Volvos "Pizzen mit allem"

Nicht weniger als 32 verschiedene Autos fuhr Volvo zu den "Innovation Days" auf, darunter einen FH 540 mit Doppelkupplungsgetriebe, Dynamic Steering, Einzelradaufhängung und Retarder sowie Kollisionswarner samt Notbremsassistent - kurzum eine "Pizza mit allem". Die Frage ist jetzt natürlich: Welche "Beläge" sind nützlich und welche kann man sich sparen? Keine Diskussion gibt es bei den Sicherheitsassistenten, die ebenfalls live zu "testen" waren: Man rauscht mit 45 km/h auf ein stehendes Hindernis und tut - nichts. Vier Sekunden vor dem zu erwartenden Crash warnt der FH mit einem Leuchtsignal im Headup-Display, das dann zu einem Blinken wird. Drei Sekunden vor dem errechneten Aufprall kommt ein Warnton, zwei Sekunden davor eine kräftige Vorbremsung (rund 40 Prozent Druckeinsteuerung) dazu und erst in der letzten Sekunde vor dem zu erwartenden Aufschlag bremst der FH abrupt zum Stillstand ab. Warum so spät? Weil das Fahrzeug laut Gesetz nur in dieser einen Sekunde autonom bewegt werden darf, vorher muss es der Lenker immer übersteuern können. Und solange der am Lenkrad dreht oder Gas oder Bremse antippt, wähnt der FH den Fahrer in Kontrolle und tut nichts. So oder so können Auffahrunfälle damit verhindert respektive die Unfallschwere reduziert werden. Anschließend ging es mit einem Wechselbrückenzug auf die nasse Schleuderplatte, um die Impuls-Streckbremse auszuprobieren, die den Zug trotz starker Lenk- und Bremsmanöver sauber wieder gerade zieht. I-Shift Dual Clutch kann süchtig machen Die folgende Thüringen-Tour über Serpentinen hinauf auf den Kyffhäuser absolvierten wir mit eingangs erwähnten FH 540 und man möchte auf fast nichts verzichten: Die Doppelkupplung schaltet prinzipbedingt nur zwischen sechs und sieben "regulär langsam", sonst spürt man von den Gangwechseln: nichts. Praktisch komplett ohne Zugkraftunterbrechung schnürt der FH den Kyffhäuser hoch. Hat man I-Shift Dual Clutch einmal in bergigem Geläuf oder auf anspruchsvolleren Landstraßenetappen gefahren, will man es nicht mehr missen. Dynamik Steering sorgt für Pkw-artiges Handling und erleichtert das Rangieren auf dem Hof enorm. Ist dafür noch Geld übrig, würden wir das auch ankreuzen. Etwas differenzierter muss man die Einzelradaufhängung betrachten. Sie wiegt je nach Vorderachsfederung 50 bis 120 Kilo mehr und lässt sich nur von Profis "erfahren". Außerdem reagiert das System empfindlich auf (zu) hohen Luftdruck. Pumpt man die Reifen so gut auf wie Volvo beim Vorführer, reagiert auch die Einzelradaufhängung grob auf Unebenheiten und Querfugen. Mit Dynamic Steering kann sich diese Kombination etwas rückmeldungsarm geben - Freunde einer straffen Lenkung dürften weniger glücklich werden. Nur Feingeister dürften den feinen Unterschied der Einzelradaufhängung samt Zahnstangenlenkung spüren. Beides gibt es jetzt auch für den FH 16 und sorgt dort für Pkw-artiges Fahrverhalten, wie ein Abgleich ergab. Offroad hat Volvo ernste Ambitionen Auch bei den Baufahrzeugen legte Volvo massiv nach: Neben einem FH mit Baustoßfänger und liftbarer Antriebsachse fuhr ein FMX mit automatisch zuschaltenden Vorderrädern und Bauluftfederung vor. Den stellten wir in einen Hang, wo allein mit den Hinterrädern nichts mehr zu machen war: Per Tastendruck werden die Vorderräder "scharf" geschaltet und tatsächlich holt sich der 8x6 beim ersten Schlupf an den Hinterhufen binnen einer halben Sekunde via Klauenkupplung die erste Achse dazu. Gleichzeitig sperrt er auch längs zwischen den beiden Hinterachsen. In einem tiefen Kiesbett nützt ihm das allerdings nichts mehr: Mit einer weiteren Taste holt man alle Sperren hinzu und kriegt den festgefahrenen FMX wieder frei. Prinzipiell ist man so für die meisten Eventualitäten gerüstet. Weniger gefallen allerdings die Kippschalter, die mit Sperren gesichert sind. Ein Drehschalter wäre besser bedienbar. Geht man vom Gas, koppelt der FMX die Vorderachse wieder ab, bis die hinteren Radsensoren wieder Schlupf melden. In der Praxis funktioniert das Ganze sehr geschmeidig und unmerklich. Geschmeidiger federn dürften Allradler und 8x6 auch, wenn man sie an den Hinterhufen mit der Bauluftfederung ordert, die bislang den Hecktrieblern vorbehalten war. Dynamic Steering für zwei gelenkte Vorderachsen erleichtert das Manövrieren in der Grube sehr. Umso mehr, wenn man innerbetrieblich mit Überlast oder auf schweren Böden unterwegs sein sollte. Auch hier darf es gern die "Pizza mit allem" sein. Alle Tests und Fahrberichte für Premium-Abonnenten www.verkehrsrundschau.de/testdatenbank Neuheiten Baufahrzeuge Robuste Fahrzeugfront FH:Robustheit bei BedarfAutomatischer Allrad:Schlau, aber man wählt auch gern selbstLiftbare Tandemachse:Danke! Danach fragten viele!Dynamic Steering für zwei Vorderachsen:Will man nicht mehr missenHöhere Vorderachslast:20 statt 18 Tonnen bei zwei Vorderachsen sind besserLuftfederung hinten bei angetriebener Vorderachse:Angenehm zu fahren, aber kein MussEBS für Trommelbremsen:Feiner regulieren, schneller stehenI-Shift Dual Clutch für den Bau:Fein, leider nur im FH verfügbar Neuheiten Strassen-Lkw Kombination IFS-Einzelradaufhängung vorn + Dynamic Steering:Kann kombiniert zu viel des Guten seinI-Shift mit Doppelkupplung Dual Clutch:Wer es einmal fuhr, will es nicht mehr missenKollisionswarner, Impuls-Streckbremse:Keine Diskussion: Sicher ist sicher!