"Vier gewinnt"

Kürzlich hat das Bundeskabinett dem Gesetzentwurf zur Ausweitung der LKW-Maut zugestimmt. Wenn nun auch der Bundestag das Gesetz absegnet, werden zum 1. Juli 2015 weitere 1100 Kilometer vierspuriger Bundesstraßen mautpflichtig. Von Oktober 2015 an gilt die Maut dann nicht mehr nur für Lastwagen ab einem Gewicht von 12 Tonnen, sondern bereits für LKW ab 7,5 Tonnen zulässiges Gesamtgewicht. Das ist aber nicht die einzige Änderung, die auf die Unternehmen zukommt. Mit der Ausweitung ändert sich die Berechnungsgrundlage für die Höhe der LKW-Maut. Künftig werden zur Berechnung der Mautsätze vier statt zwei Achsklassen zugrunde gelegt. Bisher gab es nur die Unterscheidung zwischen LKW bis 3 Achsen und Fahrzeuge ab 4 Achsen. Künftig ist die Differenzierung nach vier Achsklassen vorgesehen: - 2 Achsen - 3 Achsen - 4 Achsen - 5 und mehr Achsen Der Blick auf die neue Mauttabelle (siehe VR 44/2014, Seite 16) zeigt: Die Differenz der Mautsätze für einen LKW der Abgasnorm Euro 5 beträgt 1,8 Cent pro Kilometer, je nachdem, ob das Fahrzeug mit 4 oder 5 Achsen unterwegs ist. Was bisher keine Rolle gespielt hat, weil 4- und 5-achsige Kombinationen in einer Mautklasse liefen, macht künftig einen deutlichen Unterschied. Dies gilt für alle Abgasklassen. Boom der 2-Achs-Auflieger Führt die Differenzierung der 4- und 5-Achser zu einem Boom der 2-Achs-Auflieger in bestimmten Segmenten, wie der Speditionsverband BGL prophezeit? Alexander Benz, Geschäftsführer der Spedition Hasenauer + Koch, sieht durchaus Vorteile beim 2-Achs-Auflieger: "Wenn man im Sammelgutverkehr unterwegs ist, stellt sich auf jeden Fall die Frage, ob man besser auf 4-Achs-Kombinationen runtergehen sollte. Das bringt bei nur zwei Tonnen Nutzlastverlust immerhin eine Mautersparnis von zehn Prozent", rechnet der Geschäftsführer vor, der von der Einteilung der Achsklassen nach dem neuen Mautgesetz wenig hält - speziell von der Einführung einer eigenen Klasse für 4-Achs-Fahrzeuge. Das Unternehmen, das vornehmlich im allgemeinen Güterverkehr tätig ist, aber auch im Möbeltransport, verfügt über einen eigenen Fuhrpark mit 110 Fahrzeugen, davon 30 Verteilerfahrzeuge mit 12 Tonnen Gesamtgewicht. Viele Unternehmer haben sich vor allem deshalb Drei-Achs-Auflieger angeschafft, weil diese sich besser wiederverkaufen ließen. Künftig, so ist Benz überzeugt, werden die Fuhrparkbetreiber stärker auf ihre Anforderungen bei der Nutzlast achten. Den aktiven Austausch von Equipment fasst er dennoch derzeit nicht ins Auge. "Erstens habe ich noch genügend Zwei-Achser im Sortiment und zweitens wäre der Wertverlust beim Verkauf der 3-Achs-Auflieger zu hoch." Dass sich 2-Achs-Auflieger als echte Alternative zum 3-Achs-Auflieger durchsetzen, glaubt Eckart Bauer, Chef der Friedrich Bauer Speditionsgesellschaft im schwäbischen Calw, nur bedingt. "Der Fahrzeugeinsatz wird dadurch eingeschränkt. Daher wird der 3-Achs-Auflieger sicher kaum an Bedeutung verlieren", meint Spediteur Bauer. Ulrich Schöpker, Vertriebs-Vorstand des Trailerherstellers Schmitz Cargobull, sieht dagegen für einige Anwendungsbereiche gute Argumente für den 2-Achs-Auflieger: "Studien haben gezeigt, dass die Nutzlast nur selten wirklich ausgereizt wird. Das Gesamtgewicht der Züge erreicht in den häufigsten Fällen nur zirka 36 oder 37 Tonnen und eher eine Volumenauslastung, nur in einigen Transportbereichen wird eine gewichtsmäßige Vollauslastung erreicht." Schmitz hat schon auf der IAA Nutzfahrzeuge 2010 einen gewichtsoptimierten Sattelauflieger mit zwei 10-Tonnen Achsen vorgestellt, der gegenüber einem 3-Achser mit nur einer Tonne weniger Nutzlast aufwartet. Trailerhersteller wittern neuen Markt Schöpkers Prognose: "Es wird auf jeden Fall ein zusätzlicher Markt entstehen, der die 2-achsigen Auflieger wieder voll einbezieht." Der Hersteller aus Altenberge sieht sich auf die Nachfrage gut