Südwestdeuschland als lohnendes Ziel

Wachstum und kein Ende: In Rotterdam steigt die Zahl der dort umgeschlagenen Container weiter an. Im ersten Quartal 2018 vermeldeten die Holländer einen Anstieg von 6,1 Prozent bei der Zahl der registrierten TEU (20-Fuß-Container) im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Frachtraum wird kurzfristig gebucht Doch je mehr Boxen in dem Hafen umgeschlagen werden, desto mehr Verbindungen muss es ins Hinterland geben, um die Stahlkisten in den Hafen beziehungsweise aus dem Hafen heraus zu befördern. Der Hafenbetreiber, der Port of Rotterdam, streckt seine Fühler zunehmend nach Deutschland aus und sieht auch den Südwesten mit den Bundesländern Baden-Württemberg, Hessen und Rheinland-Pfalz als eine Region an, wohin sich die Hinterlandanbindungen ausdehnen lassen. Daher hat der Hafen zusammen mit Contargo, einem Betreiber von Container-Hinterlandlogistik-Netzwerken, eine Studie in Auftrag gegeben, um das Marktpotenzial und die Faktoren zu ermitteln, die bei der Auswahl der Seehäfen eine Rolle spielen. "Auch wenn die Akteure häufig schon frühzeitig ihre Transportmengen kennen, erfolgt die Buchung für den Transport im Hinterland trotzdem sehr kurzfristig", sagt Katrin Scharf, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Fachgebiet Unternehmensführung und Logistik der Technischen Universität Darmstadt und leitende Autorin der Studie. Vor allem Verlader und Spediteure erteilen den Auftrag eher spontan: 40 Prozent der Verlader beauftragen ihre Dienstleister erst wenige Tage vor Transportbeginn, bei den Spediteuren sind es 34 Prozent. Etwas früher sind die Reeder dran: Nur 13 Prozent ordern ihre Kapazitäten mit wenigen Tagen Vorlauf. Bei 53 Prozent der Reeder beträgt der Buchungshorizont immerhin zwischen einer und zwei Wochen. Die Wissenschaftler haben unter anderem mittels einer Simulation untersucht, wie sich eine Ausweitung des Güterzugangebots zwischen Südwestdeutschland und Rotterdam um 20 Prozent auf die Marktanteile der Seehäfen Antwerpen, Rotterdam, Bremerhaven und Hamburg auswirken würde. Das Ergebnis: Der Anteil von Rotterdam könnte von 38 auf 61 Prozent steigen. Die anderen Seehäfen würden Anteile verlieren: Antwerpen von 25 auf 17 Prozent, Bremerhaven von 11 auf 6 Prozent und Hamburg von 26 auf 16 Prozent. "Eine Steigerung des Marktanteils für Rotterdam bei einer Ausdehnung des Angebotes nur auf dieser Route war zu erwarten. Doch dass der Marktanteil stärker steigt als das Angebot, ist ein Zeichen für die Attraktivität dieser Route", sagt Scharf. Sie begründet den überproportionalen Anstieg auch damit, dass die Entfernung zwischen Rotterdam und Südwestdeutschland im Vergleich zu den norddeutschen Seehäfen kürzer ist und die Transportdauer ein Entscheidungskriterium bei der Auswahl der Seehäfen ist. Pro Woche 104 Züge nach Deutschland "Wir wollen die Hinterlandanbindungen nach Südwestdeutschland weiter ausbauen", sagt Emile Hoogsteden, Direktor Container Breakbulk & Logistik beim Port of Rotterdam. Der Hafen wird nicht selbst als Operateur tätig, hilft aber beim Marketing und auch bei der Finanzierung, wobei Hoogsteden Wert darauf legt, dass es sich nicht um Subventionen handelt. Derzeit gibt es wöchentlich 104 Güterzugverbindungen zwischen Rotterdam und Deutschland, davon bereits 42 nach Südwestdeutschland. Doch Hoogsteden sieht die Studie nicht als ein Zeichen, dass Rotterdam jetzt ausschließlich auf die Bahn setzt, gerade auch vor dem Hintergrund der Abfertigungsprobleme von Binnenschiffen in Rotterdam. "Wir sind ein trimodaler Hafen. Das wollen wir auch bleiben und werden daher die Angebote für alle drei Verkehrsträger ausdehnen", kündigte der Hafen-Manager an. Aber er machte deutlich, wo er das größte Potenzial sieht: "Wir erwarten im Hinterlandverkehr per Bahn das größte Wachstum." Auch die Engpässe auf dem Schienennetz seien da kein Hemmnis, zumindest derzeit nicht. "Noch haben wir Kapazitäten. Aber das dritte Gleis zwischen Emmerich und Oberhausen darf nicht viel später als 2025 verfügbar sein", mahnte Hoogsteden Tempo bei den Bauarbeiten auf deutscher Seite an. Die Route ist die Verlängerung der Betuweroute, einer ausschließlich dem Güterverkehr vorbehaltenen Schienentrasse zum Hafen Rotterdam in den Niederlanden. Mehr Kapazitäten verspricht er sich auch von verschiedenen Digitalisierungsprojekten im Hafen, die den Informationsfluss unter den Akteuren verbessern und so die Abläufe beschleunigen sollen. Mehr zum Thema finden Sie im Dossier "Häfen" www.verkehrsrundschau.de/dossiers Neue Verbindungen zu den Westhäfen Contargo will die Abfahrtsfrequenzen erhöhen Contargo hat sich auf das Angebot von Containerverkehren zwischen den Westhäfen, den deutschen Nordseehäfen und dem europäischen Hinterland spezialisiert, wobei die Westhäfen eine größere Bedeutung für den Logistik-Dienstleister spielen."Wir wollen unser Angebot auf der Schiene zu den Westhäfen weiter ausbauen, ohne dabei unsere Nordhäfen-Verkehre zu vernachlässigen", sagt Konrad Fischer, Geschäftsführer von Contargo.So gibt es Überlegungen, die Abfahrtsfrequenz an den bestehenden Standorten zu erhöhen."Wir überlegen, in Neuss, im Raum Frankfurt und in der Region Oberrhein die Zahl der Abfahrten von drei auf fünf pro Woche zu erhöhen", sagt Fischer.Derzeit stellt Fischer bei seinen Kunden eine klare Tendenz zugunsten der Bahn fest."Das hängt stark mit der Abfertigung der Binnenschiffe in Rotterdam und Antwerpen zusammen, die derzeit mehr als unbefriedigend ist", so Fischer. Zum Teil benötigten die Binnenschiffe mehr als die doppelte Zeit für die Umläufe. Die Bahn ist von den Problemen in den Seehäfen nicht so stark betroffen, weil die Binnenschiffe häufig an den gleichen Kais abgefertigt werden wie die großen Seeschiffe, letztere jedoch vorrangig behandelt werden. cd

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