Bewährungsprobe

Lange Jahre war der Stückgutmarkt in Deutschland fest verteilt: Neben Unternehmen wie Dachser, DB Schenker und Deutsche Post DHL Group sind in diesem Geschäft nach wie vor etliche Stückgutkooperationen wie Cargoline, CTL, IDS Logistik, System Alliance, VTL und 24plus tätig, um nur einige Beispiele zu nennen. Heppner macht in Deutschland ernst Doch eben dieser Markt ist aktuell wieder einmal massiv in Bewegung. Nicht zuletzt, weil namhafte Speditionsunternehmens-Größen, insbesondere aus den Nachbarländern, kräftig in Deutschland Rosinen picken und etablierte Mittelständler aufkaufen. Jüngster Coup hier: die französische Heppner Gruppe hat im September soeben die Übernahme der Stückgutspedition ABC Logistik (250 Mitarbeiter, 27 Millionen Euro Umsatz) mit Sitz in Düsseldorf und Krefeld bekannt gegeben. Dank ABC Logistik verstärkt sich das französische Speditions- und Logistikunternehmen damit im Westen Deutschlands und ist nun mittlerweile mit zwölf eigenen Standorten hierzulande präsent. Mit ABC Logistik im Gepäck wächst die Heppner Gruppe im deutschen Stückgutmarkt also weiter - zumal die ABC Logistik auch etliche ihrer Verkehre in das Netz der Speditionskooperation CTL einspeist. Ob diese Übernahme nun der Auftakt zu weiteren Akquisitionen ist, und ob Hepper in Deutschland gar ein neues Stückgutnetz etablieren will, erläutert Ghislain Fernandez, International Managing Director und für die deutschen Niederlassungen von Heppner zuständig, im Interview auf Seite 22. Raben weitet Engagement durch Zukäufe aus Weiterhin auf Expansionskurs in Deutschland ist auch das Unternehmen Raben Group. Der vormalige System-Alliance-Gesellschafter Raben ist zwar bereits seit 2017 in Deutschland mit eigenem Stückgutnetz präsent - nicht zuletzt durch Zukäufe etlicher regionaler Platzhirsche. Doch offenbar ist der Hunger von Raben-CEO Ewald Raben hierzulande noch nicht gestillt. So übernahm er nun vor wenigen Wochen auch Luible Logistik in Leipheim bei Günzburg, ein Speditions- und Logistikunternehmen mit 55 eigenen Lkw, 130 Mitarbeitern und rund 14 Millionen Euro Jahresumsatz, das auch im Sammelgutgeschäft stark ist. Neben Raben Group weitete auch der österreichische Speditions- und Logistikkonzern Gebrüder Weiss seine Aktivitäten in Deutschland weiter aus und verkündete vor wenigen Wochen den Kauf der Spedition Lode in Waldkraiburg. Lode ist mit 60 Mitarbeitenden vor allem auf Landverkehre, Distributions- und Lagerlogistik spezialisiert sowie Gesellschafter der Stückgutkooperation 24plus. Ob Gebrüder Weiss damit auch Gesellschafter von 24plus wird, stand zum Redaktionsschluss der VerkehrsRundschau nicht fest. Der Antrag sei zwar gestellt, heißt es seitens Gebrüder Weiss, die Gesellschafterversammlung von 24plus müsse aber noch darüber befinden. Was spannend werden dürfte - denn auch die österreichische Spedition Lagermax zählt zum Gesellschafterkreis der Kooperation. Damit nicht genug: Zum 1. September kam 24plus mit Stefan Rehmet überraschend auch der Geschäftsführer abhanden. Eine Lücke, die bislang nicht - zumindest nicht offiziell - geschlossen ist. Dem Vernehmen nach soll aber zum 1. Oktober Markus Engler, der bislang bei Palletways die Leitung Operations/Hub innehat, Rehmet als 24plus-Geschäftsführer nachfolgen. Fest steht nur: Wann immer Partner, aus welchen Gründen auch immer, aus mittelständischen Speditionsverbünden ausscheiden, wird es zunehmend schwierig, wenn nicht gar unmöglich, weiter entstehende Lücken im Netz zu schließen. Darauf verweist Jörn Peter Struck, Geschäftsführer der Stückgutkooperation Cargoline in Frankfurt/Main. Vor diesem Hintergrund sei es durchaus denkbar, urteilt der Branchenkenner, dass Spediteure zunehmend für mehrere Netzwerke tätig sind. Beispielloser Domino-Effekt droht Für weitaus mehr Unruhe und Spekulationen im deutschen Stückgutmarkt sorgt aber aktuell der dänische Transport- und Logistikkonzern DSV. Schon seit vielen Jahren wirbelt das Unternehmen durch zahlreiche Zukäufe namhafter Anbieter, wie etwa zuletzt von Panalpina, den Speditions- und Logistikmarkt durcheinander. "Es gibt nicht viele Player, die überhaupt infrage kommen, deswegen kann ich mir durchaus vorstellen, dass DSV seine Fühler auch Richtung DB Schenker ausstreckt", kommentiert Struck aktuelle Branchen-Spekulationen zu diesem Thema. "Vor den Bundestagswahlen passiert das natürlich nicht mehr. Sollte es aber zu dem DSV-Schenker-Deal kommen, dann hätte dies massive Folgen auf den deutschen Stückgutmarkt. Struck wörtlich: "Das würde einen beispiellosen Domino-Effekt in den Netzwerken auslösen und auch die