E-Basisfahrzeuge von Volvo Trucks im VR-Fahrbericht

Allein auf weiter Flur ist Volvo Trucks längst nicht mehr. War der Hersteller aus dem schwedischen Göteborg der erste Großserienhersteller, der schon ab dem Jahr 2022 batterieelektrische Schwerlastwagen an seine Kundschaft auslieferte, haben die meisten Wettbewerber mittlerweile nachgezogen. Und sie übertreffen den Pionier aktuell sogar in manchen technischen Details, beispielsweise bei der maximalen Batteriekapazität. Letztere sollte bei den angepeilten Einsatzszenarien dieser beiden Volvo-Stromer aber eine eher untergeordnete Rolle spielen. Dafür beweisen der FM und sein "kabinengrößerer" Bruder FH Electric, dass Volvo seine Pionierrolle noch nicht gänzlich abgelegt hat. Denn speziell auf eine Branche konfigurierte E-Basisfahrzeuge kann bisher kaum ein Konkurrent anbieten. Fangen wir beim 6,85 Meter kurzen FM Electric mit kompaktem 3900-Millimeter-Radstand an. Das zweiachsige Fahrgestell trägt einen "Futura-12"-Absetzaufbau von Hiab, der so auch auf einem Chassis mit Dieselantrieb Platz finden könnte. Der Antrieb des Aufbaus erfolgt klassisch hydraulisch, zumindest hier erweist sich das klassische Konzept des Volvos mit Kardanwelle und getriebeseitigem Nebenabtrieb als vorteilhaft. Kaum weniger Nutzlast 13.350 Kilogramm wuchtet das Testfahrzeug fahrfertig auf die Waage und liegt damit deutlich über einem vergleichbar konfigurierten Diesel-4x2-Absetzer. Dass sich der Nutzlastverlust dennoch in Grenzen hält, liegt am Gesetzgeber. Der gesteht dem 18-Tonner ein um zwei Tonnen höheres Gesamtgewicht zu, was die Differenz zum Diesel auf rund 500 Kilo weniger erlaubte Zuladung schrumpfen lässt. Die allerdings spielen bei zweiachsigen Absetzfahrzeugen eine eher untergeordnete Rolle, wie Entsorgungsprofi und Rockbird-Geschäftsführer Christian Kleiner erklärt. Denn diese Fahrzeuggattung kommt vorrangig bei volumenorientierten Transporten zum Einsatz. Wiegen die Absetzcontainer schwerer, muss eigentlich zwangsläufig ein Dreiachser ran, der die Zusatztonnen meist mit einer lenk- und liftbaren Vorlaufachse ausgleicht. Dieser stünden beim Electric allerdings die am Rahmen montierten Akkupakete im Weg. Apropos Batterien: Der Test-FM nimmt 540 Kilowattstunden (kWh) Energie in seinen sechs Akkupaketen à 90 kWh mit auf Tour, von denen aber nur 421 kWh tatsächlich nutzbar sind. Weil die Strecken in der Absetzer-Branche aber oft kürzer ausfallen, könnte für viele Interessenten trotzdem eine Reduzierung um zwei Batteriepakete infrage kommen. Dadurch sollte die Reichweite immer noch ausreichend sein und auf der Habenseite stünde das um eine Tonne reduzierte Leergewicht. Noch mehr Zuladung ließe sich nur mit einer theoretisch für den Electric lieferbaren Nachlaufachse realisieren. Die würde das Basisfahrzeug aber zwangsläufig in die Länge strecken, was diese Variante für den Transport von Absetzcontainern uninteressant macht. Spezialisierter Vermieter: Rockbird Die beiden Volvos stellte uns freundlicherweise das Unternehmen "Rockbird" für den Test zur Verfügung. Das herstellerunabhängige Unternehmen ist auf die Vermietung von Nutzfahrzeugen und Baumaschinen, speziell für die Branchen Recycling, Entsorgung und Industrie, spezialisiert. Neben Kurz- und Langzeitvermietung wird das Angebot durch umfassende Dienstleistungen, darunter Verkauf, Reparaturen, Wartung, Ersatzgeräte und Schulungen, abgerundet. Abgesehen von zahlreichen Umschlagbaggern oder Radladern umfasst der Rockbird-Fuhrpark derzeit knapp 100 Lastwagen mit speziellen Absetz- und Abrollaufbauten. Jüngster Zuwachs der Flotte sind die beiden batterieelektrischen Volvos, die der Kundschaft ebenfalls für Kurz- oder Langzeitmiete zur Verfügung stehen. Beide Fahrzeuge gefallen mit durchdachter und praxisgerechter Konfiguration. Abroller