UPS lässt die Muskeln spielen

Es ist die schiere Größe, die überwältigt: Auf insgesamt 5,2 Millionen Quadratmetern - das entspricht einer Fläche von 90 Fußballfeldern - breitet sich der "Worldport" von UPS im US-amerikanischen Louisville aus. Dorthin war die VerkehrsRundschau exklusiv eingeladen. "Das ist das Hirn von UPS", formuliert es Jim Mayer, Manager für Öffentlichkeitsarbeit am UPS Worldport, stolz. Umgerechnet 2,4 Milliarden Euro insgesamt hat Paket- und Expressdienstleister UPS in sein weltweit größtes Luftfracht-Drehkreuz im US-Bundesstaat Kentucky investiert. Innerhalb von zwei Stunden können UPS-Flugzeuge von hier aus zwei Drittel der US-Amerikaner erreichen; selbst per Lkw werden 62 Prozent von Kontinental-USA erreicht. Und für das Unternehmen strategisch wichtig: Louisville entwickelt sich mehr und mehr zu einem Zentrum für Pharma- und Medizinwissenschaftsfirmen. Jede Minute landet ein Flugzeug Tag und Nacht ist die Anlage in Betrieb. Ab 22:30 Uhr landet hier jede Minute ein Flugzeug, das sind 130 Flugzeuge in der Nacht. Um 5:20 Uhr verlässt das letzte den Worldport. In einer durchschnittlichen Nacht werden hier, erzählt Jim Meyer, 416.000 Pakete pro Stunde und unzählige Paletten abgewickelt und von Louisville in alle Welt versendet. Vor Weihnachten sind es bis zu vier Millionen Pakete. Jede Nacht rauschen sie durch die Anlage - auf Förderbändern, die eine Länge von insgesamt fast 250 Kilometern auf drei Stockwerken umfassen und damit sogar die Entfernung München-Stuttgart übertreffen. 9000 Mitarbeiter arbeiten hier im Schnitt - 6000 davon nachts. Vorwiegend junge Leute, häufig Studenten der benachbarten Universität Louisville. Jeweils im Vier-Stunden-Schichtbetrieb entladen sie die Flugzeuge, packen die Pakete auf die Förderbänder und verladen diese in die Flugcontainer - jeder Schritt ist minutiös geplant. Denn Zeit ist in der Expresslogistik knapp. In gerade einmal acht bis 43 Minuten werden die Pakete laut UPS durch die Anlage geschleust, für kleine Sendungen braucht es 11 bis 16 Minuten und für sperrige Packstücke 12 bis 45 Minuten. Sogar ein eigenes Meteorologen-Team unterhält UPS am Worldport, um etwaige Wetter-Turbulenzen frühzeitig erkennen und im Bedarfsfall Flugzeuge umdisponieren zu können. Die Logistik muss funktionieren - egal ob bei Sandsturm, Schneegestöber oder Gewitter. 13 Reserveflugzeuge stehen deshalb für den Fall der Fälle bereit. Insgesamt verfügt UPS über 236 eigene und 300 geleaste Flugzeuge. Amazon drängt ins Revier von UPS Hier auf dem Worldport in Louisville im US-Staat Kentucky zeigt UPS seine ganze Größe. In den USA ist das Unternehmen unangefochten die Nummer 1 - noch vor Expressriese FedEx. Sogar weltweit hat UPS mittlerweile die Deutsche Post DHL Group überholt, wenn es um den Unternehmensumsatz geht. 61 Milliarden US-Dollar (umgerechnet 57,7 Milliarden Euro) erwirtschaftete UPS in 2016 mit insgesamt 434.000 Mitarbeitern, die Post machte im gleichen Zeitraum mit 508.036 Mitarbeitern rund 57,33 Milliarden Euro Umsatz. Und wenn es um Paketsendungen geht, beansprucht UPS, der größte Dienstleister zu sein. 2016 lag der Durchschnitt bei über 19 Millionen Sendungen pro Werktag. Und diese Größe will UPS nun ausspielen. Denn die Konkurrenz schläft nicht im Zeitalter der Digitalisierung - immer mehr neue Anbieter, allen voran Amazon und Uber, drängen in die Logistik und damit auch ins angestammte Revier von UPS. So plant Amazon aktuell, gerade einmal 100 Meilen Luftlinie vom Worldport entfernt, sein eigenes Luftdrehkreuz und baut dafür den Flughafen in Cincinatti im Norden Kentuckys um, während sich Uber mit seinem Crowd-Delivery-Konzept in den USA immer breiter macht. Effizienzvorteile dank der Größe Nach außen hin gibt sich UPS-CEO David P. Abney ob der neuen Konkurrenz gelassen: "Diese neuen Anbieter haben vielleicht die Technologie. Sie haben aber nicht die Skalierungsmöglichkeiten, die UPS aufgrund seiner Größe hat. Wir haben durch unsere Größe die Effizienzvorteile", lässt Abney im exklusiven Gespräch mit der VerkehrsRundschau die Muskeln spielen und zeigt, wer in der Logistik die Nase vorne hat (siehe Seite 14). Der Unternehmenschef weiß aber auch: UPS muss sich dem neuen Wettbewerb und dem digitalen Wandel, der auf