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Sparplan Zum Sanieren abkassieren Die deutsche Regierung legt einen Sparplan vor. Im Verkehrsetat setzt der Bund jedoch nicht nur auf Sparen, sondern auf Zusatzeinnahmen: LKW-Maut auf Bundesstraßen, Sonderdividende der Deutschen Bahn und Abgaben für Fluggesellschaften. Der Sparhaushalt der schwarz-gelben Koalition trifft das Transportgewerbe unmittelbar. Auf dem Treffen im Kanzleramt vereinbarte das Kabinett neben der Luftverkehrsabgabe und der Sonderdividende der Deutschen Bahn in Höhe von jährlich 500 Millionen Euro auch eine Ausdehnung der LKW-Maut auf vierspurige Bundesstraßen. Davon erhoffe man sich jährliche Mehreinnahmen in Höhe von bis zu 150 Millionen Euro, sagte Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) in einer Sitzung des Bundestagsverkehrsausschusses. Die Kritik des Gewerbes lässt nicht lange auf sich warten. „Das hat mit Sparen nichts zu tun“, ärgert sich Karlheinz Schmidt. Der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL), zeigt sich enttäuscht: „Die Tricksereien der alten Koalition werden bei Schwarz-Gelb fortgesetzt.“ „Die Ausdehnung der Maut ist eine Erhöhung durch die Hintertür“, betont Christian Labrot, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Wirtschaft, Verkehr und Logistik (BWVL), und erinnert an das Maut-Moratorium vom Herbst 2009. „Kommt die Ausweitung, dann hat die Koalition ein weiteres Versprechen einkassiert“, sagt Labrot. Sein Kollege vom BGL hält ebenfalls das Maut-Moratorium, welches vor allem von der FDP eingefordert wurde, für gescheitert. „Wie weit lässt sich die FDP noch zerlegen, bevor sie entnervt aufgibt?“, fragt Schmidt. Koalition verteidigt Zusatz-Maut „Ich halte unser Maut-Moratorium durch diese Maßnahme nicht für verletzt“, widerspricht Patrick Döring, verkehrspolitischer Sprecher der FDP-Fraktion. „Es ist keine Mauterhöhung durch die Hintertür“, betont er. „Natürlich führt dies am Ende für diejenigen, die die Straßen benutzen, zu einer Belastung. Dafür halten wir unsere Zusage und erhöhen nicht die Maut für Euro-3-Fahrzeuge“, verspricht Döring. Niemand verstehe, warum autobahnähnliche Bundesstraßen bislang nicht bemautet wurden. „Es gibt eine klare Aufforderung des Bundesrechnungshofs, diese unterschiedliche Behandlung aufzuheben“, begründet der stellvertretende FDP-Fraktionschef Döring den Vorstoß. „Es geht nicht um eine Mauterhöhung, sondern um eine Anpassung an das Autobahnnetz“, pflichtet Verkehrs-Staatssekretär Andreas Scheuer (CSU) bei (siehe Interview S. 20). „Die Belastungen sind bereits hoch genug. Der LKW zahlt bereits jetzt mehr, als er an Kosten verursacht“, hält Labrot dagegen. Das Hauptproblem sieht er in dem politischen Ansatz der Regierung, mit der LKW-Maut den Staatsaushalt zu sanieren. „Uns wurde jahrelang das Gegenteil versprochen: Dass die Mauteinahmen zurück in die Straße oder wenigstens in die Verkehrswege fließen“, ärgert sich der BWVL-Hauptgeschäftsführer. Schmidt warnt davor, die Auswirkung der Mautausweitung zu unterschätzen. „Das sieht im Vergleich zur Gesamtmautbelastung klein aus, doch an den betroffenen Stellen hat es schwerwiegende Folgen.“ Gerade mittelständische Verlader oder Transportunternehmen könnten die zusätzliche Last kaum stemmen, sagt Schmidt. Bis zu acht Prozent Mehrkosten „Die LKW-Maut-Ausweitung auf vierspurige Autobahnen kommt zur Unzeit“, klagt Micha Lege, Geschäftsführer bei der Spedition Wiedmann & Winz in Geislingen/Steige. Gerade habe sich das Transport- und Speditionsgewerbe von der Krise in 2009 halbwegs erholt, da hole die Politik zum nächsten Schlag aus. „Fünf bis acht Prozent höhere Kosten pro Euro-5-LKW bringt uns die Maut-Ausweitung im Nahverkehr“, sagt er. „ Bei 20 eigenen Nahverkehrsfahrzeugen sind das monatlich