VR auf Realtime-Tour mit dem E-Truck von MAN Trucks

Loadfox heißt das inhäusige Transportunternehmen von MAN. Damit will man nicht externen Dienstleistern Transportaufträge streitig machen, sondern neuer Technik im Praxiseinsatz auf den Zahn fühlen - aktuell vor allem im Bereich E-Mobilität und autonomes Fahren. Gefahren wird auf allen gängigen Strecken, auf denen MAN zwischen den Werken Halb- und Fertigzeuge sowie Fahrzeugkomponenten transportiert - unter anderem zwischen der Lkw-Montage in München und der Motoren- beziehungsweise Batteriefertigung im Werk Nürnberg. Mit 30 Tonnen gesamt unterwegs Heute haben die Fahrer von Loadfox Pause, weil Alexander Vlaskamp, CEO der MAN Truck & Bus SE, sowie Gerhard Grünig, Chefredakteur der VR, den Job erledigen. Wir gehen auf Tour mit dem eTGX 450/480 (Leistung/Batteriekapazität) als 4x2-Sattelzugmaschine und transportieren sogenannte Sonderladungsträger. Der Wiegeschein weist 30 Tonnen Zuggesamtgewicht aus. Nach dem Vorladen liegt der SOC, also die Batteriestandsanzeige, bei 94 Prozent. Der Blick ins Cockpit zeigt allenfalls marginale Unterschiede zum konventionellen Diesel. Statt einer Tankuhr findet sich eine Batteriestandsanzeige - ansonsten von der Bedienung her alles wie gewohnt. Nach dem Einlegen der Fahrstufe und leichtem Druck aufs Fahrpedal setzt sich der Zug fast geräuschlos in Bewegung. Im Gegensatz zum E-Pkw verfügt der Lkw noch über ein Getriebe, im Falle des Testfahrzeugs eine Viergang-Schaltbox, um genau zu sein. Ein paar Übersetzungen braucht es, um den breiten Geschwindigkeitsbereich sowie das ebenso breite Gewichtsspektrum abdecken zu können. Die Technik des neuen eTGX Der neue elektrifizierte MAN eTGX wird von einem im Rahmen sitzenden Synchronmotor des Typs eCD330 angetrieben, der bei 540 A Stromstärke 330 kW (449 PS) leistet. Das maximale Drehmoment beträgt 1162 Nm. Die Kraft wird über ein Viergang-Getriebe an die konventionelle Hypoid-Hinterachse übertragen. Die Energieversorgung sichern sechs Hochvolt-Batterien mit einer nutzbaren Arbeitsleistung von 480 kWh (max. 534 kWh). Der eTGX ist bereits für das sogenannte Megawatt-Charging (MCS-Standard) ausgelegt, also das Laden mit 1000 Ampere und 750 kWh. Damit können die Akkus innerhalb einer Ruhepause von 45 Mi-nuten voll aufgeladen werden. Die chemische Zusammensetzung ist so ausgelegt, dass die Batterien nicht unter Tiefentladung sowie schnellen Ladezyklen bis 100 Prozent SOC leiden. Aktuell - die passende Ladeinfrastruktur vorausgesetzt - sind Tagesreichweiten bis 800 Kilometer möglich, mittelfristig sind 1000 Kilometer geplant. MAN ist bislang der einzige Hersteller, der auch batterieelektrisch betriebene Mega-Zugmaschinen und -Fahrgestelle bis drei Meter Innenhöhe liefern kann. Im Test mit 30 Tonnen Gesamtgewicht lag der Verbrauch des eTGX auf der Strecke München-Nürnberg bei 0,79 kWh/km. Flott und leise auf 80 km/h Die Fahrstufen wechselt der eTGX ein wenig langsamer, als wir es von den konventionellen Fahrzeugen gewohnt sind. Das überspielt allerdings die Charakteristik des E-Motors, mit maximalem Drehmoment schon ab Nulldrehzahl, sehr gekonnt. Entsprechend der Maximalleistung von 449 PS (330 kW) geht es flott und