Ziel: Nummer eins in Europa

Die Gütersparte der Österreichischen Bundesbahnen, RCG, ist in den vergangenen Jahren einen strengen Sanierungskurs gefahren. Jetzt will man die Früchte ernten: "Wir sind bei der Sanierung erfolgreich unterwegs und blicken auf ein zufriedenstellendes Jahr 2013 zurück", bilanziert Reinhard Bamberger, Vorstandsmitglied RCG, im Gespräch mit der VerkehrsRundschau. "Wir reden nicht mehr nur von Sanieren, sondern von Wachstum und Innovation", ergänzt sein Vorstandskollege Erik Regter. ÖBB-Holding-Chef Christian Kern kündigte erst kürzlich für 2013 an, dass alle Geschäftsbereiche im Vorjahr positiv gewirtschaftet haben. Ende April legen die ÖBB ihre Bilanz für 2013 vor. Aus gesamtwirtschaftlicher Sicht wird die laufende Sanierung positiv zur Kenntnis genommen. "Wir begrüßen, dass die RCG betriebswirtschaftlich geführt wird", sagt Alexander Klacska, Obmann der Sparte Transport und Verkehr in der Wirtschaftskammer Österreich. Aufgrund ihrer dominanten Stellung müsse die RCG aber nach wie vor als Teil der österreichischen Verkehrspolitik gesehen werden. Klacska plädiert für die Schaffung fairer politischer Rahmenbedingungen für alle in Österreich agierenden Bahnunternehmen, von denen es derzeit 44 gibt. "Wir brauchen eine Gleichbehandlung aller Bahnen, eine klare Trennung zwischen Politik als Besteller und den Unternehmen, die die Aufträge erfüllen." Das Problem ist aber, dass das Verkehrsministerium als Eigentümervertreter der ÖBB einerseits und Verteiler der Finanzmittel anderseits keine "Gleichbehandlung für die 44 Bahnunternehmen und 740 Anschlussbahnen in Österreich gewährleisten kann", hebt Klacska hervor. An ehrgeizigen Zielen mangelt es bei der RCG nicht: Beim Volumen will man unter die Top drei der großen Bahnen in Europa kommen, bei der Kundenzufriedenheit, Wirtschaftlichkeit und Mitarbeiterzufriedenheit wollen sie auf Platz eins glänzen. "Wir sind weit gekommen, aber noch nicht am Ziel. Die Rail Cargo Group ist heute von den großen europäischen Güterbahnen die profitabelste", lässt Kern, der seit Jahresbeginn auch CER-Präsident ist, Europa wissen. 75 Prozent ihres Umsatzes macht RCG im grenzüberschreitenden Geschäft. Rail Cargo (RC) Logistics, RC Operator, RC Carrier (mit RC Austria und RC Hungaria), RC Wagon und ÖBB-Technische Services sind die fünf Standbeine, auf denen sich der Güterkonzern zu Jahresbeginn neu aufgestellt hat. In der neuen RC Logistics beispielsweise wird europaweit das gesamte Bahnspeditionsgeschäft verkauft. Ehemalige Firmen wie Express-Interfracht, Chem-Freight oder Agro-Freight gingen in der RC Logistics auf. Ende 2010 zählten die ÖBB 110 Töchter, heute sind es 55. Deutschland im Fokus Deutschland ist für die RCG eine der wichtigsten Märkte in Europa. Ende des Vorjahres wurde in Deutschland die RC Logistics Germany aus der Taufe gehoben. Näher beim Kunden sein ist die treibende Kraft der Gründung der Deutschland-Niederlassung, die neben der Niederlassung von RC Austria in Frankfurt bestehende und potenzielle Neukunden umwirbt. In Westeuropa mehr Mengen auf die Schiene bringen und in Eigentraktion durch Österreich und Ungarn nach Südosteuropa