Brüssel. Was es für PKW und leichte Nutzfahrzeuge in der EU schon gibt, soll es bald auch für LKW ab 3,5 Tonnen geben: Ein System zur Berechnung des CO2-Ausstoßes. Ziel soll die Transparenz für LKW-Käufer sein. Allein dadurch erhofft sich die Generaldirektion Klima der EU-Kommission (DG Klima) eine verstärkte Präsenz sparsamer LKW – und damit eine Senkung des CO2-Ausstoßes.
Die Systeme zur Berechnung des Kraftstoffverbrauchs, wie sie in den USA oder Japan angewendet werden, greifen für DG Klima zu kurz: Zu wenige Komponenten würden den Verbrauch bestimmen. Die herangezogenen Werte würden nicht ausreichen, um der vielfältigen Verwendung der LKW, ihren unterschiedlichen Fahrzyklen, Beladungen und Ausstattungen gerecht zu werden. Eine einfache Modellberechnung, wie bei PKW und Vans üblich, greife bei LKW ebenfalls zu kurz.
Deshalb fällt die Berechnungsmethode, die DG Klima zurzeit entwickelt, komplexer aus. Zum einen werden viele unterschiedliche Komponenten betrachtet. Die wichtigsten technischen Daten: Roll- und Luftwiderstand, Motor- und Übertragungsleistung sowie Zusatzelemente wie Klimaanlage oder andere Ausstattungen. Weitere Komponenten sind die Art des LKW, die Einsatzart, die Ausstattung mit Anhänger oder Sattelauflieger (siehe Kasten). Die gesammelten Daten werden in ein Berechnungsprogramm gespeist, das den Namen Vecto trägt: „Vehicle Energy Consumption Calculation Tool" (Fahrzeug-Energieverbrauch-Berechnungsinstrument). Am Ende spuckt Vecto einen Wert aus, der den CO2-Ausstoß beziehungsweise Kraftstoffverbrauch jedes LKW, auch individuell gestaltet, darstellt. In Form von Gramm pro Kilometer, Tonnenkilometer oder Kubikmeter. Welche Darstellungsform letztlich gewählt wird, ist noch nicht entschieden.
Komplexe Berechnungsmethode
Erste Vergleiche zwischen Vecto-Berechnung und Echtzeit-Verbrauch mit Testfahrzeugen – ein 40-Tonner von Daimler und ein 18-Tonner von DAF – haben Abweichungen von maximal drei Prozent ergeben. Bei DG Klima ist man auf dieses Ergebnis stolz. Sogar international wird Vecto Aufmerksamkeit geschenkt. Angeblich sollen die USA bereit sein, Berechnungselemente in ihr eigenes System zu integrieren.
Was Vecto unter anderem berücksichtigen soll:
- Energieleistung/-verlust durch Rollwiderstand, Luftwiderstand, Motorleistung, Übertragungsleistung, Zusatzelemente im Fahrzeug wie Klimaanlage, Kühlpumpe
- 18 Fahrzeugklassen, unterteilt nach zulässigem Gesamtgewicht, Achsenzahl, Zahl der Antriebsachsen
- Standardfahrzyklus für jede Fahrzeugklasse (Langstreckenlieferung, Regionallieferung, Stadtlieferung, städtisches Fahrzeug, Baufahrzeug)
- Grobausstattung des Fahrzeugs (Fahrzeug alleine, mit Anhänger, mit Sattelauflieger)
- Automatisches oder manuelles Getriebe
Wenn Vecto fertig ist, muss es von der EU-Kommission, EU-Parlament und EU-Ministerrat angenommen werden. Mit Gegenwind aus der Industrie ist nicht zu rechnen: An der Vecto-Entwicklung sind die meisten europäischen LKW-Hersteller beteiligt. (kw/tr)