Kooperationen-Landschaft betreffen." Dessen Folgen wolle er sich nicht ausmalen. "Da sind unzählige Szenarien möglich." So ist DSV Teil eines mittelständischen Stückgut-Kooperationsnetzwerks. Sollte DSV dort tatsächlich als Gesellschafter ausscheiden, wäre der Domino-Effekt im vollen Gange. "Und dies verschärft den Druck auf die Spediteure zusätzlich", meint Geschäftsführer Struck. Dies sei für viele Unternehmen gefährlich, weil trotz des aktuellen Sendungsmengen-Booms die Renditen im Stückgutgeschäft nach wie vor oft nicht auskömmlich seien. Erschwerend kommt hinzu, dass die Stückgutspeditionen derzeit mit einem massiven Strukturwandel zu kämpfen haben. So werden die Sendungen, nicht zuletzt getrieben durch den E-Commerce, immer kleinteiliger. Gleichzeitig steigt die Anspruchshaltung der Auftraggeber, auch durch die Neuerungen im B2C-Segment verwöhnt, in puncto Service und Preisgestaltung weiter an. Auf der anderen Seite leiden die Speditionsdienstleister weiter unter massivem Fahrer- und Laderaummangel - was die Kosten weiter treibt. "Sie müssen also einerseits den steigenden Kundenbedürfnissen gerecht werden und andererseits ihre Probleme in der Produktion in den Griff bekommen", weiß Cargoline-Geschäftsführer Struck. Sprich: Die Unternehmen stünden unter einem massiven Druck. "Für uns Kooperationen macht es dies natürlich nicht einfacher", unterstreicht er. "Es wird immer schwieriger, tüchtige Speditionspartner für unser Netz zu finden." Allein für Cargoline suche er innerhalb der nächsten 24 Monate, erklärt Struck, "mindestens vier bis fünf regionale Speditionen, um die steigenden Mengen zu bewältigen." Mehr zum Thema finden Sie unter #Stückgut www.verkehrsrundschau-plus.de/hashtag In Kürze Es knirscht im deutschen Stückgutmarkt. Auch weil Speditionen aus den benachbarten Ländern hierzulande Rosinen picken und etablierte Mittelständler aufkaufen. Welche Player hier in den vergangenen Wochen aktiv wurden, und welche Folgen dies auf den Markt haben könnte, zeigt der Artikel. "Wir werden dank unserer Partner verstärkt nationale Verkehre entwickeln" (Ghislain Fernandez, International Managing Director und zuständig für die deutschen Niederlassungen von Heppner) Warum hat die Heppner Gruppe die Spedition ABC Logistik gekauft? Wir sichern uns mit ABC Logistik in Düsseldorf und Krefeld eine starke Position in Nordrhein-Westfalen und werden so unsere internationalen Verkehre nach Deutschland und umgekehrt nach Frankreich ausbauen. Unser langjähriger Partner (Anm. der Redaktion: L.W. Cretschmar) in dieser Region wurde im vergangenen Jahr von einer großen Gruppe (Anm.: Rhenus Freight) übernommen. Wie viele Standorte hat Ihr Unternehmen nun mit ABC Logistik und wo konkret? Wir sind jetzt an zwölf eigenen Standorten mit Stückgut-Aktivitäten präsent, also in Kehl, Stuttgart, Frankfurt/Main, München, Singen, Neu-Ulm, Mannheim, Haan, Düsseldorf, Krefeld, Gronau, Berlin. Zudem haben wir zwei Logistik-Standorte in der Region Gronau. Wie wollen Sie Ihre weißen Flecken in Deutschland nun schließen? Eigentlich haben wir im deutschen Stückgutmarkt keine weißen Flecken mehr. Mit ABC Logistik und Hamacher fühlen wir uns hierzulande sehr gut aufgestellt. Das heißt, Sie schließen weitere Zukäufe in Deutschland aus? Wir planen hier keine weiteren Übernahmen. Wir sind aber aufmerksam. Wenn sich die Marktsituation verändert, sind wir da flexibel. Planen Sie ein eigenes Stückgutnetz in Deutschland wie die Raben Group? Nein. Das planen wir nicht. Wir haben unsere zwölf eigenen Standorte und arbeiten hier mit strategischen Partnern wie Koch International zusammen sowie mit Stückgutkooperationen wie CTL, INV und VTL. Bei wie viel Umsatz wird Heppner in 2021 landen, und welche Umsatzziele peilen Sie mittelfristig an? Insgesamt erwirtschaftete unser Unternehmen in 2020 einen Umsatz von 710 Millionen Euro - davon entfielen 100 Millionen Euro Umsatz auf Deutschland. Inklusive des Umsatzes von ABC Logistik dürften wir in diesem Jahr also rund 130 Millionen Euro Umsatz machen. Und über die gesamte Gruppe gesehen rechnen wir in 2021 insgesamt mit 780 bis 800 Millionen Euro Umsatz. Welche Strategie verfolgt Heppner? Wir sind Spezialist für Deutschland-Frankreich-Verkehre und umgekehrt. Auf diese Verkehre fokussieren wir uns weiterhin. Zusätzlich wollen wir dank ABC Logistik und unseren Partnern verstärkt nationale Verkehre entwickeln. Zudem werden wir unsere Verkehre zwischen unseren Standorten, die wir in den Niederlanden und Spanien haben, weiter ausbauen. Das ist unsere Strategie. eh

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