Potsdam. Erst stoppte Brandenburg die Vollstreckung von Bußgeldbescheiden, jetzt werden auch bereits rechtskräftige Bescheide aufgehoben und korrigiert – soweit die Strafen höher sind als es der alte Bußgeldkatalog vorsah. Die neue Verordnung wurde wegen eines Formfehlers außer Kraft gesetzt. Seit dem 2. Juli gilt wieder die alte Regelung, die nun auch rückwirkend angewandt wird, wie das Innenministerium am Montag mitteilte.
Mit der am Montag ergangenen Entscheidung würden zu viel bezahlte Bußgelder zurückerstattet und noch nicht bezahlte Bußgelder neu berechnet werden. Fahrverbote, die nach altem Bußgeldkatalog nicht verhängt worden wären, werden laut Ministerium nicht vollstreckt. Zunächst hatte die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ berichtet.
Viele Bußgeldbescheide rechtskräftig, da kein Widerspruch erfolgte
„Brandenburg trägt keine Verantwortung für das Bußgeldchaos, aber die Landesregierung trägt Verantwortung dafür, dass mit den Bürgern anständig umgegangen wird“, so Innenminister Michael Stübgen (CDU). Viele Bußgeldbescheide sein rechtskräftig geworden, weil kein Widerspruch eingelegt worden sei, so Stübgen. Rechtskräftig wird ein Bescheid, wenn nicht innerhalb von zwei Wochen nach Zugang des Schreibens Widerspruch eingelegt worden ist. „Wer im Vertrauen in den Rechtsstaat gehandelt hat, darf jetzt nicht der Dumme sein. Hier gilt Gnade vor Recht“, so der CDU-Politiker.
Die neue Straßenverkehrsordnung sah Führerscheinentzug für zu schnelles Fahren schon bei geringeren Tempowerten sowie höhere Strafen vor. Wegen eines Formfehlers wurde die neue Verordnung jedoch vorerst außer Vollzug gesetzt. Einige Bundesländer, darunter auch Brandenburg, kehrten damit zurück zur alten Regelung. Bereits rechtskräftige Bescheide sollten nach einer Einigung unter den Ländern jedoch noch vollstreckt werden. Brandenburg geht dagegen nun einen eigenen Weg.
Bereits am vergangenen Donnerstag hatte Stübgen die Vollstreckung der rechtskräftigen Bußgeldbescheide gestoppt. Durch die Änderung könnten dem Land nach einer Schätzung etwa zwei Millionen Euro entgehen.
Die Neuberechnung könne mehrere Wochen in Anspruch nehmen und erfolgt nach Ministeriumsangaben automatisch. Bei Verwarnungsgeldern allerdings, also beispielsweise Tempoverstößen von bis zu 15 Kilometern pro Stunde inner- und außerorts, müssen Betroffene einen Antrag über ein Online-Formular auf der Internetseite der Polizei stellen.
Jörg Vogelsänger, Ex-Umweltminister und neuer Chef der Landesverkehrswacht Brandenburg forderte Bund und Länder auf, den verschärften Katalog „unverzüglich“ wieder einzusetzen. „Die Politik von Bund und Ländern hatte sich bewusst auf höhere Bußgelder und verschärfte Strafen für Raser geeinigt. Das Gesetz vom April muss, dieses Mal ohne Panne, so schnell wie möglich wieder in Kraft gesetzt werden“, so Vogelsänger. (dpa/ja)