Welche Daten brauchen Sie von Spediteuren?

Auf einem Kongress sprachen Sie unlängst von der "Amazonisierung" als Megatrend in der Logistik. Was meinen Sie damit? Die Digitalisierung ist Teil unseres Lebens und macht auch nicht vor den Wertschöpfungsketten (Supply Chains) Halt. Wenn Sie als Konsument online einkaufen, haben Sie sich daran gewöhnt, dass Sie sofort sehen können, ob die gewünschte Ware verfügbar ist. Zu dieser Transparenz gehört auch, dass Sie auch den Transport genau verfolgen können. Sie sehen, wo sich Ihr Paket gerade befindet und wann mit der Lieferung zu rechnen ist. Viele Menschen verbinden diese Dinge mit dem Unternehmen Amazon, deshalb habe ich den Begriff gewählt. Wir haben in der Vergangenheit viel in die Digitalisierung unserer Supply Chain investiert, um ähnliche Mehrwerte für unsere Kunden zu schaffen. Sie meinen Ihre neue Online-Plattform meine.cceag.de? Unter anderem. Die Webseite ist der Online-Shop für unsere Kunden, also für die Gastronomie und Hotellerie, den Getränkefachgroßhandel sowie die Außer-Haus-Märkte. Hier haben unsere Kunden die Möglichkeit, 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche Bestellungen aufzugeben - ein weiterer Kommunikationskanal neben Telefon und Mail. Die Plattform wird gerade in unserer Verkaufsregion Südwest eingeführt. Weitere Regionen folgen im Laufe der nächsten Monate. Wäre es theoretisch möglich, dass auch Verbraucher auf diesem Weg Getränke bei Coca-Cola bestellen? Wir sind in erster Linie ein Hersteller von Erfrischungsgetränken. Im Fokus stehen bei uns die Kunden wie der Lebensmitteleinzelhandel, der Getränkefachgroßhandel, Gastronomiebetreiber oder Hoteliers. Ich glaube, das treibende Element im Endkundengeschäft ist das so genannte One-Stop-Shopping (Kunden können alle Einkäufe an einem Punkt erledigen, d. Red.). Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Konsumenten für jeden Einkauf fünf verschiedene Hersteller-Plattformen besuchen - und fünf einzelne Lieferungen in Empfang nehmen. Über die Webseite können Ihre Kunden zum Beispiel sehen, wo sich eine Lieferung gerade befindet? Woher stammen diese Daten? Im Normalfall sind diese Informationen schon vorhanden, denn unsere Fahrer sind mit Handhelds ausgerüstet. Sie quittieren vor Ort jede Auslieferung. Wir können so die Route in Echtzeit nachvollziehen und bei Bedarf auch in Echtzeit eingreifen. Zum Beispiel kann der Kunde rechtzeitig informiert werden, wenn sich seine Anlieferung aufgrund der Verkehrslage um einige Minuten verspätet. Müssen auch externe Spediteure solche Daten liefern? Ich sehe alle Beteiligten an der Transportkette in der Pflicht, bei solchen Prozessen zu helfen. Es gibt zum Beispiel eine App von Transporeon (das Eventmanagement-Modul, www.mom-app.com), mit der die Dienstleister sich an der Ladungsverfolgung beteiligen können. Es geht darum, Daten aus der Lieferkette zu bekommen, um den Kunden rechtzeitig informieren zu können. Das ist meiner Meinung nach eine Aufgabe von allen an der Supply Chain Beteiligten. Denn jeder, der etwas beiträgt, hat auch einen Nutzen davon. Das erfordert allerdings ein Umdenken: Es muss in ganzen Wertschöpfungsketten gedacht werden. Können Sie ein Beispiel geben? Ein Lagerbetreiber zum Beispiel wird immer versuchen, seine Bestände möglichst niedrig zu halten. Das gelingt aber nur, wenn er weiß, was vor ihm und nach ihm in der Kette passiert. Insgesamt bin ich der Ansicht, dass die Digitalisierung eine gemeinsame Aufgabe von Industrie, Handel und Logistikdienstleistern ist. In Zukunft muss es für jedes Unternehmen das Ziel sein, ein integriertes Informationssystem aufzubauen, um am Markt leistungsfähig zu sein und zu bleiben. Wie profitiert Coca-Cola von