Wie lebt Krone mit Corona?
Bernard Krone: Die Pandemie hat uns aufgezeigt, dass man neue Wege gehen muss und man mit Kreativität sowie Zusammenarbeit jede Menge erreichen kann. Wir arbeiten heute völlig anders als zu Beginn der Pandemie. Wir nutzen in den administrativen Bereichen das Programm Microsoft Teams. Die Mitarbeiter haben sich in kurzer Zeit daran gewöhnt, dass Kollegen im Homeoffice sind und man durch dieses Tool gut zusammenarbeiten kann. Das hat uns auch gezeigt, dass wir sehr offen für das Thema Digitalisierung sind. Diesen Rückenwind wollen wir jetzt in verschiedenen Projekten mitnehmen um schneller und effizienter zu werden.
Dr. Krone: Dies hat auch Vorteile in der Entwicklung. Simultanies Engineering bekommt noch mal einen deutlichen Schub, weil man über die digitalen Plattformen gleichzeitig am selben Projekt arbeiten kann. Insofern glaube ich, dass unsere Arbeitsweise durch Corona gestärkt und verbessert wurde – und das schneller als es durch gutes Zureden oder dem Versuch Begeisterung zu schüren passiert wäre. Grundsätzlich sind wir aber, vor allem in der Landtechnik, bislang gut durch Corona gekommen. Im Nutzfahrzeugbereich sieht es etwas anders aus. Wenn viele Teile der Industrie zum Stehen kommen oder auch der Handel, dann bedeutet das auch einen Rückgang im Transport – den wir erlebt haben. Allerdings merkt man derzeit deutlich, dass es inzwischen einen Nachholbedarf gibt. Trotzdem müssen wir die Langfristperspektive abwarten, wie es jetzt weitergeht. Denn Politiker gefallen sich in der Rolle des Krisenmanagers. Und da müssen wir sehen, wie wir da wieder herauskommen.
Die Branche lebt sehr von persönlicher Beziehung. Wie funktioniert das aktuell?
Frank Albers: Natürlich verzichten wir während des Lockdowns größtenteils auf persönliche Besuche. Aber man bleibt mit dem Kunden in Kontakt, über Telefon, Email, Social-Media-Kanäle – und fragt höflich nach, ob man besuchen darf. Nur Wenige verweigern sich diesen Besuchen, viele freuen sich aber auch auf uns – auf Kontakt generell. Dies aber alles unter Einhaltung sehr striktiver Hygienemaßnahmen. Das zeigt uns aber auch, dass wir einen vertrauensvollen Kontakt zu unseren Kunden haben und auch willkommen waren und sind.
Weg von Corona, hin zu Sachthemen: Die kommenden CO2-Regularien, allen voran das VECTO-Tool bedeutet auch für die Trailerhersteller, dass sie ihre Fahrzeuge zertifizieren müssen. Was kann ein Hersteller wie Krone tatsächlich beitragen?
Bernard Krone: Es ist auf jeden Fall verwunderlich. Wir haben über die Jahrzehnte immer interessante Angebote gemacht, etwa in Bezug auf Gewichtsreduzierung und Leichtbau. Dann weiß ich noch, kamen wir mit dem Safe Liner, einem aerodynamisch vollverkleideten Trailer. Es ist vieles da, wird aber aufgrund der Mehrkosten nicht vom Kunden angenommen. Wobei man dem Kunden keinen Vorwurf machen kann, denn die müssen auch mit jedem Cent rechnen. Da wäre der Gesetzgeber gefragt, nicht mahnend den Finger zu heben, sondern die Dinge, die es gibt, zu fördern. Denn es gibt eine ganze Menge guter Ideen im Markt, um die man sich aber nicht wirklich gekümmert hat. Fasst man alles zusammen: Leichtlaufreifen, Aerodynamik, Leichtbau kann man rund 15 Prozent Kraftstoff oder mehr und damit gleichzeitig CO2 einsparen. Das ist ein Potenzial das brach liegt. Wenn wir dann noch über Maße und Gewichte sprechen, explodiert das Ganze förmlich. Wir tun uns so schwer, den EuroCombi mit 25,25 Meter umzusetzen. Wir sind seit Ewigkeiten am testen und haben auf gewissen Strecken einen Regelbetrieb. Aber richtig gefördert wird das Ganze auch nicht, obwohl man damit unzählige Transporte einsparen könnte.
