Im Verfahren am Europäischen Gerichtshof (EuGH) zu den Klagen gegen das Mobilitätspaket hat der Generalanwalt seine Empfehlungen an die Richter veröffentlicht. Er rät, von allen Beschwerden nur die Klage gegen die Rückkehrpflicht der Fahrzeuge (Lkw) in ihre Heimatländer nach spätestens acht Wochen Einsatz im Ausland als gerechtfertigt zu bewerten. Alle anderen Klagen sollten zurückgewiesen werden.
Die Richter des EuGH folgen in der Regel den Empfehlungen des Generalanwalts. Deshalb sind die Chancen groß, dass die seit 21. Februar 2022 geltende Rückkehrpflicht für Lkw auch von den Richtern als unrechtmäßig eingestuft wird und dann als Vorschrift wieder zurückgenommen werden muss.
Zu erwarten ist ebenfalls, dass die Richter alle anderen Klagen gegen das Mobilitätspaket zurückweisen. Verpflichtet sind die Richter allerdings nicht, den Einschätzungen den Generalanwalts zu folgen.
Begründung: Folgenabschätzung fehlt, mögliche Wettbewerbsverzerrung
Der Generalanwalt begründet seine Empfehlung mit der fehlenden Folgenabschätzung für die Rückkehrpflicht von Lkw. Eine solche Folgenabschätzung hätten die EU-Gesetzgeber nicht gemacht - anders als bei der Rückkehrpflicht für Fahrer.
Das könne als Verletzung des Prinzips der Verhältnismäßigkeit gewertet werden. Zu kritisieren sei in diesem Zusammenhang auch, dass die EU-Gesetzgeber den negativen Einfluss auf die Umwelt - zum Beispiel die zusätzliche CO2-Belastung - durch die Rückkehrfahrten nicht geprüft hätten.
Außerdem gibt der Generalanwalt den Beschwerden Recht, die in der Rückkehrpflicht eine Benachteiligung für EU-Mitgliedstaaten sehen, die am Rande der EU liegen - oder wie Malta und Zypern sogar auf einer Insel. Der Aufwand für Unternehmen aus diesen Staaten sei viel höher als für Unternehmen aus Mitgliedstaaten in Zentraleuropa.
Dadurch würde der Wettbewerb verzerrt. Gegen die Rückkehrpflicht für Lkw hatten die Länder Zypern, Litauen, Bulgarien, Rumänien, Ungarn, Polen und Malta geklagt.
Vorgeschichte: Klagen gegen 14 neue Regelungen des Mobilitätspakets
All diese Länder hatten im Oktober 2020, wenige Wochen nach Verabschiedung des Mobilitätpakets, Klagen gegen insgesamt 14 neue Regelungen des Pakets beim EuGH eingereicht. Die Klagen sind unterschiedlich formuliert und begründet, und nicht alle Länder beklagen sich über die gleichen Neuerungen.
Als diskriminierend und nicht rechtens werden in den Klagen außer der Rückkehrpflicht für Fahrzeuge unter anderem noch gewertet:
- die neuen Kabotageregeln;
- die Verpflichtung der Fahrer, nach spätestens vier Wochen entweder nach Hause oder zu ihrem Stammunternehmen zurückzukehren;
- die Entsenderegeln für Lkw-Fahrer;
- das Verbot für Lkw-Fahrer, ihre wöchentlichen Ruhezeiten nicht im Fahrzeug verbringen zu dürfen;
- die Mindestanforderungen an Niederlassungen im Ausland sowie
- die Kontrollmöglichkeiten über den Tachographen.
Der Generalanwalt rät, all diese Klagen zurückzuweisen.
Wie geht es weiter?
Wann die EuGH-Richter ihr abschließendes Urteil sprechen, ist noch nicht bekannt. In der Regel dauert es nach Veröffentlichung der Empfehlungen des Generalanwalts noch einige Monate.