Änderung im Nachweisgesetz: Neue Regeln für Arbeitsverträge

Das Nachweisgesetz (NachwG) verpflichtet Unternehmen, ihren neuen Mitarbeitenden einen schriftlichen Nachweis über die wesentlichen Vertragsbedingungen ihres Arbeitsvertrags zu übergeben. Dieser muss ausgedruckt auf Papier und unterschrieben sein, also der Schriftform genügen. Die Angaben müssen nicht im Arbeitsvertrag stehen, aber sie können als Nachweis dort aufgenommen werden. Vorausgesetzt, der Arbeitsvertrag ist ausgedruckt und unterschrieben. Um die Arbeitsbedingungen-Richtlinie der EU (RL EU 2019/1152) umzusetzen, novelliert der deutsche Gesetzgeber unter anderem auch das Nachweisgesetz. Diese Novelle soll am 1. August in Kraft treten, Übergangsfristen sind nicht vorgesehen. „Das ist für viele Unternehmen viel zu knapp“, so Thomas Hey, stellvertretender Vorsitzender Kommission Arbeit und Soziales im Bundesverband mittelständische Wirtschaft (BVMW). „Dazu fällt das Thema mitten in die Sommerferien, was eine weitere schnelle Umsetzung erschwert." Der Entwurf der Novelle beinhaltet einige Änderungen. So müssen nicht nur weitere Angaben schriftlich festgehalten werden. Auch Fristen haben sich verkürzt und es kann, anders als vorher, zu Sanktionen kommen.Kündigung und Arbeit auf Abruf neu geregelt „Manche Informationspflichten sind über den bisherigen Umfang hinaus erweitert worden, insbesondere zur Arbeitszeit und zur Vergütung“, hebt Volker Görzel, Fachanwalt für Arbeitsrecht bei HMS.Barthelmeß Görzel, hervor. „Komplett neu ist, dass der Arbeitgeber die Arbeitnehmer über das Verfahren bei Kündigungen und die Fristen zur Erhebung der Kündigungsschutzklage informieren muss.“ Enthalten sein muss zum Beispiel die Information, dass die Kündigung in Schriftform erfolgen muss, welche Kündigungsfristen bestehen und dass der Mitarbeiter innerhalb einer bestimmten Frist Kündigungsschutzklage erheben muss. „Hier kann der Arbeitgeber auf den entsprechenden Paragrafen im Gesetz hinweisen.“ Ebenfalls neu ist, dass auch im Falle von Arbeit auf Abruf konkrete Angaben schriftlich fixiert sein müssen. Dazu zählt die Vereinbarung der Arbeit auf Abruf und die Zahl der mindestens zu vergütenden Stunden. Aber auch bis wann der Arbeitgeber Bescheid gegeben haben muss, dass der Mitarbeiter zu einem bestimmten Zeitpunkt zur Arbeit erscheinen soll, muss angegeben werden. Zudem hat das Unternehmen schriftlich zu fixieren, wie viele Stunden der Mitarbeiter vergütet bekommt, auch wenn er nicht abgerufen wird. Bei Arbeit auf Abruf ist dabei Paragraf 12 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes zu beachten, das 2019 geändert wurde. „Das Novum: Im Gesetz steht, wenn der Arbeitgeber darüber nichts in den Vertrag schreibt, gelten 20 Stunden pro Woche als vereinbart. Das kann also recht teuer werden, wenn er den Arbeitgeber darüber nicht schriftlich informiert oder es in den Arbeitsvertrag schreibt.“Mehr Angaben zu Arbeitszeit, Vergütung und Überstunden Zu weiteren Angaben, die ab August zwingend vorgeschrieben sind, gehören zum Beispiel die vereinbarte Arbeitszeit, die Zusammensetzung und Höhe der Vergütung inklusive Angaben wie Prämien oder Überstundenvergütung, die Dauer der Probezeit und etwaige Fortbildungsansprüche. Ebenso ist die Möglichkeit und Voraussetzung schriftlich zu fixieren, wann der Arbeitgeber Überstunden anordnen kann. Auch bei einer Entsendung ins Ausland, die länger als vier aufeinanderfolgende Wochen dauert, sind umfangreiche Angaben zu machen.Musterverträge kritisch prüfen „Das alles ist, wenn man so möchte, neuer Pflichtkanon, den der Arbeitgeber berücksichtigen muss. Die Angaben sollte man auch aus Vereinfachungsgründen jetzt in die Verträge einbauen“, erklärt Görzel. „Wir empfehlen, die bestehenden Musterverträge im Unternehmen kritisch zu überprüfen. Nicht nur, weil dieses Gesetz neu ist und ohnehin Bedarf besteht. Sondern weil sich generell die Rechtsprechung und manch andere Gesetze geändert haben, so dass Anpassungsbedarf besteht. Das gilt insbesondere für solche Musterverträge, die man sich aus dem Internet heruntergeladen hat.“ Aber wie hoch ist der Arbeitsaufwand? Für den Entwurf eines Musterlückentextes mit allen Angaben schätzt der Anwalt diesen auf ein bis zwei Stunden. „Wie hoch der Aufwand danach ist, um diesen Text individuell auf den jeweiligen Mitarbeiter anzupassen, kommt darauf an, wie heterogen die Belegschaft ist.