Es gibt weitere interessante Komponenten, etwa das Beluga-Konzept aus England, das entsprechende positive Luftleiteigenschaften hätte. Aber immer, wenn wir etwas verändern, etwas zusätzlich machen wollen, was vielleicht auch Geld kostet, dann zaudert vor allem der Gesetzgeber mit Unterstützung oder gar Förderung. In Bezug dazu nehmen wir wohlwollend natürlich das neue Förderprogramm der Bundesregierung zur Kenntnis. Hier sind viele der von mir zuvor genannten Systemlösungen vor allem in Richtung CO² Optimierung förderfähig. Wir sind gespannt wie das Programm seitens der Branche anläuft. Gegebenenfalls sind hier noch kleine Modifikationen notwendig wie z.B. die Entkopplung der Investition in eine Zugmaschine und einen separaten Trailer.
Wie konkret müsste so eine Förderung aussehen? Denn Brüssel fordert bis 2030 eine 30-prozentige Reduzierung der CO2-Emissionen, spricht aber kaum von Unterstützung der Unternehmer, die letztlich für die Kosten dieser grünen Fahrzeuge aufkommen müssen.
Bernard Krone: Dass der Logistikdienstleister, Spediteur, Fuhrunternehmer damit alleine gelassen wird und am Ende des Tages alles bezahlt, geht auf jeden Fall nicht! Denn mit Fahrzeugen, die eine CO2-Bilanz noch positiver unterstützen, kommen so hohe Kosten, dass man die Betreiber in jedem Fall unterstützen muss. Wir sehen das doch bei der Kaufprämie für Hybrid- oder Elektrofahrzeuge. Da muss es etwas Ähnliches geben, wie die beim Automobilgipfel in Berlin beschlossene Abwrackprämie für Alt-Lkw. Das ist alles kein Hexenwerk. Auch wir nutzen zum Beispiel bei unseren Dienstfahrzeugen die Hybridförderung. So macht man eine Technologie interessant – vielleicht erst kurzfristig. Aber letztlich, um auf Skaleneffekte zu kommen und Stückzahlen zu erreichen.
Bleiben wir konkret. Ein eTruck kostet dreimal so viel wie ein Diesel-Lkw, ein komplett optimierter Trailer doppelt so viel, wie ein Standard-Sattelcurtainsider. Eine Lkw-Sattelkombination kostet also 2030 statt rund 120.000 Euro etwa 300.000 Euro. Kann das funktionieren?
Dr. Krone: So lange wir nicht davon wegkommen, dass eine Allianz pro Schiene den deutschen Politikern eintrichtert, dass sie den Straßenverkehr behindern müssen, um die Klimaziele zu erreichen. Und so lange wir nicht endlich zu den wirklich fortschrittlichen Lösungen kommen, wird sich nichts ändern. Wir brauchen Lkw, die Brücken und Straßen durch mehr Achsen weniger belasten. Wir brauchen Platooning um zu höherer Effizienz zu kommen – das spart enorm Energie und löst auch ein Stück weit das Fahrerproblem. Wir müssen davon wegkommen, dass 40 Tonnen das Ende der Fahnenstange sind, sonst lösen wir keine Probleme. Die Bahn hat doch über Dekaden der Politik alles Mögliche versprochen, hat es aber nie gehalten. Und die Politiker wollen im Mainstream bleiben und lehnen den Lkw ab bzw. suggerieren den Wählern, dass sie auch dafür sind, dass Güter auf die Bahn kommen. Aber die Bahn kann es nicht! Schauen wir doch lieber nach Skandinavien, wo der Lkw inzwischen bei 60, 74 und mehr Tonnen ist und die 25,25 Meter längst deutlich überschritten hat. Die aktuellen deutschen Pläne, die Bahn wieder in die Fläche zu bringen, sind doch von vorneherein zum Scheitern verurteilt. Aber genau solche Pläne sind es – und da komme ich zur Ihrer Frage zurück – die eine sinnvolle Förderung des Lkw be- und verhindern. Aber genau die brauchen wir.
Um was zu tun?
