Frankfurt am Main. Ungewohntes Bündnis zwischen dem Bundesverband Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL) und Verdi (Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft): Der Interessenverband der Fuhrunternehmer und die Gewerkschaft verkündeten heute in Frankfurt auf einer gemeinsamen Pressekonferenz, zusammen gegen eine weitere Liberalsierung des EU-Straßengüterverkehrmarktes vorgehen zu wollen.
BGL und Verdi befürchten, dass eine weitere Öffnung der bestehenden Vorschriften massive negative Auswirkungen auf die Arbeits- und Lebensbedingungen der Berufskraftfahrer in Europa hätte und zu unlauterem Wettbewerb führen könnte. Schon derzeit beobachtet der BGL, dass die Unternehmen Fuhrparkflotten in die Staaten mit geringeren Steuer- und Sozialabgaben verlagern und dies zu einem intensiver werdendem Sozialdumping führt. Um hier einen Riegel vorzuschieben, fordert der BGL unverzüglich eine Harmonisierung der nationalen Rechtsvorschriften. Davon erhofft sich der Verband eine Marktkonsolidierung und Wettbewerbsangleichung.
Die Zeit für eine Freigabe der Kabotage ist noch nicht reif
Nach Ansicht von BGL und Verdi ist es für die Umsetzung der Freigabe der Kabotage, wie es die EU-Kommission langfristig anstrebt, noch zu früh. Die Hausaufgaben für einen solchen Schritt seien noch nicht erledigt. „Das Steuer- und Sozialgefälle zwischen den Mitgliedsstaaten ist noch viel zu hoch. Wir wollen einen nachhaltigen europäischen Binnenmarkt, der gute Lebens- und Arbeitsbedingungen für alle Menschen in Europa schafft“, sagte die stellvertretende Verdi-Vorsitzende Andrea Kocsis.
Einheitliche gesetzliche Mindestlöhne werden nach Ansicht des BGL zur Lösung der Probleme nicht ausreichen. „Das Aushandeln von Löhnen – auch von Mindestlöhnen – ist Sache der Tarifpartner und nicht des Gesetzgebers und sollte dies auch bleiben“, sagte BGL-Präsident Adalbert Wandt. Zur Durchsetzung von Mindestlöhnen im EU-Binnenmarkt seien praktische Probleme zu lösen. So müssten Antworten gefunden werden auf Frage wie: Wie können Mindestlöhne durchgesetzt werden? Wer kontrolliert künftig die Abrechnung von Fahrerlöhnen – etwa in Lettland – für in Deutschland geleistete Fahrerstunden? „Das sind keine einfachen Fragen, die aber innerhalb der EU gelöst werden müssen“, betonte Wandt.
Verdi sieht in einem Mindestlohn von 8,50 Euro in Deutschland einen wirksamen Schutz
Um Lohn- und Sozialdumping im europäischen Straßengüterverkehr zu verhindern, sieht Kocsis in einer altbekannten Forderung der Gewerkschaft ein wirksames Instrument: „Ein einheitlicher gesetzlicher Mindestlohn in Höhe von 8,50 Euro wäre in Deutschland der einfachste und effektivste Schutz. Die Politik ist aufgefordert, hier endlich zu handeln“, sagte die Verdi-Frau. (cd)
Peter Budweg