Bei ihren mehrstündigen Beratungen am Donnerstagabend, 26. Januar, hatten sich die Parteien der Regierungskoalition nicht auf eine Beschleunigung der Planungsverfahren im Verkehrssektor einigen können. Die Spitzen der Ampel-Parteien und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) waren auch nach mehr als drei Stunden zu keinem Ergebnis gekommen. Dennoch zeigte sich die Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang am Tag darauf zuversichtlich, dass SPD, Grüne und FDP eine Lösung finden werden. „Wir sind am Ende nicht zu einer Einigung gekommen. Aber wir werden weiter im Gespräch bleiben“, sagte Lang.
Ihr gehe es nicht um einen ideologischen Streit rund um Autos, betonte Lang. Und es gehe nicht darum, dass gar keine Straßen mehr gebaut werden. „Das ist nicht meine Position und diese Position kenne ich auch selten.“ Es gehe darum, ob dem Straßenbau ein „überragendes öffentliches Interesse“ eingeräumt werde, mit dem beispielsweise Naturschutzprüfungen nicht mehr vorgenommen werden müssten. Die Grünen-Chefin forderte eine Priorisierung, die danach erfolgen soll, welche Infrastruktur zur Transformation und zum Klimaschutz beiträgt. Ein „überragendes öffentliches Interesse“ für Autobahnen und den Neubau von Straßen sei daher der falsche Weg, sagte Lang, die sich hingegen für eine Planungsbeschleunigung beim Ausbau der Schiene und der erneuerbaren Energien aussprach. Viel zu viele Prozesse brauchten in diesen Bereichen viel zu lange.
FDP fordert Bewegung bei den Grünen
„Wer glaubt, es helfe dem Klima, wenn Straßen besonders langsam gebaut werden, ist schief gewickelt. Wer verhindert, dass durch Straßenaus- und -neubau Staus schneller beseitigt werden können, erweist dem Klimaschutz einen Bärendienst“, sagte hingegen FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai am Freitag. Er forderte die die Grünen zu Bewegung im Streit um eine Beschleunigung von Planungsverfahren im Verkehr auf. Eine Blockade mit Hinweis auf den Klimaschutz sei absurd, sagte er der „Deutschen Presse-Agentur“ in Berlin nach der ergebnislosen Koalitionsrunde.
Es gehe nicht um die Frage, ob neue Straßen gebaut werden, sondern darum, wie schnell sie geplant und gebaut werden können, betonte Djir-Sarai. Die FDP wolle „ebenso wie der Bundeskanzler das LNG-Tempo in Deutschland umsetzen“. Djir-Sarai bezog sich damit auf das Tempo beim Bau von Anlagen für die Anlandung von Flüssiggas. Djir-Sarai betonte mit Hinweis auf den Bundesverkehrsminister: „Volker Wissing hat einen Plan vorgelegt, mit dem ein klimaneutrales Verkehrssystem möglich ist. Die Grünen sollten sich hier nicht länger sperren.“
Zuvor hatte bereits Christian Jung, der verkehrspolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion in Baden-Württemberg, bei einem Treffen von Verkehrspolitikern der FDP in Berlin die Grünen dazu aufgefordert, ihre „ideologische Blockade bei der Planungsbeschleunigung“ aufzugeben, wie die VerkehrsRundschau berichtete.
Union spricht von einem „Trauerspiel“
Die Opposition bezeichnete den Streit zwischen den drei Parteien der Ampel-Koalition als ein „Trauerspiel“, so die Worte des stellvertretendes CDU-Chefs Andreas Jung am Freitag. „Grüne und FDP liegen sich in den Haaren, der selbsternannte Klimakanzler ist abgetaucht und so bleiben die Klimaziele auf der Strecke“, sagte Jung, der auch Sprecher der Unionsfraktion für Klimaschutz und Energie ist. Es sei „wirklich schwach, dass sich SPD und FDP von den Grünen die ideologische Bremse reinhauen lassen. Dabei hatte doch Bundeskanzler Scholz angekündigt, dass es in dieser Woche Entscheidungen gibt“, erklärte der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion für Verkehr, Ulrich Lange, am Freitag. Er erwarte, dass Scholz ein Machtwort spreche und die Blockade in der Ampel endlich auflöse.
Bundesverkehrsminister Volker Wissing will Straßen und Brücken schneller bauen lassen. Die Grünen lehnen Beschleunigungen von Autobahnneubauten hingegen strikt ab. Seit Monaten ringen die Koalitionsparteien überdies um ein im Koalitionsvertrag angekündigtes Klimaschutzsofortprogramm. Auch hier hakt es am Verkehr. Die Grünen wollen etwa den Abbau von Subventionen und ein Tempolimit auf Autobahnen, was die FDP ablehnt. (tb/dpa)