Bernard Krone: Um zum Beispiel in Leichtbau zu investieren. Moderner Leichtbau heißt nämlich nicht an gewissen Stellen etwas wegzulassen, sondern an den gewissen Stellen die richtigen Materialien zu verbauen. Im Flugzeug sind solche Materialien Standard, im E-Pkw werden sie auch Standard. Aber im Nutzfahrzeugbereich sind sie unverhältnismäßig teuer. Wir sprechen da beim Sattelcurtainsider von 20 Prozent höheren Kosten. Also brauchen wir vernünftige Förderung. Wir müssen aufhören, dass der Staat in Projekte investiert, um Ideologien hinterherzurennen, die überhaupt nicht erfüllbar sind. Jetzt müssen praktikable Maßnahmen her – gerade im europäischen Wettbewerb. Denn es kann doch nicht sein, dass ein italienischer Spediteur EU-Forderungen zu 70 Prozent erfüllt, ein dänischer oder deutscher aber zu 120 Prozent.
Honoriert denn die EU im Hinblick auf die Klimaziele Bemühungen von Trailerherstellern in Richtung Leichtbau, Aerodynamik oder Optimierung des Ladevolumens – was ja alles Maßnahmen zur CO2-Reduktion wären? Der Langsattel findet zum Beispiel keinen positiven Niederschlag bei der VECTO-Zertifizierung.
Dr. Krone: Ja, der Langsattel. Ein spezielles Thema. Wir bauen diese Trailer. Aber unsere größten Kunden, Trailer-Vermietungen und Großflotten, signalisieren uns klar, dass sie das Thema nicht wollen. Wenn sich der Langsattel europaweit durchsetzen würde, haben wir die gleiche Situation wie damals bei der Umstellung von 12,5 auf 13,6 Meter. Das führt zur Illiquidität, weil die Werte der ‚alten‘ Trailer nicht mehr mit denen der Neuen übereinstimmen. Jetzt haben wir das Dilemma, dass wir neben dem 25,25-Meter-Zug diesen verlängerten Sattel haben plus der neuen Idee, zwei 13,60er-Sattel zusammen zu spannen. Ein riesiges Durcheinander …
Dennoch erlebt, so die Protagonisten des Langsattel, dieser Fahrzeugtyp einen regelrechten Boom, seit die Beschränkungen für den Typ 1 genannten 14,9-Meter-Sattel gefallen sind.
Dr. Krone: Ungeachtet dessen was diese Hersteller sagen, sagt die Zulassungsstatistik etwas anderes: Ein Wachstum zeigen nur Krone, Schmitz und Schwarzmüller.
Frank Albers: Da möchte ich mal ergänzen, dass die Protagonisten des Langsattel nicht unbedingt auch die Fachanbieter für diesen Fahrzeugtyp sind. Der Kunde der Krone als Lieferanten hat, der fragt auch bei uns nach einem 14,9-Meter-Sattel. Natürlich bauen wir diesen Fahrzeugtyp und liefern ihn auch tagtäglich aus. Das es einen Boom gibt, kann ich jetzt nicht bestätigen. Es gibt, zugegeben, ein gewisses Fertigungsniveau. Es sind auch meist immer die gleichen Kunden, die solche Fahrzeuge einsetzen wollen. Und es gibt Verlader, wie etwa Porsche, die bei den Ausschreibungen solche Fahrzeuge verlangen – was noch einmal on Top kommt. Da steht aber kein Fabrikat drin. Faktisch kann jeder Trailerhersteller 14,9-Meter-Sattel bauen. Auf jeden Fall hat der 14,9er Sattel einen deutlich kleineren Anteil, als es die Hersteller behaupten, die diese Fahrzeuge propagieren.
Bleibt ja auch immer das Risiko, dass die Befristung des Typ bis 2023 nicht verlängert wird und Europa-konform ist er ja auch nicht, oder?
Frank Albers: Stimmt, der Typ 1 darf grenzüberschreitend nicht eingesetzt werden. Daran zeigt sich schon, dass dieser Fahrzeugtyp nicht europafähig ist und es auch nicht wird! Wir hatten ein ähnliches Thema beim langen Containerchassis für 45 Fuss, wo es um 12 cm ging und wo sich die Europäische Union 25 Jahre gestritten hat, um von 13,62 auf 13,72 Meter zu gehen, um den 45-Fuss-Container gesetzeskonform fahren zu können. Wir brauchen die Einigkeit in Europa, haben aber viele Ländern die gegen den verlängerten Sattel sind.
