Wenn der Nachbar zum Paketboten wird

Von Travis Kalanick, Gründer der umstrittenen Online-Plattform Uber, ist bekannt, dass er sich über Konkurrenten gerne ruppig äußert. Wiederholt hatte der Amerikaner die Taxi-Branche, die gegen sein Geschäftskonzept Sturm läuft, mit Schimpfwörtern bedacht. So etwas würde Mikail Yazici nie in den Sinn kommen. "Wir machen die Professionalität des Wettbewerbs zum Maßstab für unsere eigenen Dienstleistungen", betont der SAP-Berater gerne. In Deutschland eifert Algel Uber nach Kalanick und Yazici haben jedoch eines gemeinsam. Sie gründeten Share-Economy-Projekte im Same-Day-Delivery- Markt. Kalanick testet in Washington, New York und Santa Monica (Kalifornien) Lieferservices für Endverbraucher. Über eine App können diese private Fahrer beauftragen, Lebensmittel, Drogerieartikel und Mittagessen einzukaufen. Die Auslieferung ist kostenlos. Yazici baut in Darmstadt den Lieferdienst Algel ("Alles geliefert") auf, der Smartphone-Nutzern die Artikel großer Lebensmittelketten ins Haus bringt. Die Auslieferung kostet mindestens vier Euro zuzüglich 99 Cent Provision für Algel. Im Moment übernehmen private Mini-Jobber die Einkäufe, aber das muss laut Yazici nicht so bleiben. "Ich engagiere auch gewerbliche Kuriere", sagt der Jungunternehmer - entscheidend sei das Auftreten der Fahrer gegenüber den Endkunden. Yazici hat seinen Service auf Wiesbaden ausgeweitet und will auch in Berlin und München tätig werden. Er macht sich eine Lücke im Markt für Kurier-, Paket- und Expressdienste (KEP) zunutze. Von wenigen Ausnahmen abgesehen sind regionale Kurier- und Expressunternehmen im Business-to-Consumer-Geschäft kaum präsent. Allenfalls sporadisch stellen die Dienste dem Endverbraucher dringliche Sendungen wie Visa oder Medizinprodukte zu. An Versuchen, dies zu ändern, hat es in der Vergangenheit nicht gefehlt. So bietet die Plattform Tiramizoo die Buchung von Same-Day-Lieferungen für online eingekaufte Produkte durch ausgewählte Stadtkuriere an. Neben regionalen Händlern kooperieren auch große nationale Handelsketten wie Media Markt/Saturn oder McTrek mit Tiramizoo. Mit einem ähnlichen Konzept tritt Liefery, ein Ableger der Lufthansa-Tochter Time Matters, an. Ansonsten gibt es nur einzelne lokale Kooperationen wie die zwischen Ikea und Kurier AG in Hamburg. Kunden, die in der neuen City-Filiale in Altona einkaufen, können sich die Möbel vom KEP-Dienstleister nach Hause liefern lassen. Allerdings beschränken sich die vorhandenen Kooperationen auf Ballungsgebiete und lassen den Foodbereich häufig außen vor. Der stationäre Lebensmittelhandel zeigte bislang an Kooperationen wenig Interesse. Andererseits gingen die etablierten KEP-Anbieter bisher nicht auf Edeka, Rewe & Co. zu, weil die Zustellung von Lebensmitteln nur geringe Erträge versprach. Jetzt stößt ein Dienstleister wie Algel in diese Lücke, indem er privaten Zustellern mit eigenen Fahrzeugen ein kleines Zubrot verspricht. Marktkenner warnen bereits davor, solchen sogenannten "Crowd Logistikern" das Geschäft allein zu überlassen. "Die KEP-Unternehmen dürfen sich neuen Entwicklungen im Markt nicht verschließen", mahnt Andreas Schumann, Vorsitzender des Bundesverbands der Kurier-Express-Post-Dienste (BdKEP). Vor allem auf dem flachen Land können sich Crowd-Logistik-Anbieter laut Schumann durchaus Chancen ausrechnen, weil hier kaum Kurierdienste existieren. Auch Horst Manner-Romberg appelliert an die KEP-Branche, stärker in Business-to-Consumer-Märkte zu investieren und hierbei auch Lösungen für Lebensmittelzustellungen zu entwickeln. "Das Uber-Konzept ist in der Personenbeförderung leichter durchsetzbar als in der Warenbeförderung, aber es hat auch in diesem Markt eine Chance", sagt der Inhaber der Hamburger Unternehmensberatung MRU. Algel ist kein Einzelgänger. Anfang Oktober gründete die Start-Up-Schmiede Rocket Internet, zu der der Online-Versandhändler Zalando gehört, die Plattform Shopwings, die Sortimente des stationären Einzelhandels im Internet listet. Der Endkunde stellt einen Einkaufszettel zusammen und beauftragt einen Shopwings-Boten, die Produkte innerhalb von zwei Stunden in einem Markt seiner Wahl einzukaufen. Wie alle Rocket-Internet-Start-Ups hat auch Shopwings ein amerikanisches Vorbild. Die vom früheren Amazon-Logistiker Apoorva Mehta gegründete Plattform Instacart ist fünf Jahre nach ihrem Start in einem Dutzend Metropolen präsent. Instacart berechnet nicht nur Liefergebühren ab 3,99 Dollar, sondern legt sogar die Preise für die online gelisteten Waren fest und soll hier Aufschläge bis zu 20 Prozent berechnen. Diese nicht unumstrittene Praxis hat Konkurrenten wie Uber auf den Plan gerufen, die mit kostenlosen Same-Day-Services werben. Bleibt die Frage, ob solche Konzepte auf den deutschen Markt übertragbar sind. Für jeden Crowd Logistiker wird entscheidend sein, was er nach Abzug aller Ausgaben verdient. Viel kann es nicht sein, meint Michael Löhr. "In den USA sind die Fahrzeugkosten deutlich niedriger", sagt der Tiramizoo-Geschäftsführer. "Gleiches gilt für die Auflagen, die Privatpersonen für gewerbliche Transporte erfüllen müssen." Löhr spricht einen entscheidenden Punkt an. Ab einer bestimmten Umsatzgröße müssen Crowd Logistiker einen Gewerbeschein beantragen und sind zur doppelten Buchführung sowie zur Umsatzsteuerberechnung verpflichtet. Gut möglich, dass dann mancher Lieferbote seine Lust am neuen Job verliert. Die Serie E-Commerce: Der Privatkunde im VisierDer neue Onlinehype verändert die Logistikwelt, vor allem die Geschäftsmodelle der KEP-Branche:- VR 41: Welche Services KEP-Dienste im Onlinehandel bieten- VR 42: Funktioniert das Uber-Modell auch im KEP- Segment?- VR 43: Welche Geschäftsmodelle im E-Commerce Zukunft haben Checkrobin: Der Uber des Paketmarktes 10.000 Fahrer transportieren 75.000 Sendungen Zur Crowd Logistik hat Michael Löhr eine klare Meinung."Im Moment wird sich kein großer deutscher Händler intensiv auf solche Lösungen stützen", sagt der Geschäftsführer von Tiramizoo."Für Privatpersonen können diese jedoch eine kostengünstige, wenn auch weniger verlässliche Alternative sein."Den Beweis tritt das österreichische Start-up Checkrobin an. Gegen eine Gebühr ab neun Euro stellen Privatfahrer Pakete an Privatpersonen zu. Checkrobin versichert jede Sendung für bis zu 500 Euro und bietet ein Trackingsystem an. "Unser Angebot wendet sich ausschließlich an Verbraucher mit geplanten Fahrten", sagt Gründer Hannes Jagerhofer. 10.000 registrierte Fahrer haben seit dem Start im März 2013 75.000 Sendungen zugestellt. Die Paketdienste können diesen Verlust wohl verschmerzen. Das jährliche Aufkommen an Endkundensendungen beträgt in Österreich 42,7 Millionen. bot

