Über 60 Verbände und Unternehmen der Transport- und Energiewirtschaft haben in einem offenen Brief an die Bundesregierung gefordert, sich bei den anstehen Verhandlungen über CO2-Flottengrenzwerte für Lkw zwischen EU-Rat, -Parlament und -Kommission dafür einzusetzen, dass unter anderem die klimaschonende Wirkung von Biokraftstoffen durch einen Korrekturfaktor berücksichtigt wird.
Derzeit wird die EU-Verordnung über CO2-Emissionsstandards für neue schwere Nutzfahrzeuge (2019/1242) überarbeitet und befindet sich im parlamentarischen Verfahren. Die Verbände und Unternehmen fordern in ihrem Brief die Bundesregierun nun auf, sich für einen „Carbon Correction Factor“ (CCF) einzusetzen.
CO2-Emissionen von Produktion und Transport der Kraftstoffe mit berücksichtigen
Durch einen solchen Faktor würden die CO2-Emissionen, die bei der Herstellung und beim Transport der Antriebsenergie anfallen, in die Einstufung von neuen Lkw einfließen, erklärt OG Clean Fuels, unter anderem Betreiber von Bio-CNG- und Bio-LNG-Tankstellen. Er ist einer der Unterzeichner des Offenen Briefs. Nach dem bisher geplanten regulatorischen Ansatz werde nur das am Auspuff eines Fahrzeugs entweichende Kohlendioxid gemessen.
„Durch den CCF erweitern wir die klimarelevante Betrachtung von der Produktion der Antriebsenergie bis zum Auspuff und bilden damit erstmals einen großen Teil der klimaschädlichen Emissionen durch den Einsatz von schweren Nutzfahrzeugen ab“, erklärt Johan Bloemsma, Deutschland-Chef von OG Clean Fuels.
Von Biokraftstoffen zurück auf fossilen Diesel?
So würden beispielsweise bei der Produktion von Bio-CNG aus Mist der Atmosphäre mehr CO2-Äquivalente entzogen, als später bei der Verbrennung des Kraftstoffs im Motor entstehen, hebt das Unternehmen weiter hervor. Aufgrund der Zulassungs- und Mautregelungen werden mit Bio-CNG betriebene Gas-Lkw genauso schlecht behandelt wie Lkw, die mit fossilem Diesel betankt werden, nennt das Unternehmen einen weiteren Kritikpunkt.
Aktuell sehe man, dass durch die politischen Rahmenbedingungen Lkw, die mit regenerativen Kraftstoffen betrieben werden, wirtschaftlich aus dem Markt gedrängt werden. Die Unternehmer würden daher wieder auf fossilen Dieselkraftstoff umsteigen. „Mit der Einführung eines Carbon Correction Factors könnte diese für den Klimaschutz fatale Entwicklung gestoppt werden“, so der Deutschland-Chef.
ZDK: Technologieneutrale Ausgestaltung der Verordnung wichtig
Zu den unterzeichnenden Verbänden gehören unter anderem BGL, BVL, BWVL, DSLV, BIEK, der Handelsverband Deutschland, der Fachverband Biogas und die eFuel Alliance und der ZDK.
So äußerte sich auch Arne Joswig, Präsident des Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK). „Um überhaupt die ambitionierten Klimaschutzziele in Deutschland und Europa zu erreichen, brauchen wir den schnellen Hochlauf aller denkbaren klimaneutralen Technologien. Dies gilt insbesondere bei der technologieneutralen Ausgestaltung der CO2-Emissionsstandards auch für neue schwere Nutzfahrzeuge.“
Erneuerbare Kraftstoffe würden bereits heute helfen, verkehrsbedingte CO2-Emissionen zu reduzieren. Die Bundesregierung müsse sich für einen CCF einsetzen, „nur so gelingt ein schneller und effektiver Klimaschutz im Verkehrssektor“. Der ZDK und die weiteren unterzeichnenden Unternehmen und Verbände der Logistik- und Busbranche sowie der Kraftstoff-, Nutzfahrzeug- und Zulieferindustrie würden nachdrücklich das Ziel der Klimaneutralität bis 2045 unterstützen, teilt der Verband weiter mit.
„Wenn die durch den Einsatz von erneuerbaren Kraftstoffen in Verbrennungsmotoren heute schon realisierbaren Klimaschutzerfolge gesetzestechnisch nicht berücksichtigt werden, vergibt Brüssel eine große Chance“, warnt Frank Huster, Hauptgeschäftsführer des DSLV Bundesverband Spedition und Logistik.
„Die Einführung des Carbon-Correction-Factor wäre ein wichtiger erster Schritt, um den Klimaschutz mit erneuerbaren Kraftstoffen im Schwerlastverkehr voranzubringen. Jedoch muss die Politik darüber hinaus dringend noch weitere Maßnahmen ergreifen, um Investitionen in die Produktion solcher Fuels voranzubringen“, betont Christian Küchen, Hauptgeschäftsführer en2x – Wirtschaftsverband Fuels und Energie. So sei es dringend erforderlich, die von der EU-Kommission vor mehr als 2 Jahren vorgeschlagene Reform der EU-Energiesteuerrichtlinie endlich umzusetzen.
>>> Der offene Brief findet sich als PDF-Download auf den Webseiten des ZDK