Zweikraftstoff-System

Zweikraftstoff-System Gas geben – Diesel sparen CHM bietet für DAF XF und Mercedes Actros den Umbau auf ein Zweikraftstoff-System mit Flüssiggas und Diesel an. Lohnende Alternative oder riskante Bastellösung? Gasmotoren liegen auch beim LKW im Trend. Iveco pusht den Stralis als CNG-Erdgas im Verteilerverkehr, Mercedes macht mit Econic CNG und LPG Druck. Allen Herstellerlösungen gemein ist die werksmäßige Umrüstung eines Diesels auf Fremdzündung. Den Betrieb eines Selbstzünders als Gasmotor – bisher hauptsächlich als Antriebseinheit in Kleinkraftwerken favorisiert – bietet aktuell Umrüster CHM-Trucktec aus Amberg an. Entwickler der Anlage ist Christian Peelen, Werkstattinhaber aus Duisburg, der seine Idee mit eigentlich recht einfachen Mitteln umsetzt. Grundgedanke für die Nutzung des neuen Treibstoffs ist der güns-tige Einstandspreis von Flüssiggas. Bei etwa den halben Kosten spart jeder durch Gas ersetzte Liter Diesel 50 Cent pro Kilometer. Nach dem Motto „grau ist alle Theorie“ könnte Peelen also 30 Liter Diesel durch rund 30 Kilo Gas ersetzen – der Energiegehalte ist näherungsweise identisch – und könnte so knapp 16 Euro pro 100 Kilometer oder über 20.000 Euro bei 130.000 Kilometern Jahresfahrleistung sparen. Nicht aller Diesel lässt sich ersetzen Ganz so einfach ist es allerdings nicht, denn Gas verbrennt anders, vor allem heißer als Diesel. Ein Komplettersatz von Diesel kommt ergo nicht infrage, weil dafür ein aufwändiger Motorumbau nötig wäre. Also geht Peelen einen anderen – einfacheren – Weg: Er spritzt nur maximal rund zehn Kilo Gas pro 100 Kilometer direkt ins Ansaugrohr. Der Motor saugt das Gas-Luftgemisch an oder bekommt es besser gesagt vom Turbolader injiziert. Beim Einspritzvorgang selbst kann Peelen die Dieselmenge zurücknehmen, da bereits in adäquater Menge zündbares Gas im Zylinder enthalten ist. Inwieweit er die serienmäßige Motorregelung beeinflusst, darüber will er verständlicherweise nichts verraten. Denn dieses Know-How ist exakt der wichtigste Baustein zum Erfolg. Immerhin verrät er so viel, dass bis zum korrekten Arbeiten der Anlage jede Menge Versuche nötig waren. Und zum Durchbruch verhalf ein kleiner, aber wirkungsvoller Trick: „Anfangs hatten wir Probleme bei der Vermischung von Ansaugluft und eingedüstem Gas. Die Folge war eine ineffektive Verbrennung“, plaudert Peelen aus dem Nähkästchen. „Dann haben wir einfach die Einspritzdüse gegen den Luftstrom im Ansaugtrakt gerichtet. So verwirbelt das Gas optimal und wir bekommen ein zündfähiges Gemisch in den Brennraum. Die Funktion der Zündkerze übernimmt der weiterhin eingespritzte Diesel.“ Dessen Flammfront hat genügend Energie, um auch das Gas zur Verbrennung zu bringen – der Fachmann kennt dieses Prinzip als „Zündstrahlmotor“. Solche Triebwerke werden in besagten Biogasanlagen gerne verwendet, haben aber dort den Vorteil, nur in einem Betriebspunkt zu laufen. Die Regelung in einem dynamisch arbeitenden LKW-Motor ist natürlich deutlich schwieriger, weshalb wir wissen wollten, wie es in der Praxis funktioniert. Als Test-LKW stand eine DAF-XF105.460-Sattelzugmaschine von Einbaupartner Jordan zur Verfügung. Die DAF-Werkstatt aus Bocholt übernimmt neben dem Einbau auch die Wartung und offeriert interessierten Kunden die Demo-Zugmaschine, um eigene Erfahrungen zu sammeln.Die gute Nachricht zu Beginn: Die Fahrt verläuft nach dem Motto „Wie sie sehen, sehen sie nichts!