Gibt es denn eine größere Chance, 25,25 Meter europaweit zu homologieren?
Dr. Krone: Wir waren ja der erste Hersteller, der so etwas vorgestellt hat und nannten es damals Gigaliner. Ich hatte damals schon gewarnt, dass Giga sich irgendwie gefährlich anhört. Aber ich habe mich überstimmen lassen. Dann haben wir noch unseren größten Wettbewerber überzeugen können, das zusammen mit Dr. Wissmann zu einem VDA-Projekt zu machen. Wir haben die Fahrzeugkombinationen Eurokombi genannt und gehofft, dass wir damit den Durchbruch schaffen. Aber der verfluchte Name Gigaliner war halt schon etabliert... Das war zu Anfang der Lang-LKW Diskussion der erste große Fehler, der uns bis heute nachhängt. Deshalb können wir die Frage ob und wann wir diese Idee europaweit etablieren, nicht beantworten.
Der Fokus von Krone liegt also auf der Standard-Kombination, leicht, aerodynamisch optimiert?
Frank Albers: Und natürlich digitalisiert, das haben wir bislang nicht erwähnt. Durch Digitalisierung haben wir die Möglichkeit das Fahrzeug besser auszulasten. Alleine die digitale Reifendruckkontrolle bringt viel im Reifenverschleiß, aber auch im Kraftstoffverbrauch und damit beim CO2-Ausstoß.
Realisieren die Kunden diese Potenziale?
Frank Albers: Selbst wenn nicht, müssen die Fahrzeuge ab 2023 serienmäßig damit ausgestattet sein, also profitiert der Kunde in jedem Fall davon. Ungeachtet dessen ist der Markt natürlich heiß umkämpft und es geht um jeden Cent – nicht nur um jeden Euro. Ergo spart das letzte Glied der Kette, der Transportunternehmer, an allen möglichen Stellen. Da wird dann auch mal an Dingen gespart, die eigentlich sehr positiv wären, wie eine Reifendruckkontrolle oder aerodynamische Optimierungen. Wir haben schon 2008 mit unserem Eco-Liner signifikante Einsparpotenziale aufgezeigt. Aber wenn sich so eine Technik nicht erkennbar innerhalb von 24 Monaten amortisiert, ist der Unternehmer nicht Willens zu investieren.
Bernard Krone: Ich würde die neue Gesetzgebung auch nicht per se als was Schlechtes verstehen wollen. Wir leiden doch darunter, dass wir überall knapsen müssen. Über Themen wie Digitalisierung und CO2-Einsparung kann man es doch schaffen, dass die Wertschätzung für die Logistik wieder steigt und eben Logistik und der Straßentransport ein wichtiger Teil der Wertschöpfung sind. Da kann man noch einiges bewegen.
Haben die Trailerhersteller das Thema Digitalisierung und Telematik zu lange den Zugfahrzeugherstellern überlassen?
Frank Albers: Man hätte vielleicht mehr kommunizieren können. Aber interessant ist es doch nur, wenn dann mal Lösungen da sind, die der Unternehmer nutzen kann. Die reine Telematik ist wie ein blutleerer Kreislauf. Interessant wird es jetzt, etwa mit dem Auslesen und Regelung der Kühlmaschine oder das fernfreigeben von Türenöffnungen.
Dr. Krone: Ich glaube zudem, dass vor allem die großen Logistikdienstleister längst die Vorteile der Digitalisierung erkannt haben und sie für sich nutzen. Aber die Kleinen, die mit dem letzten Cent rechnen müssen, nutzen das sicher noch nicht in dem Maße für sich, wie es sinnvoll wäre.
