Automatisches Hochregal

Automatisches Hochregal Hammesfahr fährt Aerosole ins Hochregal Der Logistikdienstleister Hammesfahr lagert unter anderem Aerosole im automatischen Hochregal – weil es wirtschaftlich und sicher ist. Wie die Sechs-Millionen-Investition funktioniert. Wolkenkratzer entstehen, weil Flächen entweder knapp oder teuer sind oder beides. Ganz ähnlich erging es dem mittelständischen Logistikdienstleister Wilhelm Hammesfahr – bei ihm wurde die Fläche knapp. Seit 1934 sind die Logistiker aus Monheim am Rhein für den Konsumgüterhersteller Henkel aktiv. Seit 1987 betreiben sie für dessen Kosmetiksparte das Zentrallager für Deutschland. Aus dem Lager versorgt Hammesfahr den Handel in Deutschland mit Kosmetik-Produkten von Henkel. „Bei der Firma Henkel wurde unter ökologischen und ökonomischen Gesichtspunkten die strategische Entscheidung getroffen, den Produktionsausstoß per Bahn abzutransportieren“, erläutert Herbert Vogel, Betriebsleiter bei Hammesfahr. Gut für die Monheimer: Sie verfügten über den benötigten Gleisanschluss und konnten so zusätzliches Geschäft gewinnen – den Export der Beauty-Care-Produkte von Henkel in Länder, in denen Henkel keine eigenen logistikaffinen Standorte unterhält. Schlecht für die Monheimer: Die vorhandenen gut 54.000 Palettenstellplätze im Blocklager und in Einfahrregalen reichten nicht mehr. Neue Stellplätze mussten also her und da der Platz am Standort begrenzt ist, ging es in die Höhe. Binnen sieben Monaten baute Hammesfahr mit dem Lagertechnikanbieter Daifuku auf 3100 Quadratmetern ein 21 Meter hohes, doppelttiefes automatisches Hochregallager mit 16.000 Palettenplätzen. In dem neuen fünfgassigen Lager werden unter anderem auch Aerosole – also Druckgasbehälter, wie sie beispielsweise für Haarspray oder Deo verwendet werden – bevorratet. Die Leistung der Lagertechnik liegt bei etwa 200 Paletten pro Stunde „Wir haben in die Anlage rund sechs Millionen Euro investiert“, sagt Vogel. Aber nicht nur der Bau des Lagers war sportlich. Auch den Ausbau von 400 Metern Bahnanbindung inklusive aller Genehmigungen hat Vogel mit seinem Team in sechs Monaten gestemmt. „Die Referenzbesuche bei Canon und Hitachi haben uns letztendlich überzeugt“, berichtet Vogel. Bei Canon in Amstelveen hatte Daifuku vor einigen Jahren ein ebenfalls 21 Meter hohes Automatiklager implementiert, bei Hitachi in Oosterhout ist ein doppelttiefes Hochregallager im Einsatz. Doppelttief halbiert die Gangzahl Die doppelttiefe Lagerung hat den Vorteil, dass, verglichen mit der einfachtiefen Lagerung, für die gleiche Anzahl Palettenplätze nur halb so viele Gänge und Regalbediengeräte benötigt werden. Das spart Raum und Geld. „Damit wir möglichst wenig Nachteile bei der Umschlagleistung in Kauf nehmen müssen, haben wir uns eine spezielle Lagerstrategie überlegt“, erklärt der Betriebsleiter. In das Hochregallager kommen möglichst wenig unterschiedliche Produkte und die Lagersoftware steuert die Einlagerung so, dass in der Regel zwei gleiche Produkte hintereinander gelagert werden. Wenn das einmal nicht möglich ist, lagert die Anlage nachts automatisch um. Ein solches System funktioniert allerdings nur bei einem begrenzten Artikelspektrum. Gibt es zu viele verschiedene Artikel, steigt die Zahl der nötigen Umlagerungen. Die Anlage ist so konfiguriert, dass Schnelldreher größtenteils ins Blocklager geschickt werden und dort außerdem für alle Artikel ein Mindestbestand vorgehalten wird. „Auf diese Weise gewährleisten wir, dass wir den Lagerbetrieb jederzeit aufrechterhalten können“, erklärt Vogel. Ebenfalls im Boden-Block, in der Nähe des Versandbereichs, landet sogenannte Aktionsware, die in großen Mengen zu festgelegten Terminen ausgeliefert werden muss. Aerosole kommen dagegen aus Sicherheitsgründen immer ins Hochregallager (siehe Kasten). Das Automatiklager ist über einen Fördertechnikkreislauf in die übrigen Abläufe im Lager eingebunden. Ein Großteil der Wareneingänge kommt per Bahn an der Bahnentladestelle des Lagers an. Was auf den Paletten ankommt, erfährt die Lagersoftware von Hammesfahr per elektronischer Datenübertragung einen Tag vorher aus der