Voller Durchblick beim Kühltransport

Mit neuen Fahrern hat Martin Krasinski bislang nur gute Erfahrungen gemacht. Eine Gemeinsamkeit ist dem Prokuristen und Fuhrparkchef von Frigo-Trans jedoch aufgefallen. "Ich habe bislang kaum einen Mitarbeiter eingestellt, der wirklich über Telematik Bescheid wusste", sagt der Manager des pfälzischen Pharmalogistik-Unternehmens. Von Telematikanbietern erwartet er deshalb möglichst leicht verständliche Lösungen, welche jeder Einsteiger sich schnell erarbeiten kann. "Mit der Überwachung von Kühltemperaturen muss dieser innerhalb von drei Stunden vertraut sein", fordert Krasinski. Hohe gesetzliche Anforderungen Solche Erwartungen äußern viele Fuhrparkchefs, welche temperaturgeführte Transporte organisieren. Selbsterklärende Lösungen haben deshalb Konjunktur. Der Gesetzgeber hat hohe Hürden aufgestellt. Für viele Pharmaartikel und Lebensmittel schreiben europäische Verordnungen und Richtlinien permanente Kontrollen entlang der gesamten Kühlkette vor. Für Frischeprodukte, Gefriergut und andere sensible Lebensmittel gelten die EU-Verordnungen 852/2994 (Lebensmittelhygiene) und 178/2002 (Rückverfolgbarkeit), für Tiefkühlkost außerdem die Verordnung 37/2005. Sie legt über Temperaturaufzeichnungen hinaus EN-Normen für die Messgeräte und eine mindestens einjährige Archivierung aller Daten fest. Für medizinische und pharmazeutische Produkte greift die EU-Richtlinie "Good Distribution Practice" (GDP). Sie schreibt unter anderem Risikobewertungen der Transportwege sowie die Überwachungsmethoden für Temperatur, Hygiene und Sicherheit vor. Bei Kältegradabweichungen oder Produktbeschädigungen muss der Empfänger sofort informiert werden. Allein diese Aufzählung zeigt, dass Telematik für Kühltransporte weit mehr als nur Temperaturmessungen leisten muss. Außerdem sollte sie bei Grenzwertüberschreitungen und starken Erschütterungen sofort Alarm auslösen, das Öffnen und Schließen der Türen aufzeichnen und Geofencing-Meldungen bei Ankunft und Verlassen des Entladeorts absetzen. Auch Tools, welche die Kühlmaschine selbst und ihren Treibstoffverbrauch überwachen, werden immer stärker nachgefragt. Jede Anwendung sorgt für eine Flut von Informationen, welche die Disposition kontinuierlich beobachten und auswerten muss. "Eine übersichtliche und klare Darstellung der Daten ist äußerst wichtig", sagt Luigi Monzardo, Abteilungsleiter Italien-Verkehre von Papp Logistics. Der Münchener Lebensmittellogistiker arbeitet ausschließlich mit Herstellersystemen, weil diese bereits im Werk installiert werden. Entsprechende Lösungen bieten die drei großen Trailerhersteller Schmitz Cargobull, Krone und Kögel an. Außerdem gibt es zahlreiche unabhängige Systeme, welche vor allem für Nachrüstungen infrage kommen. Für jeden Marktteilnehmer sind unabhängig von seinen Produktpräferenzen Online-Plattformen wichtig geworden, welche außer Fracht- und Frachtraumdaten auch Fahrzeug- und Auftragsdaten abbilden und die Disposition mit dem Fahrer vernetzen. Über eine App kann dieser jederzeit aktuelle Daten aufrufen und sich automatisch über Temperaturabweichungen informieren. Solche Plattformen bieten nicht nur Telematikanbieter wie GPSoverIP und Idem Telematics, sondern auch viele Hersteller wie Scania und Krone an. Offene Lösungen gefragt Für die meisten Logistikdienstleister haben offene Lösungen, die Schnittstellen für unterschiedliche Systeme bieten, den größten Nutzwert. Sie können so leichter Mischflotten steuern und Mietfahrzeuge