Speditionsporträt LTG Wetterau West: Reiche Ernte in Karben

In Kürze Ursprünglich ein Zusammenschluss von 160 landwirtschaftlichen Betrieben, ist die LTG Wetterau West heute als vollwertige Spedition tätig. Neben den aktuell hohen Energiekosten und Versorgungsengpässen stellt das Personalmanagement dauerhaft eine besondere Herausforderung für das Unternehmen dar. Wer die Lade- und Transportgemeinschaft (LTG) Wetterau-West finden will, der muss schon über genaue Ortskenntnisse verfügen. Denn an der Frankfurter Straße 16, der Adresse der LTG, befindet sich der Margarethenhof, der landwirtschaftliche Produkte anbietet. "Es geht links am Margarethenhof vorbei", hilft Florian Glöckner, Fahrer der LTG und zudem Disponent für die Schub-boden-Lkw. Man muss einen kleinen Berg hinauf; dort ist die Verwaltung der LTG beheimatet - eine Außenwerbung ist nicht vorhanden. "Das liegt daran, dass die Spedition im Jahr 1990 von 160 Landwirten als GbR gegründet worden ist, um die Zuckerrüben kostengünstig mit eigenen Lkw zu den Zuckerfabriken der Südzucker AG zu transportieren", erklärt LTG-Geschäftsführer Christian Kliem. Als Firmensitz wurde der landwirtschaftliche Betrieb von Karl-August Kliem gewählt - übrigens nicht verwandt mit dem heutigen Geschäftsführer. Dessen Sohn Karl-Wilhelm ist heute ebenfalls einer der Geschäftsführer der LTG. "Die GbR ist damals mit neun Lkw, einem Bagger und einer Maus gestartet", berichtet Christian Kliem. Im Jahr 2016 wurde dann die LTG Wetterau West GmbH und Co. KG gegründet, die das operative Geschäft übernahm. "Wir arbeiten als vollwertige Spedition und können selbst Mitarbeiter einstellen. Die Fahrer waren vorher Gesellschafter." Die Zahl der kleinen Betriebe sei im Laufe der Jahre gesunken, sodass es Handlungsbedarf gab. "Wir mussten uns neu aufstellen", erzählt Christian Kliem, der damals als 28-Jähriger direkt als Geschäftsführer einstieg. Zur Planung und Konzeption gibt es vier weitere Geschäftsführer, die aber eher die Rolle eines Aufsichtsrates einnehmen und mit Rat und Tat zur Seite stehen. "Ich habe während des Studiums hier als Aushilfe gearbeitet und bin auch gefahren", sagt Geschäftsführer Kliem, der 2016 auch den Meister für Kraftverkehr absolvierte. "Das war mir wichtig." Die LTG hat sich zum universellen Dienstleister weiterentwickelt und transportiert viele landwirtschaftliche Güter, verschiedene Baustoffe, aber auch Gewerbeabfall. Die Landwirtschaft bleibt dabei das Hauptgeschäft der Karbener Spedition. "Etwa drei Viertel der Touren sind für die Landwirtschaft, aktuell sind es viele Futtermittel. Die Landwirte sind nicht immer einfach, man muss wissen, wie man sie nehmen muss", sagt Florian Glöckner, der seit 21 Jahren Lkw-Fahrer ist und seit fünf Jahren für die LTG fährt. Er ist selbst gelernter Landwirt. "Die meisten unserer Fahrer haben einen landwirtschaftlichen Hintergrund." In der Zuckerrübenzeit, die von Mitte September bis Mitte Januar läuft, werden rund 130 Fahrer beschäftigt, die als Aushilfen diese Arbeitsspitzen abdecken. Den Rest des Jahres arbeiten 26 festangestellte Fahrer bei der LTG. Personalsuche über Social Media Die Fahrerakquise für die Zuckerrüben-Saison läuft über das gesamte Jahr, berichtet Christian Kliem. "Sobald sich jemand positiv äußert und Interesse zeigt, wird er von uns angesprochen." Zudem würden viele Fahrer über Mund-zu-Mund-Propaganda sowie über die sozialen Medien wie Facebook und Instagram rekrutiert. "Spätestens im August beginnen wir dann mit den Fahrerunterweisungen", sagt Kliem. Insgesamt entfällt rund ein Drittel des Umsatzes, der bei 5,8 Millionen Euro liegt, auf die Zuckerrüben. Florian Glöckner ist nicht nur als Fahrer, sondern auch als Disponent tätig. "Ich muss nur darauf achten, dass die Zahlen stimmen", sagt der 40-Jährige schmunzelnd. "Ich fahre alle möglichen Fahrzeuge, in erster Linie das, was die anderen nicht fahren wollen." Christian Kliem erinnert sich gerne zurück an die Zeit, als er ebenfalls noch unterwegs war. "Man sieht einfach, was vor Ort los ist. Es ist doch etwas anderes, ob man fährt oder im Büro ist." Waren es zunächst nur landwirtschaftliche Produkte im Nahverkehr, wurde die Flotte nach und nach ausgebaut, denn die Kunden hätten auch nach