Wiesbaden. Fluglärm tagsüber, vorläufige Stille in einer kurzen Nachtruhe - der hessische Landtag hat am Dienstag heftig über die Lage seit Inbetriebnahme der neuen Frankfurter Landebahn gestritten. Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) und Sprecher des Regierungslagers sagten zu, den Lärm nach Möglichkeit wieder zu reduzieren. Es bleibe aber dabei, dass bei der Frage von Nachtflügen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts abgewartet werde. „Was wir brauchen, ist eine höchstrichterliche Entscheidung", sagte Bouffier.
Die SPD hatte die Sondersitzung des Parlaments in Wiesbaden beantragt, um eine Neuauflage des Anti-Lärm-Pakts einschließlich eines vollständigen Nachtflugverbots vorzuschlagen. „Erneuern wir das Mediationsergebnis!" forderte der sozialdemokratische Fraktionschef Thorsten Schäfer-Gümbel. Er hielt CDU und FDP vor, ihr Versprechen eines Nachtflugverbots gebrochen zu haben.
Die Baugenehmigung für die neue Landebahn von 2007 sah im Regelfall 17 Nachtflüge in Frankfurt vor, vor allem Frachtflüge der Lufthansa. Derzeit ruht der Flugbetrieb nachts aufgrund eines Urteils des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs (VGH). Die Landesregierung hat gegen den Spruch der Richter in Kassel aber Revision beim Bundesverwaltungsgericht eingelegt. In Leipzig soll im kommenden März verhandelt werden.
Bouffier und die Fraktionsvorsitzenden Christean Wagner (CDU) und Florian Rentsch (FDP) listeten auf, welche Stellschrauben beim Fluglärm noch bewegt werden könnten. Dazu zählten steilere An- und Abflugwinkel, höhere Gebühren für laute Flugzeuge, baulicher Schallschutz am Boden. Rentsch betonte, wenn Leipzig auf null Nachtflüge entscheide, dann werde es bei null Flügen bleiben.
Auf der neuen Bahn wird seit Ende Oktober tagsüber gelandet, der Fluglärm trifft nun noch mehr Orte in Rhein-Main. „Teile der Stadt Flörsheim sind bei Ostwind faktisch unbewohnbar geworden", beklagte der Grünen-Fraktionsvorsitzende Tarek Al-Wazir. Die Regierung habe es versäumt, sich rechtzeitig mit Schallschutz zu befassen. „Wir könnten schon längst steilere Anflugwinkel haben. Wir brauchen das nicht irgendwann, wir brauchen das jetzt."
Der Linken-Vertreter Hermann Schaus forderte: „Die Landesregierung muss sich endlich glasklar zum Nachtflugverbot bekennen." Vor dem Landtag demonstrierten etwa 100 Bürger gegen den gestiegenen Fluglärm. Die Sitzung des Parlaments wurde von ungewöhnlich starken Polizeikräften bewacht. (dpa)