dem Mehr an Daten, die aus den Lieferketten zurückfließen? Grundsätzlich helfen uns alle Informationen dabei, bessere Entscheidungen zu treffen. Ich gebe Ihnen ein Beispiel: Wir haben unlängst unser Sortiment um zwei Packungsgrößen reduziert, unter anderem um die Halbliter-Mehrweg-PET-Flasche. Zur Entscheidungsfindung beigetragen haben dabei Daten aus der Supply Chain. Wir haben gesehen, dass diese Flasche häufig für unterwegs gekauft wird: am Kiosk, am Bahnhof, am Flughafen. Die Konsumenten kaufen sie also an einer Stelle und holen sich an anderer Stelle das Pfand wieder zurück. Wir liefern unseren Geschäftskunden diese 0,5 Liter Mehrweg-Flaschen in Kisten à 12 Flaschen an. Ein Viertel dieser Kisten müssen wir bei einem Teil der Kunden leer wieder abholen, während wir an anderer Stelle leere Kisten nachliefern, um dort abgegebene Flaschen zum Wiederbefüllen einzusammeln. Das Resultat sind jedes Jahr Hunderttausende von unproduktiv verfahrenen Kilometern. Wo sehen Sie in der Lieferkette derzeit das größte Einsparungspotenzial? Ein großes Thema ist und bleibt die Reduzierung der Standzeiten, sowohl in den Lagern der Industrie als auch im Handel. Die Aufgabe liegt darin, auch in Spitzenzeiten genügend Durchsatz zu haben. Das lässt sich nur mit einem gezielten Zeitfenstermanagement erreichen, von dem letztendlich alle Seiten profitieren: Die Industrie kann Engpässe an ihren eigenen Rampen erkennen, der Dienstleister kann die Auslastung seiner Kapazitäten verbessern. Was müssen Speditions- und Logistikdienstleister Ihrer Meinung nach in Zukunft bieten? Einerseits wird es einen großen Bedarf an qualitativ hochwertigen Daten geben, zum Beispiel, um die Lieferverfolgbarkeit zu gewährleisten. Andererseits müssen die Transportdienstleister flexibel sein und auch in Spitzenzeiten noch Kapazitäten bieten können. Vita Stefan Seiss Stefan Seiss ist seit Mai vergangenen Jahres Vorstandsmitglied der Coca-Cola Erfrischungsgetränke AG (CCE AG) und hier für das Ressort Supply Chain verantwortlich. Der 48-Jährige begann seine Karriere bei dem Berliner Getränkekonzern im Jahr 1996 zunächst als Trainee.Es folgten verschiedene Managementpositionen, unter anderem als Betriebsleiter an mehreren Standorten, später verantwortete er als General Manager den Aufbau eines Produktionsbetriebes in Halle. 2005 übernahm Seiss die Position des Supply Chain Direktors bei Tochterfirmen in Tschechien, der Slowakei und Österreich. Im Jahr 2009 wechselte er zur CCE AG, zunächst als Direktor Logistik und anschließend als Direktor Produktion. eh Daten + Fakten Coca Cola Company Die Coca Cola Company, Sitz in Atlanta/USA, setzte im Jahr 2014 mit etwa 130.600 Mitarbeitern insgesamt rund 46 Milliarden US-Dollar um. Umsatzzahlen in Deutschland nennt der Getränkekonzern nicht. Das Unternehmen ist in rund 200 Ländern weltweit tätig.Die Coca-Cola Erfrischungsgetränke AG (CCE AG) in Berlin ist mit einem Absatzvolumen von rund 3,7 Milliarden Litern (2013) nach eigenen Angaben das größte deutsche Getränkeunternehmen. Sie ist als alleiniger Konzessionär der The Coca-Cola Company (Atlanta) für die Abfüllung sowie den Vertrieb von Coca-Cola Markenprodukten in Deutschland verantwortlich.Die CCE AG beliefert in Deutschland fast 400.000 Handels- und Gastronomiekunden über ein weit verzweigtes Produktions- und Vertriebsnetz. Rund 9500 Mitarbeiter sind für die CCE AG tätig. Organisatorisch ist das Unternehmen hierzulande in sieben Verkaufsgebiete gegliedert, die für das Geschäft in ihrer jeweiligen Region verantwortlich sind. Die Abfüllung der über 80 in Deutschland verfügbaren Coca-Cola-Produkte erfolgt vor Ort in über 20 Produktionsunternehmen. eh

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