zu fahren ist erklärte Strategie. Ein Beispiel dafür ist der drei Mal wöchentlich rollende Ganzzug von Duisburg in die Türkei. Dabei handelt es sich um eine Kooperation der RCG mit dem türkischen Speditionsunternehmen Balo, wobei Balo den Zug befrachtet und die RCG als Carrier die Transportleistung erbringt, betont Regter. Ab April soll dieses Angebot weiter optimiert und die Anzahl der Abfahrten aufgestockt werden, um den Verladern in Westeuropa eine attraktive Achse nach Südosteuropa und in die Türkei zu bieten. Züge selbst zu produzieren ist wesentlicher Teil der RCG-Strategie, sowohl in Richtung Westen als auch nach Osten. Man wolle die Eigentraktion ausbauen, setze aber gleichzeitig auf die Kooperation mit anderen großen Bahngesellschaften, betont Bamberger. Tschechien, Slowenien, Rumänien, Bulgarien oder Italien sind Länder, in denen die RCG auf ausgewählten Korridoren schon selbst produziert. Eine Ausweitung des Geschäfts ist nicht ausgeschlossen, weil seit Jahresbeginn das Transportvolumen spürbar anzieht. Die RC Austria agiert in der neuen Struktur als Carrier, ebenso wie RC Hungaria in Ungarn. Diese beiden Gesellschaften sowie RC Carrier sind für die Eigentraktion zuständig. Auf dem Heimatmarkt Österreich gibt RCG ein klares Bekenntnis für die Präsenz in der Fläche ab. Die ÖBB gehören zu den Bahnen in Europa, die noch Einzelwagenverkehre abwickeln. 50 Prozent des Österreich-Volumens entfällt auf diesen Bereich, der bisher in vielen Fällen nicht kostendeckend war. Dank Produktionsoptimierungen, Preisanpassungen und seit 2013 eine für alle Güterbahnen verfügbare staatliche Förderung sind Richtung Kostendeckung wichtige Schritte gesetzt worden. Jetzt geht es darum, das Netz mit zusätzlichen Geschäften zu befüllen. Das sieht auch Professor Sebastian Kummer von der Wirtschaftsuniversität Wien so: Je klarer das "Ja" der Bahn zur Flächenbedienung, desto mehr Volumen kann auf die Schiene kommen, weil die Verlader auf dieses "Ja" vertrauen. Die Anreize für die Bahn dürfen aber nicht zulasten des LKW-Verkehrs gehen, gibt Klacska zu bedenken. Die Erarbeitung eines Gesamtverkehrsplans für den Güterverkehr bezeichnete er als einen guten Ansatz, Verlagerungspotenziale zugunsten der Schiene auszuloten. Um das Potenzial für das System Bahn zu nutzen, müssen "wir die verladende Wirtschaft und die Logistikdienstleister als Partner für die Bahn gewinnen", unterstreicht Klacska. Für die Attraktivität des Logistikstandortes Österreich wird in Zukunft das clevere Miteinander der Verkehrsträger Schiene und Straße entscheidend sein, glaubt Kummer, der der RCG deutliche Fortschritte bei Effizienz und Leistungsfähigkeit attestiert: "Wir brauchen in diesem Land gute Bahnunternehmen und die RCG ist eines davon." Rail Cargo Group Daten 2012 (Veränderung zum Vorjahr) Umsatzerlöse: 2340 Mio. Euro (-7 %)Tonnage gesamt: 113,0 Mio. Tonnen (-9 %) Wagenladungsverkehr: 85,0 Mio. t (-5 %) Kombinierter Verkehr: 17,1 Mio. t (-10 %) Rollende Landstraße: 9,4 Mio. t (-30 %) Kontraktlogistik: 1,5 Mio. t (-12 %)Operatives Ergebnis (Ebit): 56,3 Mio. Euro (+381,2 %)Rollmaterial: 656 Loks, 28.306 WaggonsMitarbeiter: 9648 cd