So klappt das Miteinander

Für Knut Sander, Geschäftsführer der Robert Kukla Internationale Spedition, ist eine gute Personalauswahl der Schlüssel zur erfolgreichen Integration von internationalen Arbeitskräften in sein Unternehmen. 100 Mitarbeiter aus 17 Ländern beschäftigt Kukla in seiner Zentrale unweit des Münchner Großmarkts. "Wir suchen für unsere zahlreichen internationalen Auftraggeber feste Ansprechpartner, die auch die Landesprache unserer Kunden beherrschen", begründet Sander seine Personalauswahl. So stammen viele Kukla-Mitarbeiter aus west- und osteuropäischen Ländern, einige haben iranische, marokkanische oder türkische Wurzeln. Die meisten davon haben ihre Berufslaufbahn in der Spedition als Auszubildende begonnen. "Als Folge unserer spezifischen Qualifikationsanforderungen stellen wir kaum externe Bewerber ein und stemmen unser Wachstum lieber mit eigenem Nachwuchs", erklärt Sander. Bei der Auswahl seiner Auszubildenden, derzeit sind es 16, nehmen sich die Personalverantwortlichen viel Zeit und sprechen mit jedem Bewerber, der zum Vorstellungsgespräch eingeladen wird, bis zu zwei Stunden lang. Dabei testen sie nicht nur Sprachkenntnisse, sondern stellen auch viele Fragen zum familiären Umfeld, zu persönlichen Kontakten oder auch Hobbys. Reibungslos zusammenarbeiten "Wir wollen ausloten, ob der Bewerber mit seiner Persönlichkeit gut in unser buntes Team passt und mit seinen Kollegen reibungslos zusammenarbeiten kann", begründet Sander diese Vorgehensweise. Auf keinen Fall duldet er ausländerfeindliche Stimmungsmache im Betrieb und hat dies ausdrücklich auch in der Betriebsvereinbarung festgeschrieben. Einem langjährigen Mitarbeiter, der wiederholt mit antiislamischen Äußerungen aufgefallen war, kündigte er. Wie Kukla haben in den letzten Jahren zahlreiche Speditions- und Logistikunternehmen neue Auslandsmärkte erschlossen und zusätzliche internationale Mitarbeiter engagiert. Andere spüren den wachsenden Fachkräftemangel immer deutlicher und können diesen nur stemmen, wenn sie Fahrer und Lagermitarbeiter mit Migrationshintergrund einstellen. Einzelne Firmen haben solche Lücken inzwischen auch mit Flüchtlingen geschlossen, wenn diese Deutsch sprechen und vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) anerkannt worden sind. Soziale Diskriminierungen vermeiden Vor allem diese Betriebe stehen aktuell vor der Herausforderung, ihre neuen Mitarbeiter möglichst schnell in die Firma zu integrieren. Solche Maßnahmen sind Teil des "Diversity Managements" (interkulturelles Management), das Mitarbeitervielfalt als Chance für das Unternehmen begreift. Die Unternehmensführung muss eine produktive Arbeitsatmosphäre im Betrieb herstellen, Chancengleichheit für alle garantieren und soziale Diskriminierungen vermeiden beziehungsweise mit Sanktionen ahnden. Laut Andreas Merx von der Internationalen Gesellschaft für Diversity Management (IDM) muss eine Firma solche Maßnahmen verbindlich festlegen. "Freiwillige Aktivitäten sind oft von nur wenig von Erfolg geprägt", sagt der Experte. Vielmehr sollte ein Unternehmen Betriebsvereinbarungen formulieren oder zumindest die "Charta der Vielfalt" unterschreiben (siehe Kasten Seite 16). Letztere wurde 2006 von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und großen Firmen ins Leben gerufen. Sie fordert Wertschätzung für alle Mitarbeiter unabhängig von