Berlin/Frankfurt. Nachdem die ZDF-Sendungen „Zoom“ und „Frontal 21“ sowie der Transport-Verband „Camion Pro“ vergangene Woche erneut auf manipulierte Abgasanlagen bei Lkw aus Osteuropa hingewiesen haben, melden sich nun auch der Deutsche Speditions- und Logistikverband (DSLV) sowie Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) zu Wort. Obwohl keine deutschen Lkw betroffen seien, sei angesichts der vermeidbaren Emissionen zu Lasten der Umwelt und unseriösen Wettbewerbsverzerrungen ein energisches Einschreiten des Staates mit drastischen Maßnahmen geboten, fordert der BGL. Als mögliche Maßnahmen nennt der Verband eine Stilllegung der betroffenen Fahrzeuge in Verbindung mit hohen Geldstrafen. Beweiskräftige Sachverhalte gelte es nun, durch zuverlässige Mess- und Kontrollmethoden aufzuklären. Dies sei Sache der staatlichen Kontrollorgane, die dabei auf uneingeschränkte Unterstützung durch den BGL zählen könnten, hieß es in einer Stellungnahme.
Der DSLV prangert in seiner Reaktion vor allem Kontrolldefizite an, die zu Wettbewerbsverzerrungen führen. Umweltverstöße würden ähnlich wie Verstöße gegen Kabotagevorschriften durch behördliche Kontroll- und Überwachungsdefizite begünstigt, betonte der Verband. Manipulationen an der Fahrzeugtechnik würden in betrügerischer Absicht gegenüber Staat, auftraggebender Logistik und verladender Wirtschaft geschehen. Neben der Schädigung der Umwelt würden Transportunternehmen, die strenge gesetzliche Auflagen einhalten, im Wettbewerb benachteiligt.
Software vor Manipulationen schützen
Offensichtlich hätten die Kontrollbehörden in Europa zu wenig Möglichkeiten, Verstöße festzustellen und zu ahnden, führt der DSLV weiter an. Im Interesse der Wettbewerbsgleichheit im Straßengüterverkehr müssten deutsche und europäische Überwachungsorgane jedoch in der Lage sein, Kontrollen nicht nur flächendeckend durchzuführen, sondern Manipulation überhaupt zu erkennen. Je höher der Anteil digitaler Module im Lkw werde, desto besser müsse der Zugriff auf die bordeigene und externe, mit dem Fahrzeug vernetzte Software vor manipulativen Zugriffen geschützt werden. Hier seien vor allem auch die Hersteller gefragt, dies sicherzustellen.
Durch verdeckte Recherchen in Rumänien und bei polizeilichen Kontrollen in Polen kam ein ZDF-Team einem offenbar weit verbreiteten AdBlue-Betrug auf die Spur. Mithilfe sogenannter Emulatoren sparen sich die Betreiber der Lkw den Zusatzstoff. Obwohl sie damit vermehrt giftige Stickoxide produzieren, fahren sie in einer günstigen Lkw-Maut-Klasse und verschaffen sich damit unfaire Wettbewerbsvorteile gegenüber anderen Transportunternehmen. Laut Camion Pro könnten auf deutschen Autobahnen bis zu 20 Prozent aller Lkw mit manipulierter SCR-Abgasnachbehandlung unterwegs sein und den Staat um etwa 110 Millionen Euro bei der Lkw-Maut betrügen. Die VerkehrsRundschau hatte bereits vor einem Jahr erstmals über den Skandal berichtet. (sno)
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