Bernard Krone: Im Grunde genommen müssen doch auch beide Teile eines Lkw eine Telematik haben. Ich will in der Zugmaschine etwa wissen, wie viel Lenkzeit hat der Fahrer noch, bewegt er den Lkw sparsam oder nutze ich Geofencing. Gleichzeitig will ich aber auch etwas über den Zustand der Ladung wissen. Will wissen wo ein ggf. unbegleiteter Trailer ist, ob die Kühlmaschine läuft, ob ich noch etwas zuladen kann. Ich glaube, dass wir alle vor zehn Jahren die Möglichkeiten noch unterschätzt haben. Der Kenntnistand war, ich weiß dann wo mein Auto ist und kann mal ein wenig gucken. Aber die echten Möglichkeiten kennen wir erst seit dem Beginn der Digitalisierung. Man kann darüber streiten, ob das vor zehn Jahren schon war. Da standen wir wahrscheinlich an der Schwelle. Aber richtig Fahrt hat das Thema erst jetzt bekommen und hätte man es erahnen können, hätte man auch mehr Gas geben können. Heute sollte der Kunde verstehen, dass es einen wirklichen Mehrwert hat. Den müssen wir ihm erklären und es schaffen, dass er diesen Mehrwert auch erkennt. Und natürlich muss er auch bereit sein dafür zu bezahlen. Sonst ist eben richtig was mein Vater sagt, dass sich das nur große Unternehmen leisten können. Aber der Vorteil ist, unabhängig von der Flottengröße, für alle da. Man muss nur irgendwann damit anfangen. Das können wir nur gebetsmühlenartig immer wieder so darlegen.
Frank Albers: Der Kunde muss seine Vorteile generieren, etwa im Fuhrparkmanagement, wo wir natürlich unterstützen, wenn es unter anderem um ‚Predictive Maintenance‘ geht. Aber natürlich muss auch der Gegenpart, das Netzwerk aufgerüstet sein. Kürzlich haben wir auf unserer Pressekonferenz unser Kooperation mit Shippeo verkündet. Da geht es um ETAs, also die Zeitfenster für die Ankunft. Diese Information muss der Verlader, wenn sie denn bereitgestellt wird, auch in seinen Systemen verarbeiten können und seine Prozesse optimieren. Das was am Ende herauskommt, ist wirtschaftlich absolut sinnvoll. Aber ich kann das als Spediteur und Transportunternehmer nur anbieten, wenn mein Verlader damit etwas anfangen kann. Sonst lohnt es sich nicht. Auf der anderen Seite gibt es Verlader, die solche Informationen fordern und nur Transportunternehmen beauftragen, die solche Daten liefern können. Trotzdem denke ich, dass das Thema ganz schnell Einzug hält und für alle Beteiligten enorme Vorteile bringt.
Gibt es denn keine überschaubare, kostengünstige Telematik-Lösung, mit der ich als kleiner Transportunternehmer gut klar komme?
Frank Albers: Vor zehn, fünfzehn Jahre war das Thema für kleine Unternehmen sicher zu teuer. Aber über den Zeitverlauf ist es günstiger geworden. Krone rüstet zum Beispiel alle Kühlauflieger serienmäßig mit Telematik aus. Was der Unternehmer machen muss, ist die Telematik aufzuschalten und die Daten für sich zu nutzen und zu verwerten. Das ist auch für ein mitteständisches Unternehmen machbar.
Bernard Krone: Die Hardware ist ja auch nicht das Problem. Wir werden irgendwann dahin kommen, dass jeder Trailer von Krone eine Telematik hat. Wie sich der Kunde aufschaltet, also mit welcher SIM-Karte und welchem System, steht ihm frei. Er muss nicht auf unser Portal zugreifen. Wohl aber kann er mit fremden Systemen auf unser Portal. Es war ja immer unser Anspruch, das System offen zu gestalten. Geschlosse Systeme passen ja überhaupt nicht zur Digitalisierung. Deren Sinn ja gerade ist, dass jeder mit jedem kommunizieren kann.
Kommen wir zu einem anderen Thema: Wachstum und Zukäufe. Immer wieder gab es Gerüchte, Krone kauft einen Baufahrzeughersteller. Bis heute ist nichts passiert. Ärgern Sie sich, nachdem die Baubranche auch in Zeiten von Corona brummt?