leise bis auf 80 km/h. Dass die Zugmaschine mit ihren sechs Akkupaketen rund 20 Prozent schwerer ist als ihr Dieselpendant, merkt der Fahrer nicht. Weder ist die Lenkung schwergängiger noch spricht die Federung anders an. Insgesamt ist die Fahrt deutlich komfortabler, denn es gibt keine Motorgeräusche. Selbst die jetzt eher wahrnehmbaren Wind- und Reifengeräusche fallen nicht unangenehm auf. In der Ebene gleitet der Zug ruhig dahin. Sobald es in eine Gefällstrecke geht, lässt sich der E-Motor als Generator nutzen, rekuperiert Energie und arbeitet dabei gleichzeitig als "Retarder". Die Verzögerungsleistung liegt auf dem Niveau der Antriebsleistung, also rund 450 PS. Dem Fahrer stehen alle Annehmlichkeiten zur Verfügung, die er vom Diesel-Lkw kennt: Er kann seinen Lkw manuell steuern und wesentliche Funktionen selbst übernehmen. Empfehlenswerter ist allerdings die Nutzung der Abstandstempomatfunktion. Im Gegensatz zum Verbrenner bremst der eTGX die Energie nicht einfach weg, sondern speist beim Verzögern Strom in die Akkus. 27 Prozent für den Hinweg Wie gut das funktioniert, zeigt sich in der langen Gefällstrecke auf dem Kindinger Berg in Richtung Norden, wo wir wieder vier Prozent Akkukapazität zulegen können. Nicht nur deshalb liegt der "Verbrauch" am Ende der Tour weit unter den Erwartungen. Zugegeben fahren wir den Elektro-MAN so, wie wir es auch vom E-Pkw gewohnt sind: mit etwas reduzierter Geschwindigkeit, sprich 80 km/h, und sehr vorausschauend. Das Ergebnis spricht für sich. Wir kommen auf dem Hinweg mit 67 Prozent SOC in Nürnberg an, macht unterm Strich 27 Prozent verbrauchte Energie. In Zahlen: 129,6 kWh für 164 Kilometer, ergo 79 kWh für 100 Kilometer. Zieht man in Betracht, dass der von unserer Redaktion genutzte E-Pkw im Mittel rund 20 kWh verbraucht, ist so ein Elektro-Laster wirklich effizient und bei 26 Cent die kWh auch sehr billig zu fahren - mit 20,54 Euro pro 100 Kilometer! Hochgerechnet auf die tatsächlich zur Verfügung stehende Kapazität wären mit den 480 kWh der sechs Batterien und den Bedingungen am Testtag Reichweiten bis zu 600 Kilometer möglich! Und für die Skeptiker: Mit 40 Tonnen und weniger günstigen Wettervoraussetzungen liegt der Stromverbrauch laut Loadfox bei 1,14 kWh. Das reicht immer noch für 420 Kilometer - allemal genug, um eine Schichtzeit gut zu schaffen. Zugegeben kommt dann das "Aber". Denn dann will der eTGX an die Ladesäule. Theoretisch könnte er mit 1000 Ampere und bis zu 750 Kilowatt geladen werden. Nur gibt's dafür aktuell in Deutschland keine zehn tauglichen Stromspender. Also muss man an den 350-kW-Pkw-Lader. Heißt, dass die Pause bei 20 Prozent Restkapazität und bis 100 Prozent SOC - wofür die Akkus dank anderer Chemie auch ausgelegt sind - samt Ladeverlusten bei weit über einer Stunde liegt. Den Fahrer mag's freuen, den Disponenten und den Kunden, der auf seine Ladung wartet, eher nicht ... Auch das ein Grund, warum mein Copilot Alexander Vlaskamp an die Ampel-Parteien appelliert, dass die Hälfte der CO2-Maut, also gut 3,5 Milliarden Euro, schnellstens in den Aufbau von vernünftiger Ladeinfrastruktur fließen müssen! Video zur Tour

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