rund 10.000 Euro Mehrkosten und im Jahr rund 120.000 Euro – allein im Nahverkehr“, rechnet er vor. Typische Beispiele: Bei einem Rundlauf seiner Spedition von Stuttgart nach Friedrichshafen fallen zukünftig insgesamt 250 zusätzliche mautpflichtige Kilometer an. Hier schlägt die Mautausweitung mit 38,50 Euro zu Buche. Auch nach Esingen hat Wiedmann & Winz viele Zustelltouren auf der B 29. Mehrkosten 23,71 Euro pro Tour, so der Unternehmer. Besonders bitter: „Aufgrund der Lenk- und Ruhezeiten, aber auch aus ökologischen Gründen können und wollen wir die Touren gar nicht auf Landesstraßen verlagern, uns bleibt nur der Weg über die vierspurige Bundesstraße.“ Was Lege nun tun wird? „Ganz klar, wir können nichts anderes tun, als mit unseren Kunden über höhere Preise zu sprechen. Wir sind letztlich die Geldeintreiber des Staates“, sagt er. Walid Aziz, Geschäftsführer des Transportunternehmens TLS Transport-Logistik-Systeme KG im oberfränkischen Naila, kann dagegen aufatmen: „Von der LKW-Maut-Ausweitung auf vierspurige Autobahnen sind wir nicht so stark betroffen wie viele andere Unternehmen“, sagt er. Wie sich die neuerliche Belastung für sein Transportunternehmen kostenmäßig niederschlagen wird, könne er aber zum jetzigen Zeitpunkt nicht sagen. Die über 100 eigenen TLS-LKW sind für viele Speditionskonzerne vorwiegend im Fernverkehr tätig. Und mit diesen sei vereinbart, so der Unternehmer: „Jeder von uns gefahrene mautpflichtige Kilometer wird auf der Rechnung extra ausgewiesen. Und wenn wir von unseren Auftraggebern Gutschriften erhalten, verfahren wir genauso.“ Die LKW-Maut sei nun einmal ein durchlaufender Posten, so Aziz. Verkehrspolitiker feiern Erfolg Besonders betroffen wären von einer Mautausweitung die Flächenländer Baden-Württemberg, Bayern, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen, heißt es bei der Bundesanstalt für Straßenwesen (BaSt). Noch sei nicht absehbar, welche Strecken konkret betroffen wären, doch Sinn machen wohl nur die rund 3200 Kilometer autobahnähnlichen Bundesstraßen (siehe Kasten). Der Verkehrshaushalt galt vielen Bundespolitikern als große Sparbüchse für den Gesamthaushalt. Während im Sozialressort viele Ausgaben rechtlich verpflichtend sind, kann beim Etat für Verkehr und Bauen der Rotstift angesetzt werden. Dies wurde durch die geplanten Zusatzeinnahmen großteils verhindert. „Die Verkehrspolitiker der Koalition feiern eine leichte Verschlechterung des Status quo als Erfolg“, kritisiert der Vorsitzende des Bundestagsverkehrsausschusses Winfried Hermann (Grüne). „Dieser Ansatz ermöglicht keine zukunftsfähige Verkehrspolitik.“ Im Grunde seien sich alle Verkehrspolitiker einig, dass dieses Niveau viel zu niedrig ist. Hermann rät einen Blick in den Bundesverkehrswegeplan und warnt: „Straße und Schiene sind künftig gravierend unterfinanziert.“ Hermann fordert deshalb: „Wir brauchen eine Investitionsoffensive im Schienengüterverkehr und im Kombinierten Verkehr. Dies kann man nicht mit einem Haushalt erreichen, welcher nicht einmal die Höhe des Jahres 2008 erreichen wird.“ Der Grüne Hermann begrüßt deshalb die Ausweitung der LKW-Maut auf vierspurige Bundestraßen. Dies sei „ein erster Schritt in die richtige Richtung“, darüber hinaus fordern die Grünen jedoch eine Mautpflicht für Lastwagen ab 3,5 Tonnen. Hermann glaubt nicht an einen Start der LKW-Maut auf Bundesstraßen bereits im Januar 2011. Dafür müssten erst die rechtlichen Rahmenbedingungen geklärt werden. Bislang darf der Bund auf Bundestraßen nur im Ausnahmefall eine Maut erheben, wenn die Bundesstraße von Mautausweichverkehren betroffen ist. Deutsche Bahn soll Gewinn abführen Nicht nur der Straßengüterverkehr wird zusätzlich belastet. Um den Staatshaushalt zu füllen, plant der Bund den Gewinn der Deutschen