Bernard Krone: Geärgert haben wir uns mit Sicherheit noch nicht. Wir waren ja nicht untätig. Nach Analyse unserer Portfolios haben wir gemerkt, dass wir uns im Bereich Achse verstärken können. Also haben wir Gigant, Trenkamp & Gehle übernommen. Das funktioniert wirklich gut. Und wenn ich sehe wie selbstverständlich wir mittlerweile Achsen verkaufen auf denen Krone steht und wie gut die läuft und wie gut sie akzeptiert wird, zeigt es, dass wir eine Top-Lösung bekommen haben. Dann haben wir viel selber entwickelt. Eine neue Dry-Liner-Generation. Wir haben die Wechselpritschen weiterentwickelt. Wir haben im Bereich KEP-Fahrzeuge Entwicklungen vorangetrieben. Wir haben also unser Portfolio selber erweitert, plus eben das Stichwort Rytle, eine Abrundung des Angebotes nach unten. Viele bezeichnen das noch als Spielerei. Aber wir haben das vor Friday for Future begonnen, bevor Greta angefangen hat zu demonstrieren. Der Trend war in Ansätzen erkennbar, bekommt aber jetzt und die nächsten Jahre erst noch eine enorme Dynamik durch die Gesetzgebungen der EU. Wenn man sich die Innenstädte ansieht, wo jetzt Autospuren zu Fahrradspuren umgewandelt werden, dann war diese Investition nicht ganz verkehrt.
Und dann haben wir uns umgesehen – auch vor dem Hintergrund, dass der Bausektor wuchs, grundsätzlich aber eine Branche ist, die starken konjunkturellen Wellenbewegungen unterworfen ist. Das Segment ist hart umkämpft. Viele Hersteller sind seit Jahren, sagen wir mal notleidend. Also haben wir uns gedacht lieber in etwas zu investieren, wo wir eine hohe Qualität haben, eventuell auch eine Marktführerschaft erreichen – und dann sind wir über das Thema Knapen ‚gestolpert‘. Knapen ist Markt- und Technologieführer in Europa, hat ein sehr gutes Image. Also konnten wir damit ein Unternehmen übernehmen, das uns unabhängiger macht von den normalen Konjunkturzyklen. Und Knapen passt zu uns, weil sie zu einem Drittel im Landwirtschaftsbereich tätig sind. Recycling ist ein Zukunftsthema. Aus dieser Übernahme konnten wir sofort Benefits generieren. Im Bereich Kipper ist uns etwas Ähnliches noch nicht über den Weg gelaufen.
Dr. Krone: Zum Thema Knapen möchte ich noch ergänzen, dass ich die Tage dort war. Ich war wieder mal beeindruckt von der Produktion. Und nach einem Blick auf die Zahlen bin ich noch mehr beeindruckt. Was die Kipper betrifft, haben wir immer mal wieder nachgedacht. Auch da habe ich mir in der Vergangenheit viele angesehen, die verkaufen wollten. Letztlich kam ich aber immer wieder zur Erkenntnis, dass ich mir das nicht antue. Nicht anders, als mein Sohn das Geschäft übernommen hat. Auch er war mit unseren Geschäftsführern unterwegs – und jedes Mal war die Entscheidung einstimmig: Wir kaufen nicht! Was aber nicht heißt, dass das für alle Zeiten gilt. Das Thema ist komplex. Man baut ja nicht einfach mal einen Kipper …
Also gut, aktuell kein Kipper. Sie hatten Rytle angesprochen, ein Lastendreirad. Da klafft jetzt im Portfolio eine Lücke zwischen klein, also Rytle sowie KEP-Aufbauten und groß, also den BDK-Lafetten und Wechselbehältern. Ist da etwas zu erwarten?
Bernard Krone: Das kommt immer auf die Region an. Es gibt ja bereits Länder wie Singapur, wo Rytle und ähnliche Konzepte bereits im Straßenbild auftauchen. Und für eine Erweiterung unseres Portfolios benötigen wir die richtige Idee und den richtigen Ansatzpunkt. Aber ein e-Bike, dann ein, sagen wir mal e-Fahrzeug, und dann das KEP-Fahrzeug, können wir uns durchaus vorstellen.
Würde Krone so etwas selbst machen oder im Zuge einer Partnerschaft. Das Thema hat durch den letztlichen Misserfolg des Street Scooter ja bereits einen Dämpfer erhalten.
Bernard Krone: Das müsste man sehen. Wobei ich beim Thema Street Scooter sagen muss, dass das auch aus meiner Sicht nicht der richtige Ansatz war. Da muss es noch etwas anders geben für enge Innenstädte. Konkrete Pläne haben wir aktuell nicht, aber vorstellen können wir uns so etwas.