“ Nur im direkten Vergleich würde man ein minimal anderes Geräuschbild wahrnehmen. Generell verbrennt Gas weicher als Diesel. Lediglich in Betriebszuständen mit sehr hoher Last würde ein leichtes Klingeln auftreten, also jene unkontrollierten Frühzündungen, die für einen Benziner nicht eben gesund sind. Die Kunst liegt nun genau darin, diese Grenze samt ihrem schmalen Grat so gut abzubilden, dass man eine möglichst große Menge an Diesel durch Gas ersetzen kann, ohne die Maschine zu ruinieren. CHM realisiert dies auch durch eine Lastregelung, bei der oberhalb von 80 Prozent Leistungsabfrage die Gasmenge auf null reduziert wird, der Motor also nur im reinen Dieselbetrieb läuft. Gleich stark mit Diesel oder Gas Im Hinblick auf Leistung und Drehmoment muss der Teil-Gas-Motor den Vergleich zum Diesel-Pendant nicht scheuen. Der subjektive Eindruck gibt keinen Anlass, an vorhandenen 460 PS oder 2300 Nm maximalem Drehmoment zu zweifeln. Auch die automatisierte AS-Tronic Schaltung arbeitet wie gewohnt, der mit Alternativkraftstoff betriebene Sechszylinder hat keine Probleme mit 40 Tonnen. Um den Spareffekt noch zu unterstützen, verbaut Peelen noch ein kleines Wunderkästchen, das je nach Beschleunigung und Lastzustand über eine grüne, eine gelbe und eine rote Diode signalisiert, ob der Fahrer gerade wirtschaftlich oder unwirtschaftlich fährt. Anzunehmen, dass das bunte Lichterwerk auch noch Motorschutzfunktion hat. Auch ohne Physikum lässt sich nachvollziehen, dass die rote Lampe mit hohen Verbrennungstemperaturen verbunden ist (siehe Interview) und nicht nur den Verbrauch, sondern auch den Verschleiß in die Höhe treibt. Deshalb reduziert sich im „roten Betriebspunkt“ die Gasmenge und damit der Einspareffekt auf null. Auf jeden Fall treibt die Gasanlage das Gewicht des Fahrzeugs in die Höhe. Zwar wird Flüssiggas (LPG) nur unter Minimal-Überdruck gespeichert, sodass Peelen auf die aufwändigen Drucktanks verzichten kann. Dennoch kommen auch so schon – abhängig von der Tankgröße– zwei Zentner Gewicht zusammen. Was allerdings für die CNG (Erdgas)-Lösung spräche, ist der Praxisnachweis der Langzeit-Tauglichkeit. Schon vor einer Dekade verbaute Josef Wespe in der Schweiz CNG-Motoren. Die kamen aber von den Aggregateherstellern aus Amerika und vertrugen den Alternativkraftstoff uneingeschränkt. Heute räumt Wespe junior allerdings ein, dass trotz Praxistauglichkeit die Zahl der Umrüstungen auf homöopathische Dosen zurückgegangen ist, weil beim Erdgas „die Umbaukosten kaum im Verhältnis zur Einsparung stehen“ Der Umbau kostet Minimum 5450 Euro Das soll beim CHM-System freilich anders sein. Mit 5450 Euro und Einspareffekten von etwa fünf bis sechs Euro pro 100 Kilometer soll sich der Umbau schnell amortisieren. Und trotz nicht wirklich in die Fahrzeug- und Motorelektronik integrierter Steuerung scheint es zu funktionieren (siehe Kasten rechts oben). Die avisierten 10 bis 25 Prozent Ersparnis bei den Kraftstoffkosten scheinen möglich – wenn während des Betriebes nichts passiert. Ein Motorschaden, eventuell hervorgerufen durch zu hohe Verbrennungstemperaturen, könnte die Bilanz ordentlich verhageln. Immerhin bietet CHM-Trucktec über die Signal Iduna eine Motorenbruchversicherung an, die der Kunde aber gesondert bezahlen muss. Neben der üblichen zwölfmonatigen Garantie auf die Anlage selbst, gewährt CHM keine Garantie auf Motor oder Antriebsstrang. Aktuell liegen Typprüfungen aus Holland von TNO für den DAF XF105 und den Mercedes Actros mit V6-Motor vor. Alle anderen Euro-5-Fahrzeuge werden über Einzelabnahmen legalisiert. Die Bescheinigungen von TÜV Saarland gewähren dem Nutzer den gesetzeskonformen Betrieb mit den bivalenten Treibstoffen. Die Schadstoff-Klassifizierung bleibt erhalten. Immerhin bestätigt das Gutachten in einigen Punkten (zum Beispiel Partikel und Stickoxide) niedrigere Emissionen als beim reinen Dieselbetrieb. ❙❚■ Gerhard Grünig Äußerlich ist dem von DAF-Partner Jordan umgebauten XF105 der Gasbetrieb nicht anzusehen Zusatzinfo: Gasstandsanzeige und Füllungsgrad – bei Rot fährt man nur mit Diesel Die Größe des Autogastanks ist vom Platz am Rahmen abhängig. Einfüllstutzen gibt es an beiden Seiten. Der Motorumbau ist minimal, zur Sicherheit steht ein zweiter Injektor zur Verfügung Zweikraftstoff-System DAF gibt keine Garantie auf den Umbau Matthias