Bahn abzuschöpfen. Jährlich 500 Millionen Euro soll der Staatskonzern künftig an seinen Eigentümer überweisen. „Es besteht die Gefahr, dass sich der Bund stärker in das operative Geschäft der DB AG einmischt“, warnt Dirk Flege, Geschäftsführer von Allianz pro Schiene. Vom Wunsch nach der jährlichen Dividende getrieben könnte der Eigentümer bei Übernahmen oder teureren Investitionen in den Fahrzeugbestand den Konzern dazu drängen, kein Geld auszugeben. „Die Sonderdividende wird keine Auswirkungen haben“, verspricht dagegen FDP-Fraktionsvize Döring. Die Deutsche Bahn habe in den letzten Jahren genug Gewinn erwirtschaftet. „Es ist zumutbar, Teile der Überschüsse an den Eigentümer abzugeben“, stellt er klar. Die Bahn solle trotzdem künftig investieren und Schulden tilgen, zumal dem Unternehmen 5,5 Milliarden Euro Ergebnisrücklage zur Verfügung stünden. Luftverkehr soll großen Beitrag leisten Ein großer Beitrag zur Haushaltssanierung kommt von der Luftfahrt. Ab 2011 soll eine „ökologische Luftverkehrsabgabe“ jährlich eine Milliarde Euro in die Staatskasse spülen. Das Eckpunktepapier der Bundesregierung, das die neue Gebühr als „Anreiz“ zu umweltgerechtem Verhalten im internationalen Flugverkehr verkauft, enthält nur wenig konkrete Informationen zur Ausgestaltung der Ticket-Abgabe. „Bis zur Einbeziehung des Luftverkehrs in den bereits vereinbarten CO2-Emissionshandel wird eine nationale ökologische Luftverkehrsabgabe für alle Passagiere erhoben, die von einem inländischen Flughafen abfliegen“, heißt es in dem Papier. Als Bemessungsgrundlage für die Höhe der Luftverkehrsabgabe sind unter anderem Entfernung, Buchungsklasse, Lärmemission und Verbrauch vorstellbar, wie aus informierten Kreisen bekannt wurde. Welche dieser Größen tatsächlich in die Berechnung eingehen, muss im Zuge des weiteren Gesetzgebungsverfahrens noch geklärt werden. Derzeit konzentrieren sich die Planspiele bei der Ausgestaltung offenbar auf Entfernung und Buchungsklasse – für Passagiere der Business-Class würde dann eine höhere Abgabe fällig als für Holzklasse-Flieger. Analyst Frank Skodzik, Luftfahrtexperte bei der Commerzbank, kommt in einer Überschlagrechnung auf eine Gebühr von 8 bis 10 Euro pro Ticket. Von 8 bis 14 Euro geht Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer laut Medienberichten in einem Schreiben an die Koalitionsfraktionen aus. Bei Airlines und Branchenverbänden, die von der Ankündigung völlig überraschend getroffen wurden, hagelte es herbe Kritik. Als „Etikettenschwindel“ bezeichnet das Board of Airline Representatives (Barig) die Maßnahme. Barig-Generalsekretär Martin Gaebges spricht gar von „Wegelagerei“ und „Volksverdummung“, da es der Regierung in Wahrheit nur um das Geld und nicht um die Umwelt gehe. Giovanni Bisignani, Generaldirektor des Luftfahrtverbandes Iata, verurteilt die Abgabe als „schnelle Einnahmequelle für eine klamme Regierung“. Passagiere könnten ausweichen „Es macht keinen Sinn, den Standort Deutschland im Alleingang mit der geplanten Luftverkehrsabgabe einseitig zu belasten. Damit riskiert die Bundesregierung, dass Passagiere ins benachbarte Ausland abwandern und Arbeitsplätze in der Luftverkehrsbranche verloren gehen“, warnt Thomas Hailer, Geschäftsführer des Deutschen Verkehrsforums. Den kurzfristigen Einnahmen, die der Staat durch die Abgabe generieren könne, stehe ein viel größerer volkswirtschaftlicher Schaden gegenüber. Weil hinter den Kulissen über die konkrete Ausgestaltung noch gerungen wird, fürchten manche die Ausweitung der Abgabe auf die Fracht. „Viele Einzelheiten sind noch nicht endgültig festgelegt, eine mögliche Einbeziehung der Fracht wird zumindest von verschiedenen Personen diskutiert“, heißt es in einem Statement der Lufthansa Cargo. Der FDP-Fraktionsvize Döring bestätigt: „In den Gesprächen hat auch die Luftfracht eine Rolle gespielt.