integrieren. Mancher Dienstleister arbeitet auch deshalb mit drei oder vier Systemen, weil er Fahrzeuge und Überwachungstechnologien "im Paket" einkauft und so Kostenvorteile erzielt. Ein Beispiel ist Trans-o-Flex (ToF) in Weinheim. "Wir können so die Leistungsfähigkeit der einzelnen Lösungen vergleichen", sagt ToF-Geschäftsführer Wolfgang P. Albeck. Gravierende Unterschiede konnte der KEP-Dienst bis jetzt nicht feststellen. Vielleicht ist dies auch auf hohe Anforderungen zurückzuführen, die nicht jedes Telematikprodukt erfüllen kann. So kommen nur Systeme zum Zug, welche Schnittstellen zum ToF-Datenportal haben und eine lokale Speicherung von Daten ermöglichen. "Wir können unseren Kunden aus der Pharmawirtschaft auch bei einem Systemausfall Daten zur Verfügung stellen", versichert der ToF-Chef. Außerdem möchte das Unternehmen von jedem Packstück Temperaturdaten abrufen und diesem einen eigenen "Temperaturlebenslauf" zuordnen. Das setzt besonders leistungsfähige Systeme voraus, welche zusätzliche Daten verarbeiten können. An solchen Lösungen haben zuletzt viele Anbieter gearbeitet. So präsentierte Krone auf der TransportLogistic 2017 einen "SmartScan", welcher den kompletten Laderaum per Kamera überwacht und dem Disponenten in Echtzeit mitteilt, wie viele Stellplätze noch frei sind. Konkurrent Schmitz Cargobull wirbt mit einer upgedateten Lösung, welche zusätzliche Daten von Bremsen, Reifen und Kühlaggregat sammelt und Fahrkilometer mit einem neuen Patent besonders präzise misst. Auch freie Anbieter wie die BPW-Tochter Idem Telematics oder der Containerspezialist Savy Telematic arbeiten an Sensoren, welche noch genauere Echtzeitinformationen liefern und Programmierfehler unterbinden sollen. Solche Lösungen finden bei den Logistikern möglicherweise mehr Resonanz als zusätzliche Datentools. "Die Nutzung aller Features ist fast nicht machbar", betont Sven Gehrmann, Projektleiter von Transthermos in München. Wie viele Branchenunternehmen arbeitet auch das Transfrigoroute-Mitglied derzeit an der Integration der Auftragsdaten in das telematikgestützte Transportmanagementsystem. Für 2018 gibt es also genug zu tun. Mehr zum Thema finden Sie im Dossier Telematik www.verkehrsrundschau.de/dossiers Kundenanforderungen Der Wunschzettel wird immer länger Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Weil manche Pharmaprodukte anerkannte Gefahrstoffe enthalten, stellen deren Hersteller Transport- und Lageranforderungen, welche deutlich über das GDP-Regelwerk hinausreichen."Für rund zehn Prozent der Aufträge müssen wir besondere Routenführungen und Sicherheitsüberprüfungen beachten", sagt Dominik Kraus, Projektmanager von Frigo-Trans. Als Konsequenz verknüpfte das Pfälzer Unternehmen bereits vor Jahren Zugmaschinen- und Trailertelematik. Der Fahrer ist sofort erreichbar, wenn Abweichungen und Unregelmäßigkeiten auftreten. Heute setzen viele Verlader solche Schnittstellen offenbar als selbstverständlich voraus."Vor allem über die 'Estimated time of Arrival' (ETA) wollen sie Bescheid wissen", sagt Transthermos-Projektleiter Sven Gehrmann. Als Konsequenz wächst das Kundeninteresse an Schnittstellen mit den eigenen Systemen. Auch die Temperaturdaten selbst werden regelmäßig hinterfragt."Wir dokumentieren auch die Kalibrierungen", bestätigt Trans-o-Flex-Chef Wolfgang P. Albeck. Der Kunde kann nur mit dieser Maßnahme sicher sein, dass die erhobenen Daten wirklich korrekt sind. bot

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