“Auch bestehende Belegschaft kann Bescheinigung verlangen Dabei betrifft die Novelle nicht nur Verträge der neu eingestellten Mitarbeiter. Auch bestehende Mitarbeiter haben das Recht, von ihrem Arbeitgeber die erforderlichen Angaben in entsprechenden Informationsschreiben oder Bescheinigungen zu erhalten, wenn sie es verlangen. Dabei sind Fristen einzuhalten: So sollte den Mitarbeitern das entsprechende Schreiben mit den wesentlichen Angaben spätestens am siebten Tag nach der Anfrage übergeben werden.„Manche Informationen möchte man vielleicht auch nicht in Form einer Auflistung zum Ankreuzen preisgeben.“ Volker Görzel, Fachanwalt für Arbeitsrecht bei HMS.Barthelmeß GörzelHier ist es empfehlenswert, einen Musterentwurf vorzubereiten und sich Gedanken dazu machen, wie dieser anzulegen ist. „Wenn Sie ein Formblatt zum Ankreuzen entwickeln, sollten Sie überlegen, was Sie dort aufführen. Das kann sinnvoll sein in Bereichen, in denen Arbeitsverhältnisse alle gleichbehandelt werden. Es gilt, manchmal genau hinzuschauen. Manche Informationen möchte man vielleicht auch nicht in Form einer Auflistung zum Ankreuzen preisgeben.“ Für den ein oder anderen Arbeitgeber kann es durchaus empfehlenswert sein, auch alte Arbeitsverträge mit bestehenden Mitarbeitern anzupassen, Passagen hinzuzufügen oder zu streichen. „Nicht nur an Stellen, an denen ich die Pflichtangaben aufnehmen muss, hier könnte man die Gelegenheit nutzen und seinen Mitarbeitern Arbeitsverträge anbieten, die auch an anderer Stelle geändert sind.“Kürzere Fristen sind einzuhalten Außerdem haben sich die Fristen geändert, bis zu der der Mitarbeiter die wesentlichen Vertragsbedingungen schriftlich und unterschrieben erhalten haben muss: „In einem neuen Arbeitsverhältnis muss am ersten Tag der Arbeitsleistung dem Arbeitnehmer auf jeden Fall Angaben zu Name und Anschrift des Arbeitgebers vorliegen. Zweitens die Höhe des Arbeitsentgelts plus Variable. Und drittens die Arbeitszeit.“ Nach einer Woche müssen weitere Angaben folgen. Die übrigen Bedingungen können binnen Monatsfrist nachgeliefert werden.Auch Bußgeld möglich Hält der Unternehmer sich nicht oder nicht richtig an die Vorgaben, kann ihm ein Bußgeld von bis zu 2.000 Euro drohen. Wie dies künftig kontrolliert werden soll, ist auch abhängig davon, ob die Bundesregierung dem Entschließungsantrag des Bundesrates vom 8. Juli zustimmt, oder die Befugnis gemäß Ordungswidrigkeitengesetz bei den Ländern belässt – und das Gesetz in der jetzigen Fassung beschließt. In den Ländern könnten zum Beispiel Gewerbeaufsicht oder Handelskammern die Kontrolle übernehmen, argumentierte der Bund vorher. Die Länder schlagen in ihrem Entschließungsantrag dagegen vor, die Zuständigkeit dafür an den Bund, etwa an Zoll und Arbeitsagentur, zu übertragen. Denn ihren Landesbehörden oder den genannten Stellen fehle die „notwendige arbeitsrechtliche Grundqualifikation“.Im Streitfall liegt Beweislast beim Arbeitgeber Ein weiter Punkt, den es zu beachten gilt: Kommt es zum Streitfall und die Angaben sind nicht schriftlich fixiert, liegt die Beweislast beim Arbeitgeber. „Die Arbeitnehmer können behaupten – solange es nicht mutwillig oder willkürlich ist, dass ein Gehalt x oder eine Überstundenzulage y vereinbart worden ist.“ Wenn nichts Schriftliches vorliege, gelte das Gesetz. „Demzufolge muss der Arbeitgeber nachweisen, dass die Behauptung von einem Gehalt der Höhe x nicht stimmt.“ (mwi)Dringendste To do´s für den Arbeitgeber Aber was ist nun bezüglich der Novelle am Dringendsten zu erledigen? „Bis zum 1. August sollten die Musterverträge angepasst und ein Musterentwurf für das Informationsschreiben angelegt sein, falls es zu Anforderungen durch die Mitarbeiter kommt“, so Volker Görzel, Fachanwalt für Arbeitsrecht bei HMS.Barthelmeß Görzel. Sollten Unternehmen dies bis dahin noch nicht gemacht haben, sei am dringendsten ein Muster für das Informationsschreiben auf Anforderung zu erledigen. Wenn die Verträge noch nicht angepasst sind, kann man entweder darauf verzichten, bis zur Anpassung neue Mitarbeiter einzustellen oder das Risiko eines möglichen Bußgelds in Kauf nehmen, erklärt der Anwalt. (mwi)

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