Weniger Luft mehr Intelligenz

Von Robotern unterstütztes Verpacken, 3D-Druck, RFID-Lösungen, die Entwicklung ökologisch unbedenklicher Verpackungsmaterialien oder die Automatisierung volumenoptimierter Verpackungszuschnitte - auf der Messe FachPack zeigt die Verpackungsbranche ihre Antworten auf die Anforderungen von E-Commerce, Industrie 4.0 und Nachhaltigkeit. "Die Verpackung wird immer intelligenter und umweltgerechter", sagt Bernd Sadlowsky, Geschäftsführer und Leiter des BFSV Verpackungsinstituts. Das betrifft insbesondere die Ladungsträger. Immer öfter werden Paletten und Behälter in RFID-Systeme eingebunden. Für einen Euro Aufpreis bieten Paletten mit RFID-Chip erheblichen Mehrwert. Neben der Identifikation unterstützen sie mit Bewegungs- oder Temperatursensoren die Zustandsüberwachung der Ware während des Transports. Das erleichtert die Verwaltung, Qualitätssicherung und Lokalisation. Plastik verdrängt Holz Parallel dazu wachsen die Anforderungen durch die Lagertechnik und die Hygiene in der Produktion. "Der Ladungsträger Holzpalette ist daher an vielen Stellen der Supply Chain kein optimaler Ladungsträger mehr", urteilt Ekart Kuhn, Gesellschafter des Research- und Beratungsunternehmens Ekupac. "Durch die voranschreitende Automatisierung der Logistikzentren verändern sich die Anforderungen an Transportverpackungen. Es werden spezielle Lagerbehälter anstatt Kartonagen eingesetzt, um einen reibungslosen Ablauf zu gewährleisten." Inzwischen bevorzugen Einzelhandelsketten und Discounter Kunststoffladungsträger. AIdi Süd führt seit 2011 einen geschlossenen Pool mit Obst- und Gemüsekisten. Etwa sechs Millionen auberginefarbene Boxen zirkulieren mittels des Dienstleisters Interseroh zwischen Erzeugern, Lagern und Filialen. Aldi Nord, Edeka und Kaufland arbeiten mit Europool System (EPS) zusammen, Metro und Rewe mit Ifco. Die Karlsruher DM-Drogerie Markt-Kette und ihr Kontrakt- und Transportdienstleister DSV Road haben die Kommissionierung und Distribution aus dem zentralen Logistikzentrum im vergangenen Jahr komplett auf Kunststoffpaletten umgestellt. Praktiker wie Harald Klöckner, Niederlassungsleiter der DSV Stuttgart, die gute Erfahrungen mit den Kunststoffladungsträgern machen, bemängeln, dass Standards und Tauschpools vergleichbar mit denen für Euro-Paletten fehlen. "Bei den Kunststoffpaletten nutzt jeder eine eigene Lösung", kritisiert Klöckner (siehe Interview Seite 30). "Damit sind die Kontingente jeweils auf ein Maximum ausgelegt, denn saisonale Bedarfsschwankungen lassen sich nicht durch Anmietung ausgleichen. Ein Pool-Angebot wäre in Zukunft wünschenswert." Ein Hoffnungsschimmer zeichnet sich aber ab. Gegenwärtig laufen Gespräche zwischen Industrie und Handel mit dem Ziel, Transportverpackung und Handling-Prozesse bei der Belieferung von der Industrie an Handelszentrallager oder direkt in die Filiale durch den Einsatz von Mehrweg-Transportverpackungen (Klappkisten) zu reduzieren. "Es wird über Sortimente, Systeme und die Entwicklung einer oder mehrerer Standardkisten diskutiert", erklärt Kuhn. Denn die Anschaffungs- beziehungsweise Mietkosten für eine Verpackung betragen durchschnittlich lediglich 20 bis 30 Prozent der verpackungsrelevanten Kosten. "Die Distributionskosten in der gesamten Supply Chain sind eng mit der Verpackung verbunden", urteilt Volker Lange, Verpackungsexperte vom Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik (IML). "Die Verteilung der tatsächlichen Verpackungskosten zwischen Einkaufspreis und Logistikkette liegt bei einem Verhältnis von rund 1:5." Rund drei Viertel der Verpackungskosten summieren sich aus indirekten, verpackungsabhängigen Logistikkosten wie etwa Transporte, Rückführungen, Handling, Lagerplatzbedarf, Qualitätsverlust und Entsorgung. "Da ist ein Umdenken nötig", fordert Lange. Bei der Auswahl und Nutzung von Transport- und Versandverpackungen sollte nicht nur der Einkaufspreis, sondern vielmehr der Nutzen der Verpackung in der Logistikkette betrachtet werden. Mit Blick auf die Verpackung sei deren Logistik vermehrt als Entscheidungskriterium und nicht als Erfüllungsgehilfe zu sehen. "Die Verpackung ist auf die Herausforderungen von Lager und Transport auszurichten, nicht umgekehrt. Dann lassen sich erhebliche Sparpotenziale erschließen", sagt IML-Forscher Lange. Tatsächlich liegt der Volumennutzungsgrad einer Verpackung nicht selten unter 30 Prozent. Ladeeinheiten wie Euro-Paletten werden oft nur etwa mit der Hälfte ihrer Maximalkapazität beladen. Da überrascht es nicht, dass die Laderaumnutzung bei den Transporten mitunter 50 Prozent kaum überschreitet. Vor diesem Hintergrund zielen die aktuellen Trends darauf, die Flexibilität der Verpackung zu