mit Aero-Nase Das sieht bei unserem nächsten Electric-Kandidaten völlig anders aus, denn dessen 6x2-Chassis verfügt über eine ebensolche Nachlaufachse und benötigt für seinen Job entsprechende Länge. Dass dieser Lkw für einen völlig anderen Einsatz konfiguriert ist, lässt sich schon an der Kabinenwahl erkennen. Die größere FH-Globetrotter-Kabine bietet dem/der Fahrenden deutlich mehr Lebensraum, zudem sorgt die neue Aero-Nase an der Front für eine verbesserte Aerodynamik. Ergo haben wir es hier mit einem Fahrzeug zu tun, das regelmäßig weitere Touren unternimmt, was im Abrollcontainer-Geschäft ja durchaus vorkommt. Auch hier liefert das schwedische Unternehmen Hiab das passende Handwerkszeug in Form eines Abrollaufbaus vom Typ "Ultima 21S61". Der wird, wie beim vorherigen FM Electric, getriebeseitig hydraulisch angetrieben, es handelt sich also auch hier um ein bewährtes Konzept. In beiden Fällen waren wir allerdings überrascht, wie geräuscharm die Aufbauten die Behälter auf- und abladen - bei Einsätzen in Städten kein unbedeutendes Kriterium. Ebenfalls gilt für den FH Electric natürlich die Erhöhung des zulässigen Gesamtgewichtes um 2000 Kilogramm auf 28 Tonnen, die wir auf unserer Testfahrt entsprechend ausnutzen. In Kombination mit einem weiteren Behälter auf dem Schlittenanhänger von Hüffermann kommt der Zug auf exakt 42 Tonnen Gewicht. Eine würdige Aufgabe für die 490 Kilowatt (kW) Dauerleistung des Volvo, die sich bei Bedarf kurzzeitig auf 600 kW steigern lässt. Altmodisch, aber weiterhin besser vorstellbar: Das entspricht umgerechnet der Kraft von 666 oder sogar 816 Pferdestärken. Entsprechend leichtfüßig kommt der Abrollzug auf Touren. Auch weil man von eventuellen Anstrengungen der drei zwischen den Rahmenträgern hinter dem Fahrerhaus platzierten Elektromotoren nichts mitbekommt. Außer dem dezenten elektrischen Summen ist in der Globetrotter-Kabine nichts zu hören. So verliert man zunächst das Gefühl für die Dimensionen und ertappt sich regelmäßig dabei, den Zug sportlich in Kurven zu werfen - in denen sich das ESP dann aufgrund des hohen Schwerpunkts der hoch beladenen Abrollcontainer zum Eingreifen gezwungen sieht. Übungssache ... Weniger nur mit Kupplung Im ebenfalls mit einem Drehschemelanhänger behängten, aber um vier Tonnen leichteren FM-Electric-Absetzerzug kommt noch ein gewisses Gokart-Feeling hinzu. Darüber hinaus bringt die niedrigere Sitzposition auch rationale Vorteile: Die Übersicht fällt im FM besser aus als im höher bauenden FH und man fühlt sich bei Rangiervorgängen näher dran am Geschehen, im Absetzer-Alltag ein wichtiger Aspekt. Die angesprochene souveräne Power ist übrigens gesetzt, sobald die schweren E-Volvos mit einer Anhängerkupplung geordert werden. Modelle für den reinen Soloeinsatz lassen sich hingegen auch mit "nur" zwei Elektromotoren bestellen, mit dann immer noch reichlichen 360 kW Leistung. Ob mit oder ohne Anhängekupplung, reiner Luxus ist die hohe Motorleistung in beiden Fällen nicht, wie die Volvo-Mitarbeiter betonen. Denn je leistungsfähiger die E-Maschinen ausgelegt sind, desto mehr Strom können sie rekuperieren, sprich zum Nulltarif beim Bremsen zurück in die Batterien speichern. Die Steuerung dieses Generatorbetriebs lässt sich in den beiden Volvos übrigens ganz bequem alternativ zum gewohnten Zug am rechten Lenkstockhebel handhaben: Im Rollvorgang einmal das Bremspedal antippen bedeutet 50 Prozent der möglichen Rekuperationsleistung, zweimal hintereinander tippen hat dann die vollen 390 Kilowatt zur Folge. Mit etwas Übung wird die verschleißträchtige Betriebsbremse so mehr und mehr zur Langeweile verdammt. Die Fuhrparkleitung freut es, nicht nur bei den branchenspezifisch konfigurierten Strom-Volvos.

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