vorbereitet. Die Mehrkosten in der Anschaffung des gewichtsoptimierten Trailers würden sich über die geringeren Maut- und die niedrigeren Betriebskosten schnell amortisieren, glaubt Schöpker. Durch den Verzicht auf eine Trailerachse reduzieren sich das Gewicht, der Rollwiderstand und damit der Kraftstoffverbrauch - außerdem die Wartungs- und Instandhaltungskosten. Dass der 2+2-Gliederzug wieder an Bedeutung gewinnt, wie mancher Unternehmer mutmaßt, sieht Schöpker dagegen nicht. "Im Fernverkehr werden diese Züge, außer in speziellen Anwendungsbereichen, keine Rolle spielen." Beim Konkurrenten Kögel glaubt man nicht daran, dass der mit heißer Nadel gestrickte Gesetzentwurf so durchkommt. Eine Trendaussage will man daher nicht treffen und verweist darauf, dass man bereits entsprechende 2-Achs-Auflieger im Portfolio habe. Dierk Hochgesang, Geschäftsführer des Bundesverbandes Möbelspedition und Logistik (Amö), weist auf die "unglückliche Gewichtsgrenze" hin, die durch die Mautgrenze ab 7,5 Tonnen entsteht. Im Verteilerverkehr und bei Möbeltransporten im Nahbereich seien immer noch zahlreiche Fahrzeuge mit einem zulässigen Gesamtgewicht von 7,49 Tonnen unterwegs, die mit der neuen Regelung nicht unter die Mautpflicht fallen. Gegenüber den Fahrzeugen mit 7,5 Tonnen entstehe eine künstliche Verzerrung im Markt, ähnlich wie sie derzeit im Bereich der 12-Tonner bestehe, bemängelt Hochgesang. Mit der künftigen Einteilung der Achsklassen sieht er für seine Mitgliedsunternehmen kaum Probleme. Wesentliche Auswirkungen auf die Flottenstruktur erwartet Hochgesang im Bereich Möbeltransport nicht. Eine Konkurrenz zwischen 5-Achsund 4-Achs-Kombinationen stelle sich in den meisten Fällen nicht. Im reinen Umzugsverkehr sei der 40-Tonner mit 5-Achsen nicht das Standardfahrzeug. Häufiger seien Gliederzüge mit 4-Achs-Kombinationen und einem Gesamtgewicht von maximal 32 Tonnen. 5-Achs-Kombinationen seien wegen der höheren Transportgewichte allerdings im Neumöbelgeschäft anzutreffen. "Im generellen Ladungsverkehr werden sich Unternehmer je nach Einsatzart aber schon fragen, ob der 5-Achser wirklich notwendig ist", prognostiziert Hochgesang. Möglicherweise führt die Mautdifferenzierung dazu, dass Verlader stärker darauf achten, dass Transporte mit dem jeweils günstigsten Equipment, sprich 4-Achs-Kombinationen, durchgeführt werden. Handwerk übt Kritik Kritik an der Ausweitung der Maut auf Fahrzeugkombinationen ab 7,5 Tonnen kommt unterdessen aus dem Handwerk. Künftig fallen auch Handwerkerfahrzeuge in die Mautpflicht, wenn die 7,5-Tonnen-Grenze durch mitgeführte Anhänger überschritten wird. Dies würde insbesondere kleinere Betriebe stark belasten, warnt der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH). "Ein handwerklicher Fahrzeugzug mit insgesamt 8 Tonnen kann durch den mitgeführten zweiachsigen Anhänger demnach in dieselbe Belastungsstufe wie ein vierachsiger LKW mit über 30 Tonnen geraten", rechnet der ZDH vor, der sich für eine Befreiung solcher nur sporadisch eingesetzter Kombinationen von der Mautpflicht ausspricht. Die Maut sollte auch weiterhin auf diejenigen LKW beschränkt bleiben, "die durch ihr hohes Gewicht einen überproportionalen Straßenverschleiß verursachen." Weitere Ausweitung wird geprüft Mautlücke 3,5 Tonnen bis 7,5 Tonnen Eine weitere Ausdehnung der Maut auf Fernbusse und auf Kleinlaster ab 3,5 Tonnen hält sich die Bundesregierung ausdrücklich offen. Beides solle bei möglichen Novellierungen der LKW-Maut in dieser Wahlperiode geprüft werden, heißt es in dem Gesetzentwurf zur Ausweitung der LKW-Maut. Laut Verkehrsministerium wurde dieser Prüfauftrag auf Wunsch des Umweltressorts aufgenommen. Bei der Regierungsbefragung im Bundestag versicherte Dobrindt jedoch, in seinem Ministerium gebe es aktuell keine Überlegungen für eine derartige Ausweitung. diwi

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