Weiter hohe Hürden für "Jamaika"

Er rechne mit harten Verhandlungen, die "bis weit ins nächste Jahr" gehen könnten, meinte der neue CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt. Wer Dobrindts Nachfolger wird, bleibt offen. Im Wahlkampf hatte Grünen-Chef Cem Özdemir das Amt für seine Partei reklamiert. Angesichts der sich abzeichnenden Hängepartie zwischen den möglichen Koalitionären CDU/CSU, FDP und Grünen befürchtet das Deutsche Verkehrsforum DVF, dass wichtige verkehrspolitische Themen wie etwa die Gründung der jüngst vom Bundestag beschlossenen Infrastrukturgesellschaft auf die "Warteliste" kommen, wie Vize-Geschäftsführer Florian Eck gegenüber der VerkehrsRundschau erklärte. Solange es für 2018 aufgrund langwieriger Gespräche nur einen vorläufigen Haushalt gebe, würden wichtige Projekte blockiert. Zufrieden zeigte sich Eck darüber, dass es die meisten Verkehrspolitiker der zu Ende gehenden Wahlperiode erneut in den Bundestag geschafft haben. Mit bekannten Gesichtern lasse sich die Zusammenarbeit ohne Reibungsverluste fortsetzen. Wie Eck rechnet auch der Bundesverband Paket & Expresslogistik BIEK nicht vor dem 15. Oktober, dem Tag der niedersächsischen Landtagswahl, mit ersten inhaltlichen Weichenstellungen. Derzeit gehe es darum, die neuen Abgeordneten mit KEP-relevanten Themen vertraut zu machen, betonte BIEK-Geschäftsführer Marten Bosselmann. "Wir bedienen uns aller Kanäle - vom Versand unseres Positionspapiers bis zum persönlichen Gespräch, um die Parlamentarier auf die wachsende Bedeutung der Kurier-, Paket- und Expressbranche aufmerksam zu machen." Zentrales Thema sei die Herstellung fairer Wettbewerbsbedingungen im KEP-Markt. Der Verband der Automobilindustrie VDA hält sich mit Aussagen zur künftigen Regierungskoalition noch zurück. Der Dieselskandal und interne Querelen scheinen die Auskunftsbereitschaft zu bremsen. Jedenfalls stellt der VDA in einer Stellungnahme klar, dass "Verbrennungsmotoren für die Mobilität noch über viele Jahrzehnte eine wichtige Rolle spielen". Die Grünen werden es mit Stirnrunzeln gelesen haben. Dagegen lehnt sich Bahnbranche ungeachtet des koalitionspolitischen Stillstands weit aus dem Fenster. Zwei Tage nach der Bundestagswahl zeigte sich Allianz pro Schiene-Geschäftsführer Dirk Flege optimistisch, dass eine Jamaika-Koalition günstig für den Verkehrsträger Schiene wäre. In den Unionsparteien nehme die "Zentrierung auf die Straße" zugunsten einer "größeren Ernsthaftigkeit bei der Schiene" ab. Der Präsident des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen VDV, Jürgen Fenske, merkte auf der gemeinsamen Pressekonferenz an, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) habe am Wahlabend zu seiner Überraschung den öffentlichen Personennahverkehr ÖPNV als Problemfeld benannt. Da die Grünen zu den engen politischen Verbündeten der Bahnbranche zählen, müssen sich deren Vertreter zuvorderst um die FDP kümmern. Die Liberalen dürften sich freuen, dass die Branche ihren grundsätzlichen Widerstand gegen den Lang-Lkw aufgegeben hat. Der Einsatz der "Gigaliner" solle auf den Vor- und Nachlauf im Kombinierten Verkehr beschränkt werden, lautet die Forderung. Das Netzwerk Europäischer Eisenbahnen NEE beklagte den politischen Stillstand. Die Bemühungen um Schadensersatz wegen der Tunnelhavarie an der Rheintalbahn, formuliert in Schreiben an den Vorstand der Deutschen Bahn AG und an Ressortchef Dobrindt, blieben ohne die gewünschte Resonanz. Nach Schätzungen des Verbands summieren sich die Erlösausfälle der Unternehmen sowie die Mehrkosten bei Umleitungen auf rund 100 Millionen Euro. Die Strecke war seit dem 12. August gesperrt und ist erst seit dem 2. Oktober wieder frei. Alexander Dobrindt ist inzwischen wegen möglicher Koalitionsverhandlungen als neuer CSU-Landesgruppenchef stark gefordert. Es sei "ein undemokratisches Bubenstück", ein Spitzenamt im Parlament und den Ministerjob gleichzeitig ausüben zu wollen, kritisierte Linken-Parteichef Bernd Riexinger. Die zur SPD-Fraktionsvorsitzenden gewählte Andrea Nahles hat ihr Amt als Bundesarbeitsministerin dagegen abgegeben.

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