Das Kreditneugeschäft mit Unternehmen und Selbstständigen ist im zweiten Quartal 2022 um 21,3 Prozent gestiegen und hat damit ein Rekordhoch erreicht, wie der neue KfW-Kreditmarktausblick von KfW Research zeigt. Ausschlaggebend für das starke Wachstum sei eine „Kombination aus hohem Finanzierungsbedarf für Betriebsmittel und Lagerhaltung, den Krediten der KfW an Unternehmen des Energiesektors im Auftrag des Bundes zur Sicherung der Energieversorgung sowie vor allem im Jahresvergleich der schwachen Kreditvergabe im zweiten Quartal des Jahres 2021“ gewesen, so KfW-Research. Doch auch ohne die beiden letztgenannten Sondereffekte wäre die Kreditvergabe deutscher Banken deutlich um zehn Prozent gestiegen.
Auf den Kreditmarkt wirkten aktuell „gegenläufige Kräfte“: So verschulden sich Unternehmen trotz der heraufziehenden Rezession in ungewöhnlichem Ausmaß zusätzlich, weil die Kosten für Vorleistungsgüter und Energie immer weiter steigen und ihre Liquiditätsplanung unter Stress setze. Hinzu komme, dass die Materialengpässe in Deutschland entgegen dem internationalen Trend virulent bleiben. Daher stocken die Unternehmen ihre Vorräte auf, um einen reibungslosen Produktionsablauf sicherzustellen, wodurch weitere Finanzierungsbedarfe entstehen.
Demgegenüber manifestiert sich auf der Angebotsseite zunehmend die absehbare Verschlechterung der Finanzierungsbedingungen. So legten die Kreditzinsen in der Erwartung wachsender Ausfallrisiken kontinuierlich zu. Im August verlangten die Banken für langfristige Darlehen je nach Volumen und Laufzeit bereits bis zu drei Prozent Zinsen. Das ist ein Anstieg um 150 Basispunkte binnen Jahresfrist. Zudem agieren die Banken bei der Kreditvergabe mit wachsender Vorsicht. Laut KfW-Kredithürde sind kleine und mittelständische Unternehmen bereits von erheblichen Schwierigkeiten beim Kreditzugang betroffen.
„Die Anpassung der Unternehmen an die stark veränderten Rahmenbedingungen hat einen hohen Liquiditätsbedarf zur Folge und wird somit auch im zweiten Halbjahr 2022 den Unternehmenskreditmarkt prägen“, sagte sie Chefvolkswirtin der KfW, Fritzi Köhler-Geib. „Auf längere Sicht dürften sich jedoch dämpfende Einflussfaktoren durchsetzen.“ Die KfW erwarte „eine erhebliche Reduktion der geplanten Investitionen des Mittelstands um rund 60 Milliarden Euro in diesem Jahr“, so Fritzi Köhler-Geib. (tb)