Stillstand vermeiden

Zu Beginn der Sondierungsgespräche zwischen CDU/CSU, FDP und Grünen über eine mögliche Jamaika-Koalition drücken die Wirtschaftsund Verkehrsverbände aufs Tempo. Mehr als vier Wochen nach der Bundestagswahl wächst in den Verbänden der Unmut über den schleppenden Fortgang der Regierungsbildung, die sich bis ins neue Jahr hinziehen könnte. Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) gab jetzt zehn Handlungsempfehlungen an die Bundespolitik. Es dürfe keine Zeit verloren gehen, betonte dabei BDI-Vize-Hauptgeschäftsführer Holger Lösch mit Blick auf die Gespräche in Berlin. "Die künftige Bundesregierung muss Infrastrukturausbau und Planungsbeschleunigung vorantreiben", sagte er. Initiativen wie der Masterplan Schienengüterverkehr und das Innovationsprogramm Planungsbeschleunigung sollte sie aus seiner Sicht rasch umsetzen. Lösch warnte zudem vor hohen Steuern und Abgaben, die die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen bedrohen könnten. "Nur mit effizienter und moderner Logistik zu wettbewerbsfähigen Preisen ist die Schlüsselkompetenz unserer Industrie vorstellbar, nämlich weltweit vernetzte Systeme und Produktlösungen anzubieten." Wie ein roter Faden zieht sich die Digitalisierung durch die vom BDI veröffentlichten "Herausforderungen und Perspektiven für die Logistik 2025", dessen rasche Entwicklung sich "massiv auf die Logistik auswirke". Während der erste Schritt zur Vernetzung etwa zur Jahrtausendwende Lkw-Leer- und Umwegfahrten reduziert habe, stehe heute die Nutzfahrzeug-Telematik an der Schwelle zur nächsten Entwicklungsstufe. Jetzt gehe es um Abstandsregeltempomat, Spurhalteassistenten oder das Notbremssystem. Lösch blickt in die Zukunft: "Automatisiertes Fahren im Nutzfahrzeug kann den Verkehr noch sicherer und effizienter machen." In diesem Zusammenhang befürwortet der BDI auch die Vernetzung von Lkw untereinander (Platooning), die in ersten Versuchen zu Einsparungen von bis zu zehn Prozent Kraftstoff und CO2-Emissionen geführt habe. Das Fazit des Verbandes: "Auf Industrie 4.0 muss Logistik 4.0 folgen." Der BDI befasst sich auch mit dem Wandel des Fahrerberufs und erwartet, dass sich die Politik damit beschäftigt. Der Lkw-Fahrer entwickele sich zum Transportmanager, machte Lösch in den Handlungsempfehlungen deutlich. Der BDI thematisiert darüber hinaus die Nutzung alternativer Kraftstoffe als "Beitrag zu mehr Nachhaltigkeit im Güterverkehr". Durch rein fossiles LNG im Straßenverkehr, durch Hybridloks auf der Schiene sei zum Beispiel ein Erreichen der Klimaschutzziele möglich. Als positives Beispiel wertet der BDI den Lang-Lkw, dessen Einsatz den Schadstoffausstoß und die Zahl der Fahrten verringere. Angst vor Hängepartie "Kein Stillstand in der Verkehrspolitik" lautete vergangene Woche ein ähnlicher Appell an die möglichen Jamaika-Koalitionäre. Er kam vom Deutschen Verkehrsforum (DVF). Der Masterplan Schienengüterverkehr, die Infrastrukturgesellschaft Autobahn und der im Diesel-Forum beschlossene Mobilitätsfonds seien nur einige der zentralen verkehrspolitischen Projekte, die in der neuen Legislaturperiode vorangetrieben werden müssten, hieß es. Florian Eck, Mitglied der DVF-Geschäftsführung, fürchtet "eine Hängepartie bis zum Sommer 2018" und brachte angesichts der sich hinziehenden Verhandlungen über eine Regierungsbildung das Instrument des Hauptausschusses ins Gespräch. Ein solches Gremium, bestehend aus Vertretern aller im Bundestag vertretenen Fraktionen, war bereits nach der Wahl 2013 tätig geworden, um die Zeit zwischen der Konstituierung des Parlaments und der Bildung der ständigen Fachausschüsse zu überbrücken. Dieser Hauptausschuss könnte vorübergehend die Aufgaben des Haushaltsausschusses übernehmen und die unter anderem für Verkehr erforderlichen Finanzmittel freigeben. Ob der drohende politische Stillstand aber zur Einsetzung eines Hauptausschusses führen könnte, ist bisher offen. Gewiss ist: Die Bildung der Fachausschüsse kann sich über mehrere Monate hinziehen.

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