Fernfahrten gefragt. "Wir haben uns mittlerweile ein gutes Netzwerk aufgebaut. Dabei ist Zuverlässigkeit, Sauberkeit und Flexibilität besonders wichtig", weiß Kliem. Der 33-jährige Lukas Kempf ist Agrar-spezialist und für die Disposition im landwirtschaftlichen Sektor zuständig. Er fährt aber auch selbst Lkw sowie die Verlademaus für die Zuckerrüben. Kempf ist schon seit 2010 als Gesellschafter dabei und in der Landwirtschaft bestens vernetzt. "Meine Großeltern haben einen Betrieb. Ich hatte daher schon immer mit der Landwirtschaft zu tun, habe immer geholfen und bin gefahren. Insofern hat das hier sofort gepasst", berichtet Kempf, der auch die Arbeit des Geschäftsführers lobt. "Ich finde es sehr gut, dass er immer in neue Technik investiert und damit alles auf dem neuesten Stand ist." 100 Prozent Mercedes-Benz Das zeigt sich in der Ausstattung der Fahrzeuge, die immer den Anforderungen entsprechend ausgerüstet sind. "Die vier Fernverkehrszüge sind voll ausgestattet. Wir haben einen reinen Mercedes-BenzFuhrpark", sagt Christian Kliem. Verschiedene Fahrerassistenzsysteme sorgen für erhöhte Sicherheit - etwa der Abstands-regel- oder auch der Abbiegeassistent, um den toten Winkel einsehen zu können. Im Bereich der Digitalisierung sieht der Geschäftsführer noch etwas Luft nach oben. "Zwei bis drei", benotet er den derzeitigen Stand. Im Büro ist alles mit dem Server verbunden, die Zeiterfassung erfolgt über Tablet in den Lkw, das aber auch zur Auftragsdatenerfassung genutzt wird. Zudem gibt es eine spezielle Navigation über den Farmpilot von der Rübe zur Maus. "Unser Ziel ist es, die Tourenzettel und Tagesberichte zu digitalisieren. Im Moment läuft das noch manuell", erklärt Christian Kliem das Verbesserungs-potenzial. Die gute Stimmung bei LTG ist spürbar. Alle Fahrer sind untereinander per Du, und das gilt auch für den 34-jährigen Geschäftsführer. "Unser Motto ist ,volle Pulle', das heißt, es geht immer weiter." Dabei gibt es aber auch schon mal kleine Sticheleien untereinander, denn es geht ja gelegentlich auch etwas schief. Zur Mitarbeiterbindung und zum Team-building tragen drei bis sechs Lkw-Treffen pro Jahr, zum Beispiel am Nürburgring, bei. Beim Truck-Grand-Prix stehen die Fahrer in der Müllenbachschleife, um dort zu feiern. "Das ist eine Anerkennung für jeden Fahrer und gut für das soziale Miteinander", sagt Florian Glöckner. Mit Optimismus in die Zukunft Die LTG Wetterau West ist in ganz Deutschland unterwegs und hat mittlerweile einen großen Fuhrpark, zu dem unter anderem 22 Sattelzüge, sechs Tankauflieger, zehn Kipper, sieben Walking-Floor-Lkw und 15 Rübenauflieger gehören. "Das Besondere sind unsere drei Traktoren", sagt Christian Kliem. Pro Jahr werden rund 3,5 Millionen Kilometer mit der Flotte gefahren. Die aktuelle Situation macht natürlich auch der LTG ein wenig zu schaffen. Die Energiekrise sorgt für gestiegene Spritkosten, höhere Anschaffungskosten und geringere Verfügbarkeit von Ersatzteilen und Zubehör. Um im Bereich der Reifen eine größere Sicherheit zu haben, hat die LTG ein eigenes Reifenlager aufgebaut. Trotz der zum Teil kritischen Lage blicken alle optimistisch in die Zukunft, getreu dem Motto "volle Pulle", es geht immer weiter. Firmenprofil 1990 wurde die LTG als Ladeund Transportgemeinschaft Wetterau West GbR gegründet - ein Zusammenschluss von 160 umliegenden Landwirten. Das gemeinsame Ziel waren günstige Zuckerrübentransporte zur Südzucker AG. Die heutige LTG entstand 2016, um das operative Geschäft zu übernehmen. Das Unternehmen agiert inzwischen als vollwertige Spedition, deren Geschäft weiterhin vor allem aus dem Transport von Zuckerrüben – etwa ein Drittel des Umsatzes – und anderer landwirtschaftlicher Produkte besteht. Als zweites Standbein dienen Baustellen- und Schüttguttransporte. 26 festangestellte Fahrer arbeiten bei der LTG, während der Zuckerrübensaison erhöht sich die Zahl auf 130. Der Fuhrpark besteht aus 22 Sattelzugmaschinen, sechs Tankaufliegern, zehn Kippern, einem Tieflader, sieben Walking-Floor-Lkw, 15 Rübenaufliegern, einer Verlademaus, zwei Radladern, zwei Baggern und drei Traktoren. Damit generiert die LTG einen Umsatz von 5,8 Millionen Euro. 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