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E-Fuels: Hamburger Forscher produzieren klimaneutralen Kraftstoff

18.04.2023 11:40 Uhr | Lesezeit: 3 min
HVO im Reagenzglas
HVO ist Diesel, der aus Abfallstoffen hergestellt wird. Hamburger Forscher haben eine Anlage entwickelt, die die Produktion von Kraftstoff aus Altspeisefetten besonders effizient hinbekommt (Symbolbild)
© Foto: iStock/ Ivan-balvan

Forscher der Hamburger Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) haben eine Anlage zur Produktion von synthetischem Kraftstoff aus Altspeisefetten entwickelt. Mit dem klimaneutralen Kraftstoff könnten herkömmliche Autos und Lastwagen betankt werden.

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Mit Kraftstoffen aus Abfällen das Klima schonen - das ist das Projekt von Forschern der Hochschule für Angewandte Wissenschaften in Hamburg-Bergedorf. In einer Pilotanlage stellen sie Bio-Rohöl und künstlichen Diesel aus Altspeisefetten her.

Mit dem klimaneutralen Kraftstoff könnten ohne weiteres herkömmliche Autos und Lastwagen betankt werden, sagt Projektleiter Thomas Willner. Für die Herstellung von einem Liter Kraftstoff benötige die Anlage eine Kilowattstunde Strom.

Um ein Auto 100 Kilometer weit fahren zu lassen, seien also rund 5 Kilowattstunden Strom nötig. Ein Elektroauto verbrauche dagegen auf dieser Strecke etwa 15 Kilowattstunden, sagt Willners Kollegin Anika Sievers.

Künstliche Kraftstoffe sind keine neue Idee. Der finnische Konzern Neste produziert hydriertes Pflanzenöl in großen Raffinerien in Rotterdam, Singapur und im finnischen Porvoo. Bis 2025 könnten nach Branchenschätzungen 30 Millionen Tonnen im Jahr hergestellt werden, sagt Willner.

Nexxoil plant PtL-Produktion nach dem Konzept der Forscher in Hamburg und Bayern

Das Besondere an seinem Projekt READi-PtL (Reactive Distillation Power to Liquid - Reaktivdestillation Energie zu Flüssigkeit) ist die Effizienz: Eine Anlage zur Produktion von einigen Tausend Tonnen Kraftstoff könne direkt neben einem Entsorgungsbetrieb aufgebaut werden und wirtschaftlich arbeiten.

Tatsächlich ist das bereits geplant. Die Firma Nexxoil will eine erste Produktionsstätte bis Ende des Jahres im Raum Hamburg bauen, eine zweite im kommenden Jahr in Bayern, wie Geschäftsführer Thorsten Dunker sagt.

Ein weiterer Kooperationspartner des Hamburger Hochschulprojekts ist das schleswig-holsteinische Entsorgungsunternehmen KBS. Es liefert zurzeit die Altfette, aus denen Willner und Sievers etwa zwei Tonnen Kraftstoff in der Woche herstellen.

Anlagenkonzept stellt Bio-Rohöl und Grundstoffe für Industrie her

In der Werkhalle auf dem Hamburger Campus stehen mehrere große Kunststoffbehälter, etwa einen Meter hoch. Sie enthalten altes Speisefett aus der Mensa der Hochschule. In einem Tank der Anlage wird es vorgewärmt und gut durchgerührt (homogenisiert).

Das flüssige Fett wird in einen Reaktor gepumpt. Bei einer Temperatur von 350 bis 400 Grad werden die relativ großen Kohlenwasserstoff-Moleküle des Fetts «gecrackt», also aufgebrochen, erläutert Sievers. Schließlich verdampfen die Moleküle und werden in einem Kondensator wieder abgekühlt.

In einer ersten Stufe entsteht das Bio-Rohöl. In einer zweiten Stufe werden Grundstoffe erzeugt, die in der chemischen Industrie genutzt werden können. Allerdings müssten die Moleküle vorher „designed“ werden, sagt Willner. Das machen die Forscher, indem sie Wasserstoff hinzugeben.

Nebenbei bilden sich im Reaktor Gase wie Methan, Ethan und Propan, die künftig zum Erwärmen der Anlage genutzt werden sollen. „Der Prozess könnte autark laufen“, sagt Willner.

Möglicher Rohstoff Plastikabfall

Übrig bleibt eine Art Kohle, die als Bodenverbesserer in die Erde eingebracht werden könne und damit CO2 langfristig binde. Außerdem bleibe Abwasser zurück, aus dem noch Biogas gewonnen werden könne. Künftig wollen die Hamburger Verfahrenstechniker Plastikabfälle als Rohstoff für ihren klimaneutralen Erdölersatz nutzen.

E-Fuels aus Synthesegas: Kritik an hohem Strombedarf

Sogenannte E-Fuels können auch auf eine andere Art aus Synthesegas hergestellt werden. Bei diesem Verfahren wird Kohlendioxid aus der Luft genutzt, um ein Gasgemisch aus Kohlenmonoxid und Wasserstoff zur Weiterverarbeitung zu gewinnen.

Forscher am Karlsruher Institut für Technologie nutzen die sogenannte Fischer-Tropsch-Synthese zur Produktion von E-Fuels. Kritiker bemängeln allerdings einen hohen Strombedarf des Verfahrens. Doch nach Ansicht von Willner ist dieser Weg sinnvoll, etwa in Ländern mit hohem Überschuss an Solarenergie wie Saudi-Arabien.

Greenpeace warf Bundesverkehrsminister Volker Wissing kürzlich vor, er und seine FDP weckten „mit ihren E-Fuels-Märchen falsche Hoffnungen mit fatalen Folgen für Industrie und Klima“. Sievers sagt dagegen: „Verbrenner werden noch lange da sein.“ Es gehe darum, alle Fahrzeuge am Klimaschutz zu beteiligen. Die Professorin ist überzeugt: „Das könnten wir durch den Kraftstoff, den wir hier produzieren, unmittelbar erreichen.“

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