“ Doch konkrete Pläne müssten erst ausgearbeitet werden, so Döring. Lufthansa Cargo warnt vor diesem Schritt: „Eine staatlich verordnete Abgabe auf Luftfracht aus Deutschland würde wegen der knappen Margen und der hohen Flexibilität von Frachtströmen zu einer massiven Abwanderung von Kunden der Lufthansa Cargo hin zu europäischen Wettbewerbern führen.“ Die Diskussion über die genaue Ausgestaltung der Luftverkehrsabgabe ist in der Koalition in vollem Gange und die Parlamentarier werden Ideen mit in den Entwurf einbringen. Am 7. Juli will die Regierung den Haushaltsentwurf 2011 vorstellen. Alle Sparmaßnahmen, die einer gesetzlichen Änderung bedürfen, werden zusammen in ein Haushaltsbegleitgesetz eingespeist. Über Gesamthaushalt und Sparmaßnahmen muss auch der Bundestag beraten. Das Parlament hat noch die Möglichkeit, Schwerpunkte zu verändern“, betont Döring. ❙❚■ Sebastian Bollig, Eva Hassa, Dietmar Winkler Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer muss der Branche die zusätzlichen Mautkosten erklären Sparplan Vierspurige BundesstraßenNach Auskunft der Bundesanstalt für Straßenwesen betrifft die geplante Bemautung von vierstreifigen Bundesstraßen keine zehn Prozent des rund 40.200 Kilometer umfassenden Bundesstraßennetzes in Deutschland. Ohne bauliche Trennung zwischen den Fahrtrichtungen zählt Deutschland 611 Kilometer Bundesstraßen, die vier- oder mehrstreifig verlaufen. Bei den autobahnähnlichen Straßen, also zweibahnigen Strecken mit baulichen Trennungen zwischen den Fahrtrichtungen, sind 3190 Kilometer mindestens vierstreifig. Besonders betroffen wären von einer Mautausweitung die Flächenländer Baden-Württemberg, Bayern, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen, heißt es bei der Bundesanstalt für Straßenwesen. sb Sparplan „Es geht nicht um eine Mauterhöhung“ Andreas Scheuer (CSU), Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesverkehrsminister und Koordinator für Güterverkehr und Logistik, hält die Ausweitung der LKW-Maut auf Bundesstraßen für schlüssig. Minister Ramsauer hat im Verkehrsausschuss des Bundestages die Ausweitung der LKW-Maut auf vierspurige Bundesstraßen angekündigt. Warum kommt die Zusatz-Maut? Andreas Scheuer: Der Ausbau zahlreicher Bundesstraßen auf vier Fahrstreifen hat deren Attraktivität gerade auch für den Güterverkehr erheblich gesteigert. In vielen Fällen entwickeln sich vierstreifige Bundesstraßen durch diese Leistungsfähigkeit mehr und mehr zu LKW-Maut-Ausweichstrecken. Im Verkehrsausschuss hat Bundesminister Ramsauer diese Zusammenhänge vorgetragen und parteiübergreifend Zustimmung bekommen. Der Bundesrechnungshof erhebt diese Forderung bereits seit Jahren. Für welchen Termin ist die Ausweitung geplant? Wir werden zunächst alle rechtlichen, technischen und organisatorischen Fragen klären. Erst dann können wir einen konkreten Zeitplan vorlegen. Klar ist, es geht nicht um eine Mauterhöhung, sondern um eine Anpassung an das Autobahnnetz. So wollen wir die Mautausweichverkehre erfassen und mehr Kostengerechtigkeit erzielen. Wie hoch sind die erwarteten Einnahmen für den Bund? Wir erwarten einen dreistelligen Millionenbetrag. Warum wurde diese zusätzliche Maut in der vergangenen Woche in der von Kanzlerin Merkel vorgestellten Sparliste im Gegensatz zur Bahndividende oder zur Luftverkehrsabgabe nicht als neuer Einnahmeposten aufgeführt? Diese Einnahmen werden zusätzlich und direkt dem Verkehrshaushalt zur Sicherung der Zukunft der Verkehrsinvestitionen zufließen. Es handelt sich also nicht um eine Sparmaßnahme, sondern um einen Schritt zur Sicherung und Stärkung der Verkehrsinvestitionen. sb Interview Andreas Scheuer

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