erhöhen, um Materialeinsatz und Volumen zu senken. Gerade im B2C-Segment stehen Pappe und Kartonage im Fokus. Eine Versandverpackung für verschiedene Anwendungsfälle, lautet das Ideal; neudeutsch: Packaging on Demand. Dabei sorgt Gerätetechnik für volumenoptimierte Verpackungszuschnitte - und dies möglichst automatisiert. Erst Maß nehmen, dann verpacken So stellt beispielsweise Xproma mit dem CMC Cartonwrap auf der Messe FachPack in Nürnberg (siehe Kasten links) ein vollautomatisches Verpackungssystem mit dynamischer Kartonzuführung vor. Die Anlage wurde speziell für die Bedürfnisse von E-Commerce-Versendern entwickelt. Das Gerät fertigt aus einer einfachen Kartonplatte exakt auf das Produkt dimensionierte Versandkartons. Die Formatanpassung erfolgt vollautomatisch durch dreidimensionales Vermessen des Versandgutes. Alternativ können die hinterlegten Artikeldaten von einer Datenbank abgerufen werden. Bis zu 15 Pakete packt das System pro Minute. Für die Anwender entfällt die Bevorratung mit unterschiedlichen Kartongrößen und Füllmaterial. "Mit integrierten Funktionen wie einer Case Calculation sorgen moderne Warehouse Management Systeme für die Auswahl der optimal angepassten Versandkartongröße", erklärt Sascha Tepuric, Geschäftsführer des Software-Firma PSI Logistics. Verpackungspolstermaschinen, wie sie etwa von Easypack auf der Verpackungs-Leistungsschau gezeigt werden, produzieren die erforderlichen, stabilen wie formbaren Papierpolster mit individuellem Zuschnitt. Kollege Roboter verpackt Die nachfolgenden Prozesse der Versandabfertigung lassen sich - von Druck und Beigabe der Versandpapiere über das Verschließen der Kartons bis hin zur Etikettierung und Umreifung - durchgehend automatisieren. So hat etwa die Berliner Versandapotheke Aponeo in ihrem Logistikzentrum eine aus Komponenten verschiedener Lieferanten bestehende Versandstraße installiert. Zu Beginn werden die Artikel von den Mitarbeitern auf Träger-Trays aus Pappe gelegt. Sie bilden die Basis. Eine Förderstrecke führt die Trays an eine Bündelpackmaschine, die die Artikel einschweißt und die Kartonage der Trays aufrichtet. "Fixierung der Artikel ohne Füllmaterial", beschreibt Geschäftsführer Patrick Luig, das Prinzip. Die Bündelpackmaschine übergibt die Kartons wieder an eine Förderstrecke. Auf ihr werden der Barcode des Versandkartons gescannt, die dazugehörige Rechnung gedruckt und automatisch beigelegt, der Karton automatisch verschlossen und gelabelt und schließlich auf die Versandbahn ausgeschleust. Flexibilität bieten dabei Kartonverschließmaschinen wie der vollautomatische Caseformer NCF-M08, den Normpack in Nürnberg für wechselnde Paketgrößen vorstellt. Euro-Paletten-Klon aus Plastik Mangels Standards orientieren sich viele Ladungsträgerhersteller bei der Entwicklung ihrer Systeme am Grundmaß der Palette von 800 mal 1200 Millimeter. Man setzt auf das Modulmaß 400 beziehungsweise 600 Millimeter und ein Teilbares beziehungsweise Vielfaches davon. So präsentiert der Palettenproduzent Cabka-IPS als Weltpremiere auf der FachPack die Euro E 7-Palette. Diese entspricht in Einfahröffnungen, Deckhöhe sowie Eck- und Mittelklötzen exakt den Maßen einer EPAL-Europoolpalette. Dadurch müssen bei ihrem Einsatz in automatisierten Anlagen die Stopper, Lichtschranken und Sensoren der Fördertechnik nicht mehr nachjustiert werden. Als weitere Neuheit stellt das Unternehmen den faltbaren Großladungsträger CabCube 2.0 in einer HD-Version für schwere Lasten vor. Ein weiterer Trend ist der 3D-Druck. Verpackungshersteller Siepe etwa erstellt mit 3D-Technologie aus Schaumstoff bereits produktspezifische Konstruktivverpackungen für Einzelteile, Prototypen oder Kleinserien, die kein Standardmaß haben. Gerade für die Innenverpackung von komplexen, empfindlichen Produkten ist der 3D-Druck insbesondere bei hochwertigen Einzelstücken inzwischen eine ernst zu nehmende Konkurrenz für Guss-, Schaumstoff- und Tiefzug-Träger. "In diesem Segment ist ein Preisrutsch und damit eine weitere Verbreitung vorprogrammiert", urteilt IML-Experte Lange. "Der 3D-Druck eröffnet der Transport- und Versandverpackung vollkommen neue Ansätze." Mehr zum Thema finden Sie im Dossier Verpackung www.verkehrsrundschau.de/dossiers Verpackungsmesse Die 37. FachPack im Überblick - Ort: Messezentrum Nürnberg- Datum: 27.-29. September 2016- Aussteller: rund 1500- Besucher: 43.000 (erwartet)- Neuheiten: 500- Hallenbelegung: Verpackungslogistik (Halle 4); Packstoffe, Packmittel und Packhilfsmittel (Hallen 4, 5, 6, 7, 7A, 9); Verpackungsmaschinen und Kennzeichnungstechnik (Hallen 1, 2, 3, 3A, 4, 4A); Veredelung (Hallen 7, 7A)- Internet: www.fachpack.de

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