Dr. Krone: Wir haben auch schon konkrete Angebote, seit wir im Bereich E-Mobilität unterwegs sind. Da kommen viele Leute mit teils durchaus interessanten Ideen auf uns zu.
Bernard Krone: Trotzdem konzentrieren wir uns aktuell auf Rytle. Wir haben jetzt einen Partner in den USA gefunden. Dort produzieren wir für einen großen Online-Versandhändler für bestimmte Pilotprojekte. Wir haben unseren Lead-Customer, sie wissen, der mit den braunen Fahrzeugen. Mit dem wir quer durch die USA Tests machen. Und die Ergebnisse sind ebenso hervorragend wie mit den ‚Gelben‘ in Deutschland. Grundsätzlich setzen wir bei den Partnerschaften auf die großen Player. Das sind die Pioniere, die müssen solche Ideen durchsetzen und die generieren auch Stückzahlen. Wobei, wir beliefern natürlich auch einen Stadtboten oder jemanden der Ware an Supermärkte zustellt.
Ein relativ neues Geschäft von Krone ist die Herstellung von Transportkälteanlagen. Wie sieht es, aktuellen Trends entsprechend, mit eine elektrifizierten Version aus?
Bernard Krone: Wir haben bereits eine solche Anlage zusammen mit THT, Twan Heetkamp Trailers, entwickelt. Die sogenannte „New Cool“ wurde kürzlich bei unserem Presseworkshop vorgestellt. Mit Twan Heetkamp arbeiten wir in dem Bereich seit gut drei Jahren zusammen. Das ist ein engagierter Niederländer, der aus dem Gebrauchtfahrzeuggeschäft kommt. Anschließend hat er eine eigene Vermietgesellschaft samt Gebrauchtfahrzeughandel gegründet. Als Vermieter wurde er Krone-Kunde, ein recht starker Kunde. Dann hat er an TIP verkauft und war auf der Suche nach neuen Ideen. Letztlich kam er auf die Idee, dass ein Auflieger durch Rekuperation Elektrizität speichern kann, die man für ein Kühlaggregat verwendet.
Frank Albers: Aktuell laufen bereits rund 50 Fahrzeuge, THT hat inzwischen die dritte Generation am Start. Wie üblich werden die Komponenten immer besser, die Batterien immer kleiner. Und THT hat bereits eine Kalkulation, dass sich das elektrische Kühlaggregat schon jetzt nach etwa sieben Jahren rechnet. Ungeachtet davon haben wir auch bereits an einem Projekt für Innocent mitgearbeitet, dem Smoothie-Hersteller, wo wir einen vollelektrischen Kühl-Lkw samt E-Zugmaschine realisiert haben.
Krone baut jetzt also Achsen und Kühlaggregate. Es gäbe noch ein paar andere Dinge, die man insourcen könnte?
Bernard Krone: Genau genommen gibt es heute schon jede Komponente an unseren Trailern, die unseren eigenen Namen trägt –Rückleuchten, Sattelstützen, komplette Dächer, alles. Zugegeben ist nicht zwingend alles durch uns selbst hergestellt. Aber es gibt alles in einer Standard-Version, mit überschaubarer Varianz, mit unserem Namen.
Und wie viele Kunden haben einen 100-Prozent-Krone-Trailer?
Frank Albers: So ein Fahrzeug nennt sich „All-in-Krone“ und es gibt eine ganze Menge Kunden, die so einen Trailer kaufen. Der Kunde spezifiziert normalerweise den Reifen und sagt, welche Achse verbaut werden soll. Alles andere ist sekundär.
Dr. Krone: Wir haben uns ganz bewusst vor ein paar Jahren entschieden, auf der IAA ein Fahrzeug auszustellen, bei dem alles - vom Schiebeverdeck bis zur Stützwinde - von uns war. Die gesamte Trailerbranche hat über viele Jahre Komponenten wie Achsen oder Drehkränze wegen der überschaubaren Anzahl an Herstellern viel zu teuer eingekauft und musste diese überhöhten Preise an die Kunden weitergeben. Damit musste mal Schluss sein.
Das Interview führte Gerhard Grünig, Chefredakteur der VerkehrsRundschau