beiden Seiten der Alpen den Warenverkehr vor eine Zerreißprobe. „Die eng miteinander verbundenen Volkswirtschaften der Anrainerländer könnten sicher eine kurzfristige Belastung verkraften“, so Dettendorfer. „Für die seitens der Asfinag anvisierte Dauer von mindestens fünf Jahren bis zur Wiederinbetriebnahme der Brücke ist ein Fahren auf Sicht eindeutig zu lang.“
In diesem Fall drohen laut der IHK derzeit noch nicht bezifferbare wirtschaftliche Schäden für Bayern, das mit einem Handelsvolumen von 28 Milliarden Euro viertgrößter Handelspartner Italiens ist, bei Lebensmitteln sogar die Nummer eins.