Berlin. Das Güterkraftverkehrsgewerbe fühlt sich von der Bundesregierung und den Lkw-Herstellern beim Thema Antriebswende alleingelassen. Das ließ Dirk Engelhardt, Vorstandssprecher des Branchenverbandes BGL, am Mittwoch bei einem Pressegespräch in Berlin durchblicken. „Das Gewerbe will seinen Beitrag zum Erreichen der Klimaziele leisten“, sagte er, „wir brauchen aber klare Leitplanken von der Politik, was wir kaufen sollen.“ Er zeigte sich enttäuscht, dass selbst von Verkehrspolitikern in nichtöffentlichen Gesprächen empfohlen werde, doch vorerst weiter saubere Diesel-Lkw zu kaufen.
Aus Engelhardts Sicht kann aktuell keines der bisher auf dem Markt erhältlichen Lkw-Konzepte mit alternativen Antrieben überzeugen. Beim Erdgas-Lkw (CNG/LNG) gebe es keinen funktionierenden Markt für Gebrauchtfahrzeuge; ein Unternehmer, der heute ein solches Fahrzeug kaufe, müsse sich mit der Option abfinden, dass er es bis zum Lebenszeitende einsetzen muss. Speziell bei Flüssigerdgas (LNG) sei außerdem das Tankstellennetz für einen freizügigen Einsatz noch zu dünn. Enttäuscht sei er, dass Erdgas-Lkw bisher nur von ausländischen Herstellern angeboten werden. Im übrigen komme es für die CO2-Ersparnis bei Erdgas stark darauf auf, wie das Gas gewonnen wird – bei Fracking-Erdgas aus den USA könne die Klimabilanz sogar negativ sein.
Batterieelektrische Lkw sieht Engelhardt wegen der geringen Reichweite von 200 Kilometer nur im Verteilerverkehr. Die Fahrzeuge seien aber noch drei Mal so teuer wie ein Diesel-Lkw, zudem fehle es an Lkw-tauglicher Ladeinfrastruktur. Keine Erkenntnisse hat Engelhardt darüber, warum der Oberleitungs-Lkw in der Endfassung des Klimaschutzprogramms nur noch als Prüfauftrag vorkommt. In einer Entwurfsfassung war noch die Rede davon, dass 4000 km Autobahnen elektrifiziert werden sollen.
Perspektive für den Brennstoffzellen-Lkw
Dem Brennstoffzellen-Lkw billigt Engelhardt eine gewisse Perspektive zu. Den Feldversuch von des Fahrzeugherstellers Hyundai und der Handelskette Migros in der Schweiz werde man aufmerksam beobachten. Er machte allerdings darauf aufmerksam, dass Hyundai den Preis für die Brennstoffzellen-Lkw in diesem Versuch auf das Niveau von Diesel-Lkw heruntersubventioniert habe.
Im übrigen stehe und falle jegliche klimafreundliche Elektrifizierung des Lkw-Verkehrs mit der Verfügbarkeit von regenerativ erzeugtem Strom. Nach Berechnungen des BGL müssten rund 55.000 Windkraftanlagen - beim aktuellen Größenmix - zusätzlich entstehen, um den Strombedarf des Lkw-Verkehrs zu decken.
Engelhardt forderte daher ambitionierte CO2-Flottengrenzwerte für die Lkw-Hersteller, eine massive Förderung für den Kauf klimafreundlicher Fahrzeuge sowie eine CO2-basierte Maut in Verbindung mit vom CO2-Preis-befreitem Gewerbediesel, um einen fairen Wettbewerb mit Lkw aus Billigsprit-Ländern zu ermöglichen. „Die Politik weiß, dass sie da etwas machen muss.“ (roe)