Berlin. Der Vorsitzende der Arbeitnehmergruppe der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Uwe Schummer, bezeichnete die Einigung als einen „maßvollen Schritt“, um „unübersehbaren Problemen in Teilen der Branche zu lösen“. Man setze mit der Änderung bei Verstößen gegen die Beitragspflicht zur Sozialversicherung an und vertraue auf eine „generalpräventive Wirkung, die sich auch auf Erfahrungen aus der Baubranche und der Fleischverarbeitung stützt“. Die Nachunternehmerhaftung in der Paketbranche setze das Signal, dass „der Gesetzgeber da handelt, wo gewollte unternehmerische Freiräume für Geschäftsmodelle ausgenutzt werden, die Rechtsverstöße wie etwa das Unterlaufen von Sozialnormen und Wettbewerbsverzerrung zu Lasten seriöser Unternehmen zumindest billigend in Kauf nehmen“.
BIEK sieht eine pauschale Verurteilung der Branche
Der Bundesverband Paket und Expresslogistik (BIEK) hingegen sieht in den Plänen der Koalition eine pauschale Verurteilung der Branche. Die „pauschale mediale und politische Verurteilung der Kurier-, Express- und Paketbranche“ sei „bedauernswert“, teilte der BIEK-Vorsitzende Marten Bosselmann, mit. Vorschnell gehen laut Bosselmann viele Menschen grundsätzlich davon aus, dass Unternehmen, die Paketzusteller beschäftigen, gegen geltendes Arbeitsrecht verstoßen. Dass dies nicht stimme, hätten etwa die Zollkontrollen Anfang Februar gezeigt. Die Fahnder hätten fast 13.000 Fahrer befragt, anschließend seien aber nur vergleichsweise wenige Verfahren eingeleitet worden: „In aller Deutlichkeit: Jeder Verstoß ist einer zu viel – jedoch sollte bei einem Anteil von 0,2 Prozent der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt werden.“
Reiner Hoffmann, der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) sieht in der Einigung der großen Koalition einen wichtigen Durchbruch. Es könne nicht sein, dass Unternehmen systematisch Sozialversicherungsbetrug zulasten der Beschäftigten betrieben, sagte der DGB-Chef dem Sender „SWR“.
Verdi begrüßt die Einigung
Auch die Gewerkschaft Verdi begrüßte die im Koalitionsausschuss erzielte Einigung. „Dass die Koalition zügig grünes Licht für den Gesetzesvorstoß des Bundesarbeitsministers gegeben hat, zeigt, wie notwendig es ist, die Missstände in der Paketbranche einzudämmen. Für die Beschäftigten ist es gut, dass die Politik handelt und nicht zögert“, sagte die stellvertretende Verdi-Vorsitzende Andrea Kocsis. Verdi fordert die Politik seit längerem auf, eine Nachunternehmerhaftung für die Sozialversicherungsbeiträge in der Paketbranche einzuführen, wie sie bereits in der Bauwirtschaft und Fleischbranche existiert.
Zustimmung zur Einigung der Koalition kam auch von der Bundestagsfraktion der Grünen. Beate Müller-Gemmeke, Sprecherin für ArbeitnehmerInnenrechte und aktive Arbeitsmarktpolitik, erklärte: „Die Nachunternehmerhaftung in der Paketbranche kommt. Das ist gut für die mehr als 200.000 Zustellerinnen und Zusteller der Branche.“ Dennoch sei die Nachunternehmerhaftung „erst mal nur ein erster Schritt hin zu besseren Löhnen und Arbeitsbedingungen. Sie muss unbedingt mit flächendeckenden Prüfungen der Finanzkontrolle Schwarzarbeit flankiert werden“. Gleichzeitig forderte sie ein Verbandsklagerecht. (dpa/tb)