Geschlecht, Herkunft, Religion, Alter, Behinderung und anderen Kriterien und ist bislang von über 2400 Unternehmen, darunter zahlreiche Logistikdienstleistern, unterschrieben worden. Vor allem Unternehmen, die bislang kaum oder keine internationalen Mitarbeiter beschäftigen, betreten Neuland. Wenn sie Bewerber aus Nicht-EU-Ländern einstellen, müssen sie Wartezeiten für Aufenthaltsgenehmigung, Arbeitserlaubnis und andere Papiere einplanen und Lebenslauf und Zeugnisse des Bewerbers gründlich studieren. "Papier ist geduldig", warnt Andrea Möckel, Inhaberin der Personalberatung Möckel & Partner in München. "Der Arbeitgeber muss daher mit dem Bewerber intensive Gespräche führen." Auch erfahrene Personalmanager können die Qualifikation gerade von Flüchtlingen schwer einschätzen. Unternehmen wie BLG Logistics und Noerpel, die derzeit anerkannte oder geduldete Bewerber zur Fachkraft für Lagerlogistik und zum Fachinformatiker ausbilden, lassen sich daher geeignete Kandidaten von regionalen Bildungsträgern vorschlagen. Sie konnten Flüchtlinge im Sprachunterricht und auf anderen Terminen beobachten. Vor allem für schnell erlernbare Tätigkeiten wie im Lager haben sich solche Bewerber den bisherigen Erfahrungen zufolge bewährt. "Wenn sie von einem Team, das offen für internationale Mitarbeiter ist, schnell eingearbeitet werden und zudem die deutsche Sprache einigermaßen gut beherrschen, ist eine schnelle Integration kein Problem", sagt Möckel. Die Personalberaterin hat für einen Luftfrachtdienstleister Flüchtlinge als Mitarbeiter akquiriert. Berührungsängste abbauen Wenn bislang keine Mitarbeiter mit Migrationshintergrund beschäftigt werden, sehen Personalexperten die Unternehmensführung gefordert. Sie sollte die Stammbelegschaft in Gesprächen auf die Situation vorbereiten. "Der Geschäftsführer oder Inhaber muss klarstellen, dass er mit den neuen Mitarbeitern weder die Löhne drücken noch die Arbeitsbedingungen verschlechtern will, sondern Konsequenzen aus dem Fachkräftemangel zieht ", sagt Elfriede Kerschl, Referatsleiterin der IHK München. Ausführlich sollte er erläutern, dass die Firma mit den bisherigen Rekrutierungs-Anstrengungen keinen Erfolg hatte und mit den neuen Mitarbeitern auch die Zukunft des Unternehmens und damit die vorhandenen Arbeitsplätze sichert. Oft müssen auch Berührungsängste abgebaut werden. Mancher Mitarbeiter hat Angst, dass ein flapsiger Spruch als ausländerfeindlich ausgelegt wird und er dann am Pranger steht. Wenn die neuen Mitarbeiter regelmäßig Kontakt mit Kunden haben, sollten auch deren Ansprechpartner informiert werden. Vor allem ausländische Lkw-Fahrer mit mäßigen Deutschkenntnissen haben mit Vorbehalten zu kämpfen. "Mancher Verlader wünscht ausdrücklich deutsche Trucker, weil er seiner Meinung nach nur ihnen die Besonderheiten seiner Ladung erklären kann", erklärt Willi Kellershohn, Inhaber der gleichnamigen Spedition in Lindlar. Der Unternehmer unterzeichnete bereits 2009 die "Charta der Vielfalt". Anschließend müssen die neuen Mitarbeiter in den Betrieb eingeführt werden. "Die Unternehmensführung sollte sich vorher über kulturelle Besonderheiten der Herkunftsländer informieren", empfiehlt Kerschl. In manchen Ländern ist es nicht üblich, dem Vorgesetzten in die Augen zu blicken oder ihm gar zu widersprechen. Solche Inhalte werden auf interkulturellen Seminaren unterrichtet, die immer mehr Bildungsträger anbieten. Außerdem