Henkel-Produktion. So hat das System ausreichend Zeit, sich vor der Ankunft des Zuges zu überlegen, welche Paletten ins Hochregal, in den Boden-Block oder in ein Einfahrregal sollen. Trifft der Zug am Tag darauf ein, scannen Mitarbeiter die Paletten und avisieren so dem Lagerverwaltungssystem (LVS) die angekommenen Waren. Das LVS meldet den Mitarbeitern per Stimme über Kopfhörer zurück, wo sie die Palette einlagern sollen. Paletten, die für das Hochregallager bestimmt sind, werden mittels Stapler auf die Fördertechnik aufgesetzt und im Automatiklager eingelagert. Das Hochregallager hat zwei Löcher. Eines für den Wareneingang und eines für die Auslagerung. Dazwischen verwaltet und steuert sich die Technik vollautomatisch selbst. Sollen neue Paletten hinein, stehen dazu zwei Einfahrmöglichkeiten, sogenannte Stiche, zur Verfügung. Im Ausgang ist es einer. Hinzu kommt ein „NIO-Stich“ für Paletten, die nicht in Ordnung sind. Das sind Paletten, bei denen der Ladungsträger selbst nicht mehr maschinentauglich ist, zum Beispiel, weil ein Brett oder Klotz beschädigt ist. Oder es sind Paletten mit einem Konturenfehler. Der entsteht, wenn die Ware auf dem Ladungsträger verrutscht ist oder ein Karton übersteht. Alle Paletten werden daher vor ihrem Gang ins Hochregallager von Waagen und Scannern untersucht – die schlechten über den NIO-Stich wieder ausgeschleust und von den Lagermitarbeitern manuell wieder gerichtet oder auf eine neue Palette gesetzt. Umlagern verhindert Technikprobleme „So viele sind das aber nicht“, sagt Vogel. Sonst ließe sich das Hochregallager auch nicht sinnvoll betreiben. Anfangs habe es Lernprozesse gegeben, aber durch die enge Zusammenarbeit mit Henkel habe man die Fehlerquote schnell drücken können. Der Fördertechnikkreislauf hat einen weiteren Vorteil: Bei doppelttiefer Lagerung sind mitunter Umlagerungen der Paletten innerhalb des Lagers notwendig. Nach mehreren Umlagerungen wird die jeweilige Palette vom LVS automatisch einmal durch den Fördertechnikkreislauf geschickt, neu ausgerichtet und wieder eingelagert. „So gewährleisten wir nach zahllosen Umlagerungen mit jeweils minimalsten Verschiebungen, dass das Lastenaufnahmemittel die Palette weiterhin problemlos aufnehmen kann. Störungen werden auf diese Weise wirkungsvoll verhindert“, so Thomas Balluff, Branch Manager Factory Automation & Distribution Automation bei Daifuku. ❙❚■ Serge Voigt Brandschutz für die Druckbhälter Viel Technik hilft im Notfall Eine Besonderheit an dem Hochregal ist der ausgeklügelte Brandschutz. Der ist nötig, da in dem Lager bis zu 6000 Paletten mit leicht brennbaren Aerosolen eingelagert sind. Das Brandschutzkonzept hat Vogel zusammen mit einem Brandschutzsachverständigen, der Feuerwehr, der Bezirksregierung und dem nordrhein-westfälischen Landesamt für Umwelt entwickelt. Das Ergebnis ist die Trennung der beiden für Aerosole bestimmten Gassen von den Non-Aerosol-Paletten durch eine Trapezblechwand. Zwischen den beiden Gassen wurde zusätzlich eine Gitterwand eingezogen, sodass die Druckgaspackungen im Havariefall in der betroffenen Gasse bleiben und nicht unkontrolliert durch das Lager fliegen. Brandschutzwände auf drei Seiten mit zwei integrierten Brandschutztoren vervollständigen die baulichen Sicherheitsvorkehrungen. Die ganze Anlage ist mit einer Gaswarnanlage ausgerüstet. Für den Fall der Fälle ist jeder Palettenplatz mit einer Sprinkleranlage ausgestattet – drei Wasserpumpen, zwei Notstromgeneratoren und 1600 Kubikmeter Wasservorrat stemmen sich dann durch die Sprinklerköpfe gegen das Feuer. Zudem ist das Lager direkt mit der Feuerwehr verbunden. Wenn der Gaswarner anschlägt, springen riesige Ventilatoren an, die bei maximaler Leistung 26.000 Kubikmeter Luft in die Gassen blasen. Das verhindert, dass ein brennbares Gasgemisch entsteht. „Sicherheit darf nicht am Geld scheitern“, begründet Vogel das aufwendige Konzept. sv Eine ausgeklügelte Lagerstrategie sichert die Lieferfähigkeit und senkt die Zahl der Umlagerungen Über Kopfhörer erfahren die Mitarbeiter, wo sie im Lager die Paletten hinbringen sollen

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