Bericht aus Brüssel

Bericht aus BrüsselOhne Allianzenkeine PolitikLobby-Arbeit bei der EU in Brüssel ist für die deutsche Logistikbranche zentral. Hier fallen viele wichtige Entscheidungen, die später den Alltag in Deutschland bestimmen. Die Möglichkeiten der Einflussnahme sind zahlreich. Bayer, Tetra Pack, Greenpeace und sogar die Evangelische Kirche: Wenn bei der EU in Brüssel Gesetze vorbereitet und verabschiedet werden, sind sie alle dabei. Die belgische Hauptstadt ist ein Zentrum der weltweiten Lobby-Arbeit. Nur in Washington D. C. (USA) soll es mehr Lobby-Büros als in Brüssel geben. Wie viele es hier jedoch genau sind, weiß keiner. Mindestens 15.000 sagen die einen, von bis zu 50.000 sprechen die anderen.Verbände unterschiedlich aufgestelltMitten unter ihnen sind auch die Vertreter des deutschen Verkehrssektors. Dabei haben der Bundesverband Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL) und der Deutsche Speditions- und Logistikverband (DSLV) nach außen hin unterschiedliche Formen gewählt. Betreibt der BGL ein eigenes kleines Büro in Brüssel, so lässt sich der DSLV über den europäischen Dachverband Clecat vertreten. „Wenn die gleichgerichteten Interessen der nationalen Speditionsverbände gebündelt über Clecat vorgetragen werden, sind die Chancen, gehört zu werden und etwas zu bewegen, deutlich höher, als wenn jeder für sich alleine kämpft“, begründet Frank Huster, stellvertretender DSLV-Hauptgeschäftsführer und Clecat-Schatzmeister, die Wahl seines Verbandes. „Bei aller Verbundenheit zu paneuropäischen Organisationen muss man jederzeit bereit sein, eigene Interessen auch selbst zu vertreten“, sagt dagegen Karlheinz Schmidt, Hauptgeschäftsführer vom BGL. Mit den europäischen Schwesterverbänden sei man gleichzeitig gut vernetzt, der BGL außerdem Mitglied im Verbindungsausschuss der International Road Transport Union (IRU), die ebenfalls in Brüssel ein Lobby-Büro betreibt. Für Verbände wie BGL und DSLV sei die Arbeit vor Ort in Brüssel zentral. „Verkehrspolitik wird national vielfach nur noch gestaltet, aber immer öfter in Brüssel gemacht“, bringt es Schmidt auf den Punkt. Das sei vor allem in der Verkehrs-, Sozial-, Umwelt- und Fiskalpolitik der Fall. Alle sind für BGL und DSLV wichtig. „Die meisten deutschen Gesetze dienen der Umsetzung von EU-Verordnungen und Richtlinien“, sagt Huster. Diese würden sich unmittelbar auf die Verbands-Mitglieder auswirken. Die EU-Vignettenrichtlinie, die Umsetzung der AEO-Anforderungen oder die Vorschriften zur Luftfrachtsicherheit nennt er als Beispiel.In der Praxis funktioniert Lobby-Arbeit über viele Wege. Am besten sei es, so früh wie möglich in ein potenzielles Gesetzgebungsverfahren einzugreifen, sagt Huster. Also auf Ebene der EU-Kommission, wo die Vorschläge erarbeitet werden. Dabei sind offizielle Stellungnahmen bei den öffentlichen Befragungen genauso wichtig wie persönliche Gespräche mit Mitarbeitern der EU-Kommission. Diese treffen die Lobbyisten entweder offiziell oder weniger offiziell in einem Restaurant oder bei einer der zahlreichen Abendveranstaltungen im Brüsseler EU-Viertel. Wichtig sei vor allem, Allianzen zu schließen, sagt Schmidt. Denn: „Ohne Allianzen funktioniert keine Politik, die immer noch von Menschen für Menschen gemacht wird.“ ❙❚■ Kay Wagner, VR-Korrespondent in BrüsselBrüssel ist der Knotenpunkt der europäischen Verkehrspolitik und zugleich Sitz vieler LobbyistenBGL und DSLV haben auf Anfrage folgende EU-Vorhaben als Beispiele erfolgreicher Lobby-Arbeit in jüngster Zeit genannt:Abwehr einer LKW-Abgabe in Höhe von 75 Cent pro Kilometer für die Verursachung von Staus (BGL)Abwehr der Vorschrift, Dieselkraftstoff immer 15 Prozent höher zu besteuern als Vergaserkraftstoff (BGL)Abwehr der 40-Stunden-Lenkzeit-Woche (BGL)Abwehr des Kommissionsvorschlags für ein aufwendiges Auditierungs- und Zertifizierungssystem zur Lieferkettensicherheit nach AEO-Vorbild für innereuropäische grenzüberschreitende Beförderungen (DSLV)Gegenseitige Anerkennung zwischen USA und EU ihrer jeweiligen Systeme für zugelassene Wirtschaftsbeteiligte C-TPAT und AEO (DSLV) kw

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