Wiesbaden. Mit einem Bündel an Maßnahmen wollen die hessische Landesregierung und die Luftverkehrswirtschaft den Lärm am Frankfurter Flughafen eindämmen. Gemeinsam richten das Land und der Flughafenbetreiber Fraport einen Regionalfonds mit 265 Millionen Euro ein, aus dem Schallschutzfenster und andere Hilfen für Betroffene finanziert werden sollen. Fraport erweitert sein "Casa"-Programm zum Aufkauf von Häusern in der Einflugschneise zudem um 70 Millionen Euro.
"Es muss leiser werden, und ich überzeugt, es wird leiser werden", sagte Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) nach der dritten Sitzung des sogenannten Fluglärmgipfels am Mittwoch in Wiesbaden. Die Bürgerbewegung, die seit Monaten gegen den gestiegenen Lärm protestiert, nannte die Ergebnisse des Treffens dagegen "minimal und nicht ausreichend". Die Landesregierung solle die Zahl der Flüge reduzieren, forderte Ingrid Kopp, Sprecherin der Bürgerinitiativen.
An den Treffen unter Bouffiers Leitung hatten Fraport, die Lufthansa, die Deutsche Flugsicherung (DFS) sowie der Airline-Verband Barig teilgenommen. Sie vereinbarten 19 technische Änderungen, damit die Flugzeuge beim Starten und Landen in Frankfurt weniger lärmen.
Flugzeuge sollen höher fliegen
"Höher fliegen" ist dabei das Motto. Bereits ab März will die Flugsicherung den nur in Abendstunden angeordneten kontinuierlichen Sinkflug (CDO) auch in verkehrsarmen Tagstunden erproben. Ab Oktober soll der Anflugwinkel bei Landungen steiler werden von 3 auf 3,2 Grad - dies schafft einige Meter Luft im Endanflug.
Ab dem kommenden Jahr werden die Gegenanflugrouten im Norden und Süden des Flughafens um jeweils 1000 Fuß (305 Meter) angehoben. Dies entlaste beispielsweise Mainz und Rheinhessen, aber auch Wiesbaden, den Taunus, den Main-Kinzig-Kreis, sagte DFS-Vorstand Ralph Riedle.
Neues Verfahren zur Anflugkontrolle
Außerdem will die Flugsicherung bis 2015 ein neues Verfahren zur Anflugkontrolle namens Point Merge einführen. Es wird bislang nur am viel weniger frequentierten Flughafen von Oslo erprobt. "Für die Rhein-Main-Region erfordert es eine völlige Neugestaltung des gesamten Luftraums", erklärte Riedle. "Wir stehen und standen zu diesem Flughafen", betonte Bouffier.
Der Bau der neuen Nordwestlandebahn sei richtig gewesen. Gleichzeitig betonte er: "Wir nehmen die Sorgen der Menschen ernst." Die meisten wollten einen Ausgleich zwischen Lärmschutz und einem funktionierenden Flughafen. Von den vereinbarten Schritten erwarte er eine Beruhigung in der Bevölkerung. Verkehrsminister Dieter Posch (FDP) sagte, ab 2013 würden die Landeentgelte in Frankfurt noch stärker gestaffelt nach Lärm der eingesetzten Flugzeuge erhoben.
In den Regionalfonds will das Land 100 Millionen Euro einzahlen, Fraport steuert 15 bis 20 Millionen Euro bei. Weitere 150 Millionen Euro sollen von der Wirtschaftsförderungsbank WI-Bank als Kredite gewährt werden. Aus dem Topf sollen Bürger, aber auch Schulen, Kindergärten und andere Einrichtungen Schallschutzbauten finanzieren.
Umzugshilfen
Es gibt auch Umzugshilfen. In der Einflugschneise über Flörsheim erweitere Fraport sein Kaufangebot auf etwa 1000 weitere Wohneinheiten, sagte Firmenchef Stefan Schulte. Die Lufthansa will in den kommenden Jahren 17 Milliarden Euro für die Modernisierung ihrer Flotte ausgeben, sagte der Vorstandschef Christoph Franz. Sie ziehe die Ausmusterung älterer Flugzeuge vor. Mit kleinen Umbauten sollten aber auch die jetzt genutzten Flugzeuge Airbus A 320 leiser werden.
"Alle notwendigen Maßnahmen waren im Grundsatz schon im Mediationsergebnis angelegt und hätten parallel zum Ausbau umgesetzt werden müssen. Die Regierung hat erst reagiert, nachdem das Kind im Brunnen liegt", kritisierte der SPD-Fraktionsvorsitzende Thorsten Schäfer-Gümbel.
Grünen-Fraktionschef Tarek Al-Wazir sagte: "Der Kern der Maßnahmen besteht vor allem aus Finanzhilfen, die entweder die Vertreibung der Betroffenen beschleunigen soll und dem verbleibenden Rest nur Schallschutz innerhalb von Gebäuden bei geschlossenen Türen und Fenstern bietet." Die Linke forderte eine Schließung der neuen Landebahn. CDU und FDP bezeichneten die Beratungen mit der Luftverkehrsbranche dagegen als einen Erfolg. (dpa)
Politiker