Capito, Manager Helpdesk Parts, Services und Systems, der DAF Deutschland GmbH zum Autogasumbau. Wie schätzen Sie das Thema Gasumrüstung beim LKW ein? Matthias Capito: Das ist nach unserer Ansicht ein ähnlicher Trend, wie damals bei der Umrüstung auf Betrieb mit Pflanzenöl. Auf den ersten Blick bringt es Einspareffekte. Trotzdem kann man spätere technische Defekte nicht ausschließen – und damit ist die Gesamtwirtschaftlichkeit infrage gestellt. DAF gibt den Umbau also nicht frei? Nein, wir als DAF Trucks geben den Umbau nicht frei! Auch dann nicht, wenn DAF-Werkstätten diesen Umbau bewerben und vornehmen. Auch wenn es sich um autorisierte Reparaturbetriebe handelt, machen sie den Gasumbau auf eigene Verantwortung und ohne unsere Freigabe. Warum hat DAF Trucks Bedenken? Als Hersteller müssen wir allerhand Bemühungen unternehmen, um unsere Motoren nach geltenden Schadstoffnormen zu homologieren. Der Gasumbau ist nicht ins Motormanagement integriert. Wir müssen also davon ausgehen, dass zulassungsrelevante Größen, wie Emissionen, Leistung oder Geräusch verändert werden und damit die Betriebserlaubnis erlischt. Selbst wenn der Anbieter der Gasanlage eine ABE oder Einzelabnahme besitzt, sehen wir vor allem thermische Probleme beim Motor. Wenn der Motor nicht speziell für den Gasbetrieb – eigentlich ein niedrig verdichtetes Otto- und kein hoch verdichtetes Dieselverfahren – umgerüstet wurde, kann es unter anderem durch die höheren Temperaturen bei der Verbrennung zum Motorbruch kommen. Was passiert beim Motorschaden? DAF übernimmt keine Garantie oder Gewährleistung, Werkstätten werden auch keine Kulanzanträge stellen. Und Werkstätten, die den Umbau machen und dann Motorschäden verzeichnen, werden gleich ganz darauf verzichten, uns mit dem Thema zu konfrontieren. Wer also trotz der beschriebenen Fakten umrüstet, muss das Risiko selbst tragen oder entsprechend absichern! gg Interview Matthias Capito Zweikraftstoff-System Seit April problemlos im Einsatz 173 Einheiten zählt der Fuhrpark von Hubert Hörndl. Aktuell fahren davon 35 MAN TGX und Mercedes Actros mit Gasumbau von CHM. „Im April haben wir begonnen, die ersten Fahrzeuge umzurüsten“, erzählt der Forstinninger Logistikspezialist. „Bis auf anfängliche Kleinigkeiten laufen die LKW störungsfrei. So mussten wir zum Beispiel die Einbaulage der Tanks verändern, um sie vollmachen zu können. Bezüglich Verbrauchsreduzierung erreichen wir die vom Anlagenbauer avisierten Werte. Entgegen den Vorbehalten der Hersteller gibt‘s keine Motorprobleme.“ Die Gasversorgung sichert Hörndl über eine eigene LPG-Tankstelle. Jetzt hofft er, dass die Garantie der Bundesregierung auf güns-tige Gaspreise bis 2018 erhalten bleibt. Im Schichtbetrieb rechnet der Fuhrunternehmer mit einer Amortisationszeit von nur sechs Monaten. „Wer weniger fährt, müsste trotzdem in einem Jahr so weit kommen, dass sich der Umbau lohnt!“ gg Hubert Hörndl Praxiserfahrungen Hörndl-Transporte

DKV Mobility und MFG: Neue Partnerschaft für ultraschnelles Laden in Großbritannien

KEYOU bringt schweren Wasserstoff-Lkw auf den Markt

Transformation des Straßengüterverkehrs: Aiwangers Plan für eine grüne Logistikzukunft

Umstrittenes Personal für neue EU-Kommission

Neue Auto-Strafen in Italien wegen verschärfter Straßenverkehrsordnung

Alle Schlagzeilen

Zweikraftstoff-System

HASHTAG

#Alternative Antriebe

Dieselkraftstoff von morgen

MEISTGELESEN

Emons Spedition siedelt sich am c-Port an

Bund und Länder fördern Brennstoffzellen-Lkw von Daimler Truck

E-Rechnungspflicht in Deutschland: Was Unternehmen wissen müssen

STELLENANGEBOTE

Area HR Business Partner

Koordinator (m/w/d) Intralogistik mit Teamleitungsfunktion

Leiter (w/m/d) Logistik Teilbereich Warenausgang

Schichtleiter (w/m/d) Logistik - Warenausgang

Head of Logistics (w/m/d) mit fundierter Erfahrung im internationalen Versand

WEITERLESEN

NEWSLETTER