sollte der Chef Paten bestimmen, die die neuen Mitarbeiter während der ersten Wochen und Monate im Betrieb unterstützen. "Für diese Aufgaben eignen sich vor allem ältere Kollegen, die mit Menschen gut umgehen können", sagt Kerschl. Sie können den Vorgesetzten schnell über mögliche Missstimmungen im Betrieb informieren und er kann sofort reagieren. Werden mehrere Bewerber mit Migrationshintergrund eingestellt, sollten diese laut Kerschl möglichst aus dem gleichen Kulturkreis kommen. "Das erleichtert die schnelle Integration erheblich", weiß die Expertin. Die Unternehmen selbst stehen vor der Herausforderung, eine zusätzliche Betreuung auf das unbedingt notwendige Maß zu beschränken. "Eine Sonderregelung darf es nicht geben", sagt Angelo Caragiuli, Leiter Personalentwicklung von BLG. "Die Flüchtlinge sollen sich möglichst schnell an deutsche Arbeitsbedingungen gewöhnen." Über Besonderheiten informieren Allerdings müssen gerade in den ersten Wochen Sprachkenntnisse nachgebessert und Besonderheiten des deutschen Arbeitslebens erklärt werden. Mancher neue Kollege kann sich auch an scheinbare Selbstverständlichkeiten wie pünktliches Erscheinen am Arbeitsplatz nur schwer gewöhnen. "Über solche Themen sollten Unternehmen bereits vor der Einstellung informieren", sagt Caragiuli. Hier fordert die BLG auch die Azubis: Beispielsweise betreuen Nachwuchslogistiker des Unternehmens Bewohner eines örtlichen Flüchtlingsheims. Solche Anstrengungen zahlen sich aus. Den Erfahrungen zufolge agieren gerade Unternehmen mit einem multikulturellen Team international besonders erfolgreich. Das kann auch Sander bestätigen. "Jeder zweite Euro wird im Ausland verdient", sagt er mit Blick auf den Kukla-Umsatz von rund 130 Millionen Euro. "Ohne unsere internationalen Mitarbeiter wäre dieser Erfolg nicht möglich gewesen." Mehr zum Thema finden Sie im Dossier Personalwesen www.verkehrsrundschau.de/dossiers Die Serie Jobs für Flüchtlinge Was Transport- und Speditionsbetriebe tun, um Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt zu bringen- VR8/2016: Sind Flüchtlinge das neue Jobwunder für die Transport-Branche?- VR19/2016 Best Practice in der Ausbildung- VR 45/2016 So klappt die Integration in der Firma- In einer der nächsten Hefte: Finanzielle Hilfen für Betriebe Checkliste So finden Sie qualifizierte internationale Mitarbeiter - Prüfen Sie Ihre vorhandenen Stellenprofile und ergänzen Sie diese wenn nötig ("Migrationshintergrund erwünscht").- Setzen Sie - wenn möglich - muttersprachliche Medien ein. Veröffentlichen Sie übersetzte Stellengesuche auch in den Sozialen Medien.- Nehmen Sie mit örtlichen Schulen Kontakt auf und bieten Sie Praktika ausdrücklich auch für Schüler mit Migrationshintergrund an. Stellen Sie Ihr Unternehmen auf Elternabenden vor.- Kontaktieren Sie Sprachkursanbieter und Helfernetzwerke bei der Suche nach qualifizierten Flüchtlingen.- Informieren Sie bei IHK und Arbeitsagentur über die Anerkennung von ausländischen Berufsabschlüssen sowie Verfahren zur Ermittlung der beruflichen Qualifikation, wenn solche Dokumente nicht vorhanden sind (etwa durch Verlust bei der Flucht).- Investieren Sie in branchenspezifische Sprachtrainings und suchen Sie unter Ihren Mitarbeitern Paten für die ersten Wochen. Informieren Sie vor der Einstellung in jedem Fall die Belegschaft. bot

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