die Logistikbranche zurollt, stellen. "Die Digitalisierung ist zwar ein evolutionärer Prozess", unterstreicht er. "Da das Ganze aber so schnell passiert, wirkt es wie eine Revolution." Und damit UPS nicht wie andere traditionelle Unternehmen von dieser Welle überrollt wird, ist für Abney klar: "Wenn wir unser Geschäftsmodell nicht selbst zerstören und nicht selbst diese neuen Technologien implementieren, dann werden es diese neuen Anbieter tun", gibt er die Strategie des Unternehmens vor. "Wir müssen zu uns selbst disruptiv sein", fordert er. Und dafür investiere UPS auch gezielt in Start-ups, auch um mit diesen neue Geschäftsmodelle auszuloten. Das zeigt das Beispiel des 3D-Druck-Anbieters Fast Radius, an dem sich UPS im vergangenen Jahr beteiligt hat. Zielgruppe sind Kunden in der Hightech-, Automobil- und Raumfahrtbranche. Über 60 3D-Druck-Center verfügt UPS in den USA heute schon. Zusammen mit Fast Radius, gepaart mit dem eigenen weltweiten Express-Know-how will das Unternehmen dieses neue Geschäftsfeld nun in Europa und Asien etablieren: In Singapur ist UPS kürzlich damit an den Start gegangen. Der Eintritt in Europa wird erwogen. Das UPS-Europa-Hub in Köln/Bonn könnte hier eine wichtige Rolle spielen. Mit den 3D-Druckern in der Nähe könnte bis in die Nacht hinein noch gedruckt werden und über das angeschlossene Express-Netz wäre eine Lieferung am nächsten Morgen möglich. Wachstumstreiber E-Commerce Wichtigster Wachstumstreiber ist für Abney der grenzüberschreitende E-Commerce - sowohl im B2B- als auch im B2C-Segment. Insbesondere im Export biete der E-Commerce gerade kleinen und mittelständischen Unternehmen interessante Wachstumspotenziale, betont er, die diese noch zu wenig nutzen. Dabei benötigten sie dafür nicht viel Finanzkraft, sondern nur einen starken Logistikpartner. In 220 Ländern ist UPS bereits aktiv. "Die Art und Weise, wie unser Netz, unsere Mitarbeiter und unsere Technologie arbeiten, ist einzigartig", betont dann auch Jim Barber, President von UPS International. Allein in die unternehmenseigene IT fließt jedes Jahr rund eine Milliarde US-Dollar. "UPS ist also eine sehr starke Marke", unterstreicht der Manager. "Diese Marke wollen wir in den Märkten noch sichtbarer machen - so wie dies DHL heute schon tut." Und damit UPS weiterhin Top-Anbieter bleibe, kündigte Barber weitere Investitionen ins Netz an: So sollen bis 2019 nach Europa umgerechnet knapp 1,9 Milliarden Euro in den Ausbau der Kapazitäten fließen, wenngleich UPS hier in den nächsten Jahren eher von einem organischen Wachstum ausgeht. Darüber hinaus plant der Expressgigant neue Logistikcenter in Dubai, der Türkei, dem Nahen Osten, in Südafrika sowie in China und Indien. Nur eines verrät UPS während der Reise in den USA nicht wirklich: die Pläne im europäischen Landverkehr. Klar wird nur: In den Vereinigten Staaten ist das Unternehmen in diesem Segment bereits eine Größe - über 20.000 eigene Lkw verfügt UPS hier- nicht gerechnet die 35.000 Lkw-Unternehmen, die durch den Aufkauf der US-Internet-Transportplattform Coyote seit 2015 nun indirekt für UPS fahren. Nun soll die Expansion nach Europa gelingen - auch dank engerer Verzahnung mit dem britischen Unternehmen Freightex, einem Asset-light-Anbieter für Straßentransporte von Komplett- und Teilladungen sowie Spezial- und Kühltransporte, das UPS im Januar gekauft hat. Mit Freightex im Gepäck, so der Plan der US-Strategen, soll der Einstieg ins europäische 3PL-Geschäft gelingen. Es ist also nur eine Frage der Zeit, dass UPS auch eine Größe im europäischen Landverkehr ist. Mehr zum Thema finden Sie im Dossier UPS www.verkehrsrundschau.de/dossiers Daten + Fakten United Parcel Service (UPS) Das Unternehmen United Parcel Service (UPS) wurde 1907 in Seattle/USA von James E. Casey gegründet. Der US-Paket- und Expressdienstleister erzielte im vergangenen Jahr mit 434.000 Mitarbeitern einen Umsatz von insgesamt 61 Milliarden US-Dollar (umgerechnet 57,7 Milliarden Euro). Deutsche Post DHL erwirtschaftete im gleichen Zeitraum einen Umsatz von 57,33 Milliarden Euro. Die VerkehrsRundschau erhielt nun erstmals Einblick in das Paket- und Expressgeschäft von UPS an seinem Worldport in Louisville/USA.eh

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