DKV Mobility und MFG: Neue Partnerschaft für ultraschnelles Laden in Großbritannien

KEYOU bringt schweren Wasserstoff-Lkw auf den Markt

Transformation des Straßengüterverkehrs: Aiwangers Plan für eine grüne Logistikzukunft

Umstrittenes Personal für neue EU-Kommission

Neue Auto-Strafen in Italien wegen verschärfter Straßenverkehrsordnung

Alle Schlagzeilen

Wenn der Nachbar zum Paketboten wird

HASHTAG

#KEP

Go! erhöht Preise für nationale Sendungen

UPS erweitert Zustell-Optionen

Den Privatkunden im Visier

MEISTGELESEN

Emons Spedition siedelt sich am c-Port an

Bund und Länder fördern Brennstoffzellen-Lkw von Daimler Truck

E-Rechnungspflicht in Deutschland: Was Unternehmen wissen müssen

STELLENANGEBOTE

Area HR Business Partner

Leiter (w/m/d) Logistik Teilbereich Warenausgang

Koordinator (m/w/d) Intralogistik mit Teamleitungsfunktion

Head of Logistics (w/m/d) mit fundierter Erfahrung im internationalen Versand

Schichtleiter (w/m/d) Logistik - Warenausgang

WEITERLESEN

NEWSLETTER