Frankfurt. Der Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) hat einen Lagebericht zum sogenannten Sektoralen Fahrverbot veröffentlicht. Darin weist er auf auf mögliche Gefahren gerade für familiengeführte deutschen Transportbetriebe hin. Seit Januar 2020 wurde die Brenner-Route weitgehend auch für den Lkw-Transit mit Lkw der saubersten Schadstoffklasse Euro VI gesperrt. Laut BGL können somit 83,4 Prozent aller deutschen Lkw die Route nicht mehr befahren.
Wirtschaftliche Auswirkungen
Der BGL geht davon aus, dass die betroffenen Transportunternehmen mit Umsatzeinbußen von rund 40 Prozent rechnen müssten, da sich sowohl Transportdauer durch die zusätzliche Nutzung der Rollenden Landstraße (RoLa) und damit auch die Personalkosten verdoppeln würden. Durch die zusätzlichen Personalkosten würden sich demnach auch die Transporte um 30 Prozent verteuern.
Unternehmer, die hauptsächlich Verkehre von Deutschland nach Italien durchführen, könnten trotz eines Fuhrparks mit Fahrzeugen im Euro-VI-Standard über die Hälfte ihres Fuhrparks nicht einsetzen, da ein Großteil der Fahrzeuge nicht unter die Ausnahmeregelung (Erstzulassung nach 1. September 2018) fällt. Diese Fahrzeuge stünden aktuell still und seien somit totes Kapital, so der Verband.
Auswirkung auf Fahrersituation
Der Fahrermangel könnte sich verschärfen. Durch die deutlich längeren Stand- und Wartezeiten und zusätzlich notwendig werdende Lenkzeitunterbrechungen, würden die Fahrer unzufriedener. Hinzu käme, dass durch das zusätzliche Tiroler Samstagfahrverbot Fahrer vermutlich häufig am Wochenende nicht mehr nach Hause kommen.
Auswirkungen auf die Kundenbeziehungen und logistische Abläufe
Der Verband stuft die RoLa als wenig zuverlässiges Transportmittel ein, da sie oft über zu wenig Kapazität verfüge und in Stoßzeiten schnell ausgebucht sei. Das erschwere den Transportunternehmen die Planung. Hinzu käme, das „Unbegleiteter kombinierter Verkehr“ (UKV) von 90 Prozent der Transportunternehmen nicht genutzt werden könnte wegen mangelnder Kapazität und fehlender Organisation des Vor- und Nachlaufs. Zum Beispiel sei nicht geregelt, wer im Anschluss an Schienentransport die Ladeeinheit in Italien übernimmt. Auch seien bestimmte vom Sektoralen Fahrverbot betroffene Güter nicht für den Bahntransport geeignet, beispielsweise hochwertige Fliesen.
Die Folge seien Leerfahrten, wenn nach einem erlaubten Transport nach Italien (Lebensmittel) keine Ladung für die Rückfahrt gefunden wird. Die Auftraggeber würden die entstehenden Mehrkosten nicht tragen, die Unternehmen sich vornehmlich auf erlaubte Transportgüter konzentrieren. Außerdem sei es nicht immer klar, ob die Ladung zu einer vom Fahrverbot betroffenen Gütergruppe gehört.
Auswirkungen auf die Wettbewerbssituation
Der BGL kritisiert, dass Tiroler Transportunternehmer die Transporte ohne Kostensteigerungen übernehmen könnten, da sie das Fahrverbot über die Ausnahmen für Quell- und Zielverkehre umgehen könnten. Wettbewerbsvorteile sieht der Verband auch bei den osteuropäischen Unternehmen, da sie den zusätzlichen Zeitaufwand durch die RoLa-Nutzung mit